Dr. Jürgen Barthel geht – endlich!
Auch wenn zu Dr. Barthels Abschied vermutlich kein buntes Fotoalbum mit knapp 100 Barthel-Bildern herausgegeben wird – wie sich Hilgen zum Hessentag 2013 eins hat machen lassen. Er wird in den kommenden Monaten bis zu seinem Weggang im Mai noch viel gelobt und gefeiert werden. Was hat der Mann nicht alles für Kassel getan, erreicht, vollbracht? Selbst wenn es zum Kasseler SPD Parteichef nicht gereicht hat und es auch mit dem Sessel des Klinikchefs nichts wurde: Er hat, ganz zweifelsfrei, viel gemacht, in vielen Töpfen gerührt und sich in seiner langen Kämmerer-Zeit viele Feinde und sicher auch viele Freunde gemacht. Dasselbe gilt für seine Zeit als Sozialdezernent. Seine Freunde und Fans werden das Wort auf den schon angesprochenen Feierlichkeiten noch zur Genüge schwingen und manche Lobhudelei loswerden. Unsere Aufgabe ist das nicht. Wir haben nie zu seinen Anhängern gehört und daraus keinen Hehl gemacht. Mit den Artikeln, die wir in unserer Zeitung über ihn verfasst haben, könnte er – falls er als Rentner sich noch irgendwo bewerben wollte – keinen Eindruck schinden. Und bei den Menschen in Kassel, denen er widerrechtlich „Kosten der Unterkunft“ gekürzt hat und sich mit den dabei eingesparten Millionen noch gerühmt hat, schon gar nicht.
Wir meinen, dass Dr. Barthel – auch wenn ihn OB Hilgen gleich zu Beginn seiner 1. Amtszeit noch aus dem Magistrat werfen wollte – von Anfang an genau der Richtige für Kassel war. Das gilt von 1991 bis heute, also sowohl für die CDU- und Lewandowski-Zeit als auch die Zeit mit der SPD. In Zeiten von Neoliberalismus, Deregulierung und Sozialabbau – und das war, bei allen Konflikten und Streitereien zwischen SPD, CDU und GRÜNEN, übergeordnetes Ziel – war auf Dr. Barthel immer Verlass. Wenn es eines Beweises bedurfte: Die feste Zusicherung der CDU, Dr. Barthel wann auch immer in ihre christliche Partei aufzunehmen, zeigt: Dieser Mann hat den vereinten Konservativen der Stadt, den schwarzen mit dem unchristlichen Einschlag und den Roten mit dem verlorenen Herz für die kleinen Leute, immer alles recht gemacht! Alles, was Barthel in seinen langen Jahren als Kämmerer und Sozialdezernent falsch gemacht hat, hier in einem kurzen Artikel unter zu kriegen: das bekommen selbst wir nicht hin. Aber ein paar seiner Meister- und Kabinettstückchen möchten wir schon ausgraben: Sie wollen im Zentrum der Stadt schwimmen gehen? Geht leider nicht mehr. Dr. Barthel wollte das nicht. Sein Sparkonzept für die Kasseler Bäder ließ das nicht zu. Geschwommen wird in Kassel jetzt in der Fulda am Auedamm. Mit negativen Folgen für Karls- und Fuldaaue und die Innenstadt gleichermaßen. Sie wollen, dass die vielen Gewerbebrachen im Stadtgebiet Kassel für ansiedlungswillige Unternehmen aufbereitet werden? Geht nicht, weil Kassel jetzt seine letzte ökologisch wertvolle Fläche im Stadtgebiet, für das Gewerbegebiet „Langes Feld“ verbaut. Dass dafür jetzt sogar noch Geld aus dem wichtigen Projekt Umbau Friedrich-Ebert-Straße umgeschichtet worden ist, setzt dem Ganzen nur die Krone auf. Sie wollen, dass die Schulen auch und vor allem dazu beitragen, dass schwächere Kinder besser integriert werden? Geht leider auch nicht überall. In Bettenhausen wird z.B. aus Ignoranz und Sparsamkeit die Eichendorffschule geschlossen, die als preisgekrönte Schule hessen- und europaweit für ihre Integrationsleistungen bekannt war.
Sie wollen, dass bei Neubauprojekten in der Innenstadt, die immer noch geprägt ist von Struktur- und Gestaltungsdefiziten aus der Nachkriegszeit, neue städtebauliche Erkenntnisse einfließen mit guten gestalterischen und funktionalen Ergebnissen? Pech gehabt. Daraus wird leider nichts. Wo ein Kämmerer ungehindert Städtebau betreiben darf (ohne jede Kompetenz dafür zu besitzen), braucht sich niemand wundern, wenn dann zum Beispiel am alten Standort des Stadtbades Mitte ein trister Büroklotz entsteht: ohne Architektenwettbewerb, ohne Nutzungsmischung und ohne Wohnungen, dafür mit vielen neuen Tiefgaragenplätzen. Dr. Barthel verkaufte dieses bedeutsame Grundstück zwischen Lutherplatz und Königsstraße schnell, damit der RP dort zusätzliche Büros bauen lassen kann, die dann ab 16.30 Uhr wieder in tiefer Dunkelheit versinken. So was haben wir ja schon einmal erlebt beim neuen Finanzdienstleistungszentrum an der Fulda. Sie wollen nach Kassel ziehen oder in Kassel wohnen bleiben, in einer attraktiven erschwinglichen Wohnung, in ihrem Lieblingsstadtteil? Es kann gut sein, dass das nichts wird, weil Dr. Barthel ganz klare Prioritäten durchgesetzt hat: Kassel soll attraktiv sein für Betuchte, gut Verdienende und gut Abgesicherte. Für die wird alles getan, dass sie die gewünschte Eigentumswohnung oder ihr Penthouse bekommen oder eben ein Grundstück in bester Lage für ein Einfamilien- oder Reihenhaus. Durch eine absichtliche bzw. in Kauf genommene Verknappung günstiger Wohnungen und die Weigerung, in den öffentlich geförderten Wohnungsbau zu finanzieren, wird es Menschen und Familien mit kleinem Geldbeutel von Barthel und der SPD richtig schwer gemacht. Was uns angeht: wir freuen uns, dass die Ära des Dr. Barthel, der den Konservativen aller Couleur den willigen und ideenreichen Sparkommissar gegeben hat, den Schwachen der Stadt aber einen umso herz- und kompromissloseren Un-Sozialdezernenten und uns allen einen schlechten Städtebauexperten, nun endlich und bald vorbei ist. Er kann nun, was gut ist, keinen weiteren Schaden mehr anrichten. Ob und wie sein Nachfolger tickt und agiert, werden wir bald sehen.
Und dann wäre, ganz zum Schluss, doch noch etwas Positives zu vermelden: Bei der Eröffnung des letztjährigen Dokumentarfilmfestivals verkündete Dr. Barthel, der den Magistrat dort vertreten hat, er werde – weil er bald viel Zeit haben würde – deutlich öfter ins Kino gehen. Da sind wir sehr dafür! Frei nach dem Motto:„Wer schläft, sündigt nicht“ bzw. „Wer ins Kino geht, kann keine kommunalpolitischen Fehler machen!“
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