Was hat ein Gerichtsurteil in Kassel mit der unaufgeklärten Nazimordserie zu tun?

Am 23. Dezember wird vor dem Kasseler Amtsgericht ein stadtbekannter Neonazi mit langem Vorstrafenregister für tätliche Angriffe auf Mitglieder der Kasseler Linken im Wahlkampf in der Nordstadt und für das Entbieten des Hitlergrußes zu 600 Euro Geldstrafe verurteilt. Die 2,6 Promille im Blut veranlassten den Staatsanwalt, ein derart niedriges Strafmaß zu fordern. Das skandalöse Urteil und die Mordserie der Neonazi-Bande, auch wenn es sich dort um ein anderes Kaliber von Verbrechen handelt, hat etwas gemeinsam: Es ist die andauernde Blindheit auf dem rechten Auge deutscher Behörden, deutscher Justiz! Hier wird ein stadtbekannter, einschlägig vorbestrafter Nazischläger, über dessen Gesinnung sich niemand einer Illusion hingeben sollte, zu ein paar Euro Strafe verurteilt (die er abstottern oder in einer sozialen Institution ableisten kann), dort wird jahrelang die in der rechten Szene vorhandene Gewaltbereitschaft geflissentlich übersehen. Stattdessen, was für ein Schande, wer den – über Jahre – die Verwandten der Ermordeten mit erfundenen mafiösen oder anderen verbrecherischen Strukturen in Verbindung gebracht, anstatt zu allererst bei jedem Mord an einem Menschen mit migrantischem Hintergrund Rassismus als Ursache anzunehmen. Das allein hätte genügt, zwischen den Morden eine Verbindung herzustellen.

Vermutlich hätte das dann auch schnell zu den Tätern geführt. Aber anscheinend wollte das niemand, und schon gar niemand in den Organisationen, die sich rühmen, die Verfassung zu schützen. Deren Gedankengut geht – zumindest in Teilen – zurück, das ist leider unumstritten, auf genau die nationalsozialistischen Organisationen, auf die sich die jungen Nazis aller Couleur bis heute berufen und beziehen. Statt den Nazisumpf mit knallhartem Durchgreifen trocken zu legen, wird gepennt, weggeschaut und über V-Leute noch Geld in die Szene gepumpt. Und statt vor Gericht hart durchzugreifen und die Paragraphen, die das deutsche Strafrecht ja hat, knallhart anzuwenden, werden verständnisvolle Streicheleinheiten verteilt. Auf die Gerichte können wir uns, das wurde auch am 23.12.2011 beim Amtsgericht in Kassel mehr als deutlich, nicht verlassen. Es bleibt uns nur, den Druck auf der Straße und in allen gesellschaftlichen Bereichen zu erhöhen, um dem NeonaziSpuk möglichst bald ein Ende zu machen.

Es darf nicht zugelassen werden, dass die Nazis den von ihnen angepeilten Platz in der Mitte der Gesellschaft, mitten im alltäglichen Leben, in den Vereinen, in manchen Parteien, in den Burschenschaften, der ländlichen Kirmes, der Feuerwehr etc. – einnehmen können. Dass das nicht einfach sein wird und dass es nicht schnell geht, muss nicht betont werden. Insofern muss sich die Kasseler Initiative, die sich gebildet hat mit dem Ziel, den neuen Nazis keinen Millimeter öffentlichen Raum zu lassen, auf ein längerfristiges Projekt einstellen und mit Sicherheit einen langen Atem haben.

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