Schlagwortarchiv für: 06. Juli 2015

Solidarität für die streikenden Postler Den streikenden Kolleginnen der Post gilt unsere uneingeschränkte Solidarität. Sie haben den Mut, einen – im Prinzip – politischen Streik zu führen. Nichts anderes ist es, wenn die heute bei der Post Beschäftigten sich dafür einsetzen, dass zukünftige Kolleginnen und Kollegen nicht zu Niedriglöhnen eingestellt werden. Wer seine Post jetzt mal nicht so pünktlich wie sonst bekommt, sollte daran denken, um was es geht. Es geht u.a. darum, dass eine ganz wesentliche Dienstleistung, die wir alle selbstverständlich und tagtäglich in Anspruch nehmen, ordentlich bezahlt wird. So, dass am Ende eines Arbeitslebens auch von der Rente noch gelebt werden kann! Wir fordern alle unsere Leser_innen auf, dem Appell der streikenden Kolleginnen der Post zu folgen, an den Vorstandsvorsitzenden, Frank Appel, heranzutreten. Schreiben Sie ihm unter F.Appel@DeutschePost.de

Auch wir, von der Redaktion der Kasseler Linkszeitung, haben uns schon mit einer kurzen Mail, die wir hier abdrucken, an Herrn Appel gewandt.

Sehr geehrter Herr Appel,
wir, die Redaktion der Kasseler Linkszeitung, solidarisieren uns mit den kämpferischen Kolleginnen der Post. Sie kämpfen nicht nur für sich, also nicht nur für den eigenen höheren Lohn. Nein, sie kämpfen auch für ihre zukünftigen Kolleginnen und für – wenn Sie so wollen – Ihre eigenen Kinder. Sie kämpfen, auch wenn es pathetisch klingt, für eine Zukunft, in der alle bei der Post Arbeitenden in Würde vom gezahlten Lohn leben können. Die Kolleginnen der Post spüren und ahnen, dass es jetzt – nach der Umwandlung der staatlichen Bundespost in eine private AG – nun darum geht, die Privatisierung durch die Auslagerung der Paketdienste zu Billigtöchtern zu Ende zu führen bzw. auf die Spitze zu treiben. Mit extremen Lohnverlusten, bis zu 30% im Verhältnis zum Lohn der heutigen Postler, sollen nun 49 Billiglohntöchter die Paketzusteller bezahlen. Und alle wissen: gelingt es nicht, die Konzernpläne zu durchkreuzen, passiert mit den Briefzustellern bald dasselbe. Der größte Logistikkonzern der Welt und der mit rund 180.000 Beschäftigen größte Betrieb der BRD steht vor einer historischen Auseinandersetzung: Den Anteilseignern und Ihnen, Herr Appel, scheinen die 3 Milliarden Euro Gewinn – das ist eine
Rendite von immerhin 8,3 % – noch nicht zu genügen. Deshalb jetzt dieser großangelegte Versuch, den Lohn bei den Kolleginnen der Post in großem Stil zu drücken. Darauf, Sie aufzufordern, den mehr als berechtigten Forderungen der streikenden Kolleginnen nachzugeben, können wir bestimmt verzichten. Aber auf den Hinweis, dass es eine Sauerei ist – wenn auch normal in Zeiten des deregulierten Kapitalismus – für die Eigner der Post die Dividende in den letzten zwei Jahren um über 20 Prozent steigen zu lassen und gleichzeitig die Postbeschäftigen in einer solchen Weise auszupressen, verzichten wir ganz sicher nicht. Mögen die Streikenden ihre Ziele erreichen! Das wünscht sich die Redaktion dieser Zeitung.

Und wieder lassen es die Stadt und ihre Vorturner an Selbstbewusstsein und Klarheit im Hinblick auf die Zielvorgaben bei einem zentralen städtebaulichen Großprojekt fehlen! Es ist, wie es immer ist: Am Ende triumphiert höchstens die viertbeste aller Lösungen statt das städtebauliche Optimum!

So war‘s beim Finanzamt an der Fulda (wo wir nun statt eines architektonischen Highlights einen hässlichen Klotz stehen haben, der einem holländischen Baukonzern gehört), so war‘s zuletzt bei der Wiederbebauung des Grundstückes vom ehemaligen Stadtbad Mitte (wo nun der RP in einen schlichten Bürokomplex einziehen wird, der am Abend genau so dunkel und ungenutzt rumstehen wird, wie das Finanzamt an der Fulda) und so war es bisher auch bei der Endlos-Geschichte von Salzmann. Nachdem Rossing, der bisherige Eigentümer und Investor, die Stadt jahrelang am
Nasenring durch die Arena geführt hat, jetzt endlich das Handtuch geworfen hat – es blieb ihm nach der Entscheidung der Stadt, das unüberlegte technische Rathaus nun doch nicht zu Salzmann zu verlegen, wohl keine andere Option mehr – gibt es mit einem neuen Investor eine vielleicht letzte Chance, das wichtige Industriedenkmal Salzmann zu erhalten: zumindest die beiden Hauptflügel. Alles andere ist ja ohnehin schon abgerissen. Der neue Investor aus Süddeutschland hat Rossing Salzmann abgekauft.

Rechtskräftig wird der Kaufvertrag allerdings erst dann, wenn die Stadt für den neuen Investor gesichertes Baurecht, also einen auf die Interessen des Investors zugeschnittenen Bebauungsplan beschlossen hat. Er hat sich in ganz Deutschland einen Namen dadurch gemacht, dass er aufgelassene Industrie-, Militär- und Gewerbegebäude mit hohem Aufwand in besonders werthaltigen Wohnungsbau verwandelt hat. Der Geschäftsführer der BHB Bauwert Holding aus Baden – Baden, Herr Birk, hat im Frühjahr 2015 alle Fraktionen des Rathauses besucht: auch die Fraktion der Kasseler Linken. Seinem Vortrag war klar zu entnehmen, dass er für Salzmann eindeutige und klare Vorstellungen hat. Im Jargon der Immobilien- und Bauprofis liest sich das so: „Hierfür setzen wir in jedem Bereich qualifizierte Fachleute ein, die in enger Kooperation mit unseren Kunden individuelle Wohnkonzepte für gehobene Ansprüche entwickeln“. Was uns sofort aufgefallen ist: Nachdem jetzt die Rossing’schen Blütenträume – zuerst mit großflächigem Einzelhandel, dann mit einer Multifunktionshalle und zum Schluss mit einem technischen Rathaus viel Geld zu verdienen – alle zerplatzt sind, wird die Rettung von Salzmann über ausschließlich teuren Wohnungsbau finanziert. Uns stört dabei nicht so sehr, dass es in diesem Bereich von Bettenhausen auch gehobenen Wohnungsbau, den für Leute mit gut gefülltem Geldbeutel geben soll, sondern dass der Wohnungsbau für die weniger Betuchten, die ganz normalen Stadtbewohner, gänzlich fehlt. Wenige hundert Meter Luftlinie von Salzmann entfernt liegt die neue Unterneustadt. Dort durfte die Stadt mehrfach Preise u.a. dafür entgegennehmen, dass es gelang, eine optimale Mischung der Nutzungen und außerdem einen guten Mix aus Eigentums- und gefördertem Wohnungsbau zu kombinieren. Salopp formuliert hieß das „Drittelmix“: ein Drittel Eigentumswohnungen, ein Drittel öffentlich geförderter Wohnungsbau und ein Drittel Gewerbe….

Alle relevanten Gruppen der Stadtgesellschaft, alle Fachleute und auch die Ämter der Stadt waren unisono der Auffassung, dass man es im Prinzip genauso machen muss. Und jetzt, nur wenige Jahre später, ermöglicht die Stadt, dass in einem Areal von Bettenhausen – stark gewerblich geprägt und eher nicht vom Kasseler Geldadel bewohnt – knapp 500 ausschließlich hochpreisige Wohnungen gebaut werden, die dann von anderen Investoren gekauft und entweder teuer weiter verkauft oder eben teuer vermietet werden. Wenn man von Quadratmeterkosten von über 3000 Euro ausgeht, kann man leicht errechnen, was da am Ende für Mietpreise dabei herauskommen werden. Auf der hier mit abgedruckten Konzept-Übersicht lässt sich ablesen, dass das Salzmann-Areal (37.000 qm Grundstücksfläche) nun mit rund 500 teuren Eigentumswohnungen vollgeknallt wird: alles was auf dem Plan schwarz und grau angelegt ist. Und mit so einer Wohnstruktur liegt das zukünftige neue Salzmann Areal als Spielwiese für Investoren und Wohlhabende mitten in einem stark gewerblich geprägten Bettenhäuser Mischgebiet. Ob das die richtige Performance ist – bei aller Anerkennung dafür, dass Salzmann als bedeutendes Industriedenkmal nun vielleicht doch noch gerettet wird – für die Aufwertung von Bettenhausen ist, darf bezweifelt werden. Und wie viel am Ende von dem ganzen teuren Zauber leer steht, wird sich zeigen. Die 4000 qm für Kultur und Gewerbe parallel zur Sandershäuserstraße sind kein Geschenk an die Stadtgesellschaft und die ehemaligen Kulturschaffenden der Salzmann-Factory, sondern eindeutig und allein dem Lärm geschuldet. Dort können wegen des Straßenlärms baurechtlich keine Wohnungen gebaut werden. Und wie diese 4000 qm am Ende bespielt werden und wer damit beglückt werden wird – auch das ist noch offen. Unsere Kritik hat zwei Elemente: Das eine betrifft die Rolle der Stadt im Allgemeinen. Statt eindeutige Ziele vorzugeben, mutig die Hosen anzuziehen und mit präzisem Baurecht die Richtung zu weisen, setzt die Stadt allein und pur auf das Know How und den Erfahrungsschatz eines Wohnungsbauunternehmens, das nahezu ausschließlich aus denkmalgeschützten Gebäuden teure Wohnungen für eine bestimmte Klientel macht. Ob das reicht für diesen spezifischen Standort in Kassel hat Hilgen und Nolda leider weniger interessiert, als pünktlich zur Kommunalwahl ein großes stadtpolitisches Thema vom Tisch zu schaffen. Das andere Element unserer Kritik ist fachlicher, inhaltlicher Natur. Nach unserer Auffassung passen in das Gebiet des Kasseler Ostens, in dem das Salzmann – Gebäude liegt, keine 500 teure Oberschichtwohnungen. Vielmehr kommt es einem Offenbarungseid städtebaulicher und sozialpolitscher Art gleich, gänzlich darauf zu verzichten, einen gewichtigen Anteil geförderten Wohnungsbaus an diesem Standort zu realisieren.

Auch wenn Dr. Barthel nicht mehr Sparkommissar in Kassel ist: Sein langer Schatten liegt auch auf diesem Projekt. Denn seine Devise, dass in Kassel unter keinen Umständen Politik für die Bedürftigen und ökonomisch nicht ganz so Starken gemacht werden darf, findet beim jetzigen Salzmann-Projekt reloaded seine Fortsetzung, und zwar in Reinkultur. Die beim Land Hessen durchaus vorhandenen Wohnungsbaufördermittel werden nicht in Anspruch genommen, weil die Stadt gar nicht auf die Idee kam, dem herbeigesehnten Investor entsprechende Ziele und einen exakten wohnungspolitischen Rahmen vorzugeben. Da wir alle wissen, dass Alternativlosigkeit immer eine Lüge ist, wäre auch bei diesem Projekt und in der Kooperation mit diesem Investor mehr drin gewesen.

Deshalb bleiben wir dabei: ohne mindestens 30 Prozent öffentlich geförderten Wohnungsbau, ohne dafür zu sorgen, dass auch jenseits der Betuchten „normale“ Kasseler BürgerInnen in Zukunft bei Salzmann wohnen können, ist für uns alles, was da zu glänzen scheint, nicht gut genug.

Während die SPD noch mit sich kämpft, wie weit sie die Ehrungen für die durchaus nicht unbescholtenen ExOB’s mit SPD-Parteibuch rückgängig machen will, hat die Fraktion Kasseler Linke schon gehandelt. Bereits Mitte Juni 2015 hat sie einen ersten Versuch unternommen, alle in der Stadtverordnetenversammlung vertretenen Parteien in dieser Angelegenheit hinter einen Beschluss zu bringen, der über die bloße Aberkennung von Ehrungen deutlich hinausgeht. So sollen die Namen der drei Mitläufer und Mitmacher nicht einfach nur gestrichen, sondern durch Namen von ausgewiesenen Antifaschisten ersetzt werden. Außerdem soll weiter erforscht werden, welche Straßen, Plätze und städtische Einrichtungen Namen tragen, die mit Personen in Verbindung stehen, deren Schuld ab der Kolonialzeit eindeutig erwiesen ist.

Wenn’s beim Flughafen schon nicht so klappt, wie es die hohen Herren aus Wirtschaft und Politik gern hätten, dann soll wenigstens das neue Gewerbegebiet eine Erfolgsgeschichte werden. Es hat immerhin eine Größe von fast 65 ha, fast 100 Fußballfelder. Wie man es kürzlich der HNA entnehmen konnte, bürgt bei dem geplanten Gewerbegebiet beim alten Flughafen das Land Hessen für die Gemeinde Calden, die u.a. aufgrund des zu tragenden Defizits beim miserablen Flughafengeschäft ohnehin mit dem Rücken zur Wand steht. Von den insgesamt geschätzten 30 Millionen für die aufwändige Erschließung des Geländes mit Straßen, Leitungen und Rohren für die Ver- und Entsorgung übernimmt bei diesem interkommunalen Gewerbegebiet (beteiligt sind die Stadt Kasel, der Landkreis und die Gemeinde Calden) das Land 50% dieser Kosten für Calden, runde 15 Mio Euro. Die andere Hälfte tragen Stadt und Landkreis je zur Hälfte und werden dabei auch vom Land um jeweils die Hälfte entlastet. 2013 hatten wir über die Verbandsversammlung des Zweckverband Raum Kassel (ZRK) versucht, diesen Irrsinn zu stoppen und angeregt, wenn man sich schon nicht zu einer großflächigen Renaturierung durchringen kann, gutachterlich abklären zu lassen, ob es denn überhaupt Gewerbeflächenbedarf in dieser Dimension im Raum Kassel gibt. Die in diesem Zusammenhang dort gestellten Fragen, sind bis heute nicht beantwortet. Die Beschwerde bei der Kommunalaufsicht des RP blieb folgenlos. Motto: eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus!

Wir stellen fest, dass erneut – ohne jede Bedarfsanalyse – Millionen in ein weiteres Gewerbegebiet investiert werden sollen. Das Risiko ist groß, dass das Ganze am Ende schiefgeht bzw. in ein neues millionenschweres Defizit mündet. Das liegt nicht an unserer kritischen Sichtweise, sondern an den Fakten. Dass wir mit unserer Sicht der Dinge vermutlich richtig liegen, zeigen eindeutige Äußerungen von am Prozess Beteiligten. Ganz offen redet z.B. Caldens Bürgermeister Mackewitz gegenüber der HNA (15.06.2015) darüber, dass man sich durchaus vorstellen könne, durch „politische Preise“ (auf Deutsch: Dumpingpreise) anderen Umlandgemeinden potentielle Kaufinteressenten abspenstig zu machen. Man kann’s auch anders formulieren: Um Caldens Finanznöte zu lindern und den kleinen Partner beim ohnehin im Sinkflug begriffenen Flughafen nicht zu verlieren (denn dann würde das instabile Finanzgebilde „Kassel Airport“ erst richtig ins Wanken geraten), steckt man neue Millionenbeträge in eine unsichere gewerbliche Zukunft. Dabei schädigt man regelrecht Nachbargemeinden, weil die gegen vom Land gestützte Dumpingpreise nicht anstinken können. Ob das alles Sinn macht?