So ist er halt, der Dr. Reuter: Zack (so schnell kann man gar nicht Luft holen) haut er einen „Aufschlag“ raus, mit dem ich – als geforderter und ausgewählter Duellant – so gar nicht einverstanden bin. Nicht nur mit meiner persönlichen Vorstellung, die ich gar nicht für notwendig hielt! Zum anderen gefällt mir das Wort „Weltverbesserung“ resp. Weltverbesserer überhaupt nicht: von der Sorte gibt es schon genug.
Was die Vokabeln Klimawandel, Nachhaltigkeit und Menschenrechte angeht bin ich der Auffassung, dass man sie nicht meiden sollte, weil andere sie zur Vernebelung und zum Belügen nutzen: Mit dem richtigen Inhalt gefüllt, der richtigen Definition versehen, sind sie durchaus brauchbar. Auch inflationärer Gebrauch bestimmter Begriffe macht diese nicht per se schlecht. Und ob wir jetzt mit der Reuter‘schen „Klimaverwandlung“ den Nagel auf den Kopf getroffen haben, wird sich noch zeigen….
Es gibt noch ein Problem: Dr. Reuter meint, der Dialog sollte in jeweils nur und ausschließlich kurzen Statements erfolgen, weil heute kein Schwein mehr lange Texte lesen will, zumindest im Internet nicht. Ich werde mich für den Anfang erst mal nicht dran halten, dafür will ich aber versuchen, meine Grund- und Ausgangsthese in wenigen Worten zusammenzufassen; ein „wenig“ Text drum rum schiebe ich dann noch nach!
Meine Haupt- und Eingangshypothese: unsere Spezies ist empfindlicher, als viele denken. Wir sägen den Ast, auf dem wir sitzen, schlicht ab! Damit rsikieren wir unsere Selbstabschaffung!

Die im Wesentlichen mit dem Neolithikum einsetzenden kulturellen, industriellen, informationellen Revolutionen, aufgesattelt auf der (biologischen) Evolution, haben uns bei allen stattlichen „Erfolgen“ (was ist das genau, Erfolg?) immer noch eine ausgesprochen empfindliche, sensible Spezies bleiben lassen. Wir können in großen Einheiten (bald 10 Milliarden) nur in bestimmten Breiten, in einem bestimmten Klima, auf bestimmten Böden etc. leben und den Metabolismus mit der Natur bewerkstelligen: zur Nahrungserzeugung, zum Wohnen, für Mobilität… Zum Existieren! All das ist bei der aktuellen Wirtschaftsweise hochgradig gefährdet! Das vieldebattierte Klima ist dabei nur einer von vielen bedeutungsvollen Aspekten, die für unsere weitere Existenz wichtig sind. Genaus so bedeutsam sinddie Themen Wasser, Boden, Luft, Bodenschätze, Energieversorgung, Müll, Meeresverschmutzung…. Ich persönlich bin davon überzeugt, dass die vielen krisenhaften Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte erkennen lassen, dass unsere Spezies ganz offensichtlich nicht – allen erstaunlichen Leistungen auf Teilgebieten zum Trotz – fähig ist, die Wende hin zu einer natur- und sozialverträglichen Wirtschaftsweise einzuleiten. Mit Pessimismus hat das weniger zu tun, denn mit Realismus. Der Mahner gibt es viele – aber noch mehr Gesundbeter sind allerorten am Start. Und ich darf vermuten, dass Dr. Reuter letztlich so einer ist. Einer mit, wie wir bestimmt sehen bzw. lesen werden, guten Argumenten?

Wie lange haben wir noch Zeit für eine Wende hin zu einem dauerhaft bewohnbaren Planeten Erde!

Um der Menschheit ein (relativ) baldiges Ende auf der Erde zu prognostizieren, muss man nicht auf Reinhard Jirgl zurückgreifen. In seinem letzten Roman „Nichts von Euch auf Erden“ plumpst am Ende des 5. Jahrhunderts des 3. Jahrtausends n.C. ein abgesprengter Teil des Mars auf die Erde. Dieser Impact vernichtet – wohl für immer – alles organische Leben auf der Erde. Die Katastrophen am Ende des Kambriums vor rund 500 Mio. Jahren oder vor 65 Mio. Jahren durch den Meteoriteneinschlag vor Mexiko, der die Saurier vom Thron der Arten stieß, waren ein Fliegenschiss gegen diesen Aufprall…. Während es bei derartigen (nicht menschengemachten) galaktischen Zusammenstößen zwischen durchs Weltall irrenden Festkörpern mit unserem Planeten bisher immer noch ein paar Prozent überlebende und durchhaltende Arten gab, denen die Katastrophe neue Chancen und Möglichkeiten eröffnete (wie den noch kleinen Säugetieren nach dem Impact vor 65 Mio. Jahren bis hin zum bis heute andauernden „siegreichen Durchmarsch“ des Homo sapiens), so wird nach der Kollision mit Teilen des Mars in Bezug auf organisches Leben alles und dauerhaft auf Reset gestellt. Soweit Jirgl.

Wer es nicht mit den in SF-Tunke getauchten dunklen Vorahnungen von Herrn Jirgl hält, kann auch gern die mehr als zahlreichen wissenschaftlichen Arbeiten zum Thema Klima, Überbevölkerung, Wüstenbildung und Zunahme verschiedener mehr oder weniger großer Katastrophen aller Art studieren oder sich vom Wachsen der Müllberge, der Meeresverunreinigung und der Fischvernichtung etc. beeindrucken und/oder inspirieren lassen. Allein die Themenbereiche aufzuführen, die beschreiben, wo es für das Überleben des Menschen eng und kritisch werden könnte, würde den Rahmen dieses Intros sprengen. Und wer weder mit Jirgl oder anderen klugen Science Fiction-Autoren noch mit den Wissenschaften zu tun haben will, der kann – so er möchte – aus der Geschichte menschengemachter, zurückliegender Katastrophen lernen und seine Schlussfolgerungen ziehen. Viel Erhellendes kann da entdeckt und studiert werden: Vom Abholzen der Wälder ums Mittelmeer herum durch Griechen, Phönizier, Römer u.a. (mit Folgen bis heute) bis hin zum aktuellen Roden und Verbrennen der Wälder u.a. im Amazonas-Becken aber auch in Kanada und anderswo.

Während individuelles Lernen da und dort durchaus von Erfolg gekrönt sein kann, sind die Versuche der Gattung Homo – trotz umfangeichen Anschauungs- und Lehrmaterials aus dramatischen, selbstverschuldeten Katastrophen aller Art – relevant dazuzulernen, bislang von Scheitern geprägt. So wie „die Menschen“, Völker, Nationen und Parteien nach dem Gemetzel, Vergasen und Vernichten von Abermillionen von Menschen im 2. Weltkrieg nur neue Kriege vom Zaun gebrochen haben, so wird in Bezug auf die natürlichen Grundlagen unseres Lebens hier auf dem Planeten keine Rücksicht genommen. Was den Metabolismus mit der Natur, die Grundlage allen gesellschaftlichen Existierens betrifft, hat unsere Spezies bislang eher wenig dazugelernt. Die Beispiele dafür gibt es leider zu Genüge. Als pars pro toto: Statt aufzuhören, Wälder in großem Stil zu vernichten und abzuholzen (für was auch immer) und sich an die gut dokumentierten Beispiele im Mittelmeer-Raum zu erinnern, wo gigantische Abholzungen für Zwecke der marinen Kriegsführung, also den Schiffsbau und die Herrschaftsausweitung durchgeführt worden sind mit den bekannten Folgen, wird dieses Prinzip heute immer noch in extenso und entgegen aller Kenntnisse um die möglichen Folgen fortgeführt! Dabei werden Pflanzen- und Tierarten ausgelöscht, die wir nicht kennen, geschweige denn ihre Funktion für das Ökosystem. Obwohl inzwischen im Prinzip alle wissen, dass wir uns als Gattung damit selbst den Hahn abdrehen, den Ast absägen, auf dem wir sitzen, geht es mit zunehmender Geschwindigkeit dem Ende entgegen….