Am 11. Juni hat die Bau- und Planungskommission in einer Sondersitzung beschlossen, das Grundstück des ehemaligen Stadtbades Mitte für den Bau eines „schlichten“ Bürokomplexes, wie sich die HNA ausdrückte, zu verscherbeln. Ging also das Sahnestückchen an den meistbietenden Investor tatsächlich für einen Mehrpreis von – wie gemunkelt wird – einer Million Euro über den Rathaustisch? In einem gründlichen Artikel – den man hier noch einmal nachlesen kann – habe ich dargelegt, dass gerade in diesem Bereich der eher schwächelnden, stützungsbedürftigen Innenstadt um die Untere Königsstraße unbedingt ein hohes städtebauliches und architektonisches Niveau gefragt, d.h. dringend nötig gewesen wäre. Nun kommt es anders, d.h. mal wieder so, wie es der Kassenwart und Kämmerer der Stadt Kassel, Herr Dr. Barthel, eben möchte.

Wenn die Profis der für solche Fragen zuständigen Bau- und Planungskommission sich von Dr. Barthel und vermutlich auch von OB Hilgen ins Bockshorn jagen lassen und auf das an dieser Stelle im Stadtgefüge unabdingbar Notwendige – nämlich Qualität, Nutzungsmischung und Spitzenarchitektur – ganz ohne Zeitnot verzichten, sind sie beteiligt und mitverantwortlich dafür, dass falsche Rechnungen aufgemacht werden und Inkompetenz erneut triumphieren kann. Und eben mal wieder Schlichtes, Unprofessionelles zum Zuge kommt.

Bis ins letzte Provinznest hat sich herumgesprochen: Guter Städtebau lohnt sich! Hätten die, die im Moment in der SPD (noch) das Sagen haben und die, die in der Kommission am 11. Juni so „bescheiden“ abgestimmt haben, wenigstens ein gutes Gedächtnis, erinnerten sie sich an den Ausspruch des von der SPD seinerzeit geholten und von der CDU danach wieder verjagten ehemaligen Stadtbaurates Hellweg. Der hat nicht nur hier in Kassel – u.a. mit der neuen Unterneustadt – sondern auch in Berlin und Hamburg, immer wieder unter Beweis gestellt, dass sich gute und richtige Investitionen beim Städtebau lohnen. Außerdem demonstrierte er, dass bei Städtebau und Stadtentwicklung andere, deutlich kompliziertere mathematische Rechen- und Bilanzierungsvorgänge bis in eine fernere Zukunft hinein zu bewältigen sind, also ganz andere Aufgaben denn jene, die man anstellen muss, wenn man die Kasseneinnahmen einer Stadt am Jahresende zusammen addieren will. Dass Dr. Barthel bei Letzterem vielleicht ja seine unbestrittene Klasse hat, streitet kaum jemand ab. Hier jedoch, bei der Bebauung des ehemaligen Grundstücks des Hallenbades Mitte, hat er – nun schon zum wiederholten Male – seinen fatalen, kurzsichtigen Einfluss geltend gemacht und sich durchgesetzt: Zum Nachteil der Innenstadt.

Wer den Bock zum Gärtner bzw. den Kämmerer zum Stadtentwicklungsplaner macht, wird sich am Ende weder über blühende Gärten noch über eine sich finanziell tragende und prosperierende Stadt freuen können…

Über Sieg oder Niederlage in solchen Fragen entscheidet leider – häufig erst viel später – die Nachwelt. Hier jedoch kann man schon heute sagen: ein Pyrrhus-Sieg zu Lasten von Innenstadtqualität. Und der kann teuer zu stehen kommen.