Schlagwortarchiv für: 16. Januar 2018

Was sich die Stadt Kassel Mitte der 70iger Jahre ausgedacht hatte und über den „Hebel“ Bundesgartenschau nach einem spannenden Wettbewerb 1977 am Ende auch politisch durchgesetzt und realisiert hat, konnte sich sehen lassen: Über die eigentliche Gartenschau hinaus wollte die Stadt ein großes Freizeitgelände schaffen, das zum einen den historischen Park (die Karlsaue), westlich der Fulda gelegen, angrenzend an südliche und westliche Stadtteile, wirksam ergänzt und zum anderen östlich der Fulda liegende Stadtteile aufwertet. Der nördliche Teil der Fuldaaue sollte außerdem Naturschutzgebiet werden und mit seiner freigehaltenen großen, flachen Insel als wichtiger Trittstein für Zugvögel dienen.

Auch wenn nicht alle Ziele bei der 1981iger Bundesgartenschau aus Sicht der Stadt erreicht worden sind: Das Hauptziel jedoch, die Verknüpfung der Südtangente mit dem Bau der Fuldaaue – der Kies für die verkehrspolitisch wichtige und die Stadt entlastenden Südtangente war die Grundlage resp. der Unterbau für diese Tangente einerseits und ebenso Voraussetzung für die zwischen 1978 und 1981 entstehende Seenlandschaft andererseits – wird tatsächlich frist- und plankonform erreicht. Die Stadt kann mit ihrer eigens eingerichteten Bundesgartenschau 1981 GmbH die Gesamtmaßnahme nicht nur mit schwarzen Zahlen abschließen, sondern – erstmalig für eine Bundesgartenschau – mit Ihrem Anteil an der Gesamtfinanzierung der Gartenschau just den Teil finanzieren, der ihr nach der Gartenschau als Dauereinrichtung erhalten bleibt!

Für die Jahrzehnte danach lässt sich nicht nur feststellen, dass der damalige Oberbürgermeister, Hans Eichel, ein „gutes Händchen“ mit dem Bau der Fuldaaue hatte. So war nicht nur die Auslobung des Wettbewerbs eine gelungene Kombination ökologischer und sozialer Vorgaben, sondern auch die Realisierung und Umsetzung der Planung eine Punktlandung in Bezug auf die gestellten Ziele. Was die Ornithologen in Bezug auf die Zahlen und Arten von Zugvögeln, die auf der Insel im Nordteil des Seengebiets Rast machen (es handelt sich um eine Insel, die nur wenige hundert Meter Luftlinie vom Zentrum Kassels entfernt liegt) immer wieder ins Schwärmen bringt, trifft in Bezug auf die gelungenen Zielsetzungen und die damit einhergehende Aufwertung der östlichen Stadtteile sozialpolitisch ebenso zu.

Die Fuldaaue: Auch in winterlichen Zeiten eine Idylle! Auch wenn die BUGA-Bilanz auf den ersten Blick kommunalpolitisch positiv ausfallen mag, so haben sich im Lauf der Jahre dann doch auch Probleme eingestellt. Die hängen in allererster Linie damit zusammen, dass sich eine nennenswerte Eutrophierung eingestellt hat, die in erster Linie für die 4 südlichen Teilbereiche der Seenplatte, die für Baden, Surfen und andere Freizeitaktivitäten im und am Wasser vorgesehen sind, negativ betrifft insofern, als in einigen Jahren im Spätsommer das Baden eingeschränkt oder verboten werden musste. Das Algenwachstum machte Letzteres nahezu unmöglich.

Die noch in der Planungsphase für die Fuldaaue mit seiner ca. 40 ha großen Seenplatte erstellten Gutachten von Friedrich Duhme und Peter Jürging, TU München-Weihenstephan, 1977 und 1979, „Landschaftsökologische Rahmenstellungnahme“ und „Renaturierungskonzept zur Auskiesung der Domänenwiesen in Kassel“ im Rahmen der Bundesgartenschau 1981 in Kassel und die Auswertung der zu diesem Zeitpunkt verfügbaren Daten

• über die Qualität des Grundwasserzustroms aus südöstlicher Richtung,
• über die Beschaffenheit des Wassers an den verschiedenen anderen Grundwassermessstellen und
• über die angenommenen Mengen des von der Fulda in die (abgeschotteten) Seen eindringenden stark belasteten Flusswassers

lassen die Gutachter zu dem Schluss kommen, dass zukünftige Eutrophierungsprobleme nicht ausgeschlossen werden könnten. Zu komplex ist die Gemengelage und nicht gerade üppig die damals vorhandene Datenlage. Zu den nicht unkritischen Mengen an eindringendem Fuldawasser bzw. vorhandenem belasteten Schlamm aus und in den Altseen kommen weitere Faktoren hinzu, die alle (und ihrer Zusammenwirkung erst recht) nicht leicht auf die zukünftige Wasserqualität zu prognostizieren waren: Erwähnenswert sind u.a. die Auswirkungen der sommerlichen Freizeit- und Badeaktivtäten tausender Badegäste, die Auswirkungen von Flora und Fauna am und im Wasser, die Aktivitäten der Sportfischerei etc.

Das sog. Auslaufbauwerk – offensichtlich auch nach Jahrzehnten noch voll intakt. Von hier aus wird das gewünschte Wasser aus dem Doppelmönch in die Fulda geführt…

Über eine fundierte Zustandsbeschreibung kann das Gutachten jedoch bei allem Tiefgang und aller Qualität nicht hinauskommen, weil Schlussfolgerungen für Sanierungsmöglichkeiten nicht Auftragsgegenstand waren. Die knappen Hinweise bei der Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse zu solchen Sanierungsmöglichkeiten sind alle mehr oder weniger richtig und nachvollziehbar, jedoch aufgrund teils hoher Kosten und/oder weil grundsätzlicher Natur (Luftverschmutzung / Grundwasserbelastung / Fuldaverschmutzung…) kurz- und mittelfristig nicht zu verwirklichen.
Die Fuldaaue in dem Bereich, der im Sommer den Wassersportlern und Badegästen zur Verfügung steht: Sofern es gerade keine Algenplage gibt…


Vor diesem Hintergrund und den oft reißerischen und den komplexen limnologischen Zusammenhängen nicht gerecht werdenden Berichterstattungen in der hiesigen kommunalen Presse hat sich innerhalb des BUND eine kleine Task Force resp. Arbeitsgruppe mit dem Thema der Algenblüten etwas intensiver befasst. Zusätzlich sind auch Experten der damaligen Bundesgartenschau GmbH und des planenden Büros (Büro Miller, Stuttgart) einbezogen worden.

Das Ergebnis der Arbeit dieser Gruppe lässt kurz so zusammenfassen: Die vom zuständigen Umwelt- und Gartenamt der Stadt Kassel durchgeführten Maßnahmen wie Gehölzfreischnitte zur besseren Belüftung der Seen bzw. zur Verringerung des herbstlichen Laubfalls, die Algenmähaktionen und der Abtransport des so gewonnen Schnittguts werden im Grundsatz begrüßt. Diese Eingriffe sind allerdings nicht ausreichend, weil sie das Problem der Algenblüten nicht ursächlich, vielmehr nur symptomatisch, eher kosmetisch behandeln. Was nach Auffassung der BUND-Gruppe vielmehr stattfinden müsste, und hier gibt es eindeutige Parallelen zu den „Limnologischen Untersuchungen am BUGASEE“ von 2009, ist in allererster Linie die Verhinderung eines weiteren belastenden Grundwasserzustroms. Auch über die Verringerung der Einträge von Uferfiltrat aus der Fulda muss nachgedacht werden. Die Chancen hierbei wirksam einzugreifen, sind allerdings gering, fast null. Dazu kämen noch die bislang nicht genutzten Steuerungsmöglichkeiten über die Wiederherstellung und Nutzung des sogenannten Doppelmönchs im Nordteil der Seenplatte, also im Naturschutzgebiet, den die Bundesgartenschau GmbH seinerzeit bauen ließ. Dieser Doppelmönch wurde jedoch danach nicht mehr genutzt. Er kann aus unterschiedlichen Wasserhorizonten Wasser aus dem See in die Fulda abfließen lassen. Außerdem gibt es noch einen nicht ausreichend gesicherten Altarm, über und durch den im Hochwasserfall relevante Mengen an Fuldawasser in den See eindringen können. Die Arbeitsgruppe empfiehlt hier eine massive und sichere Absperrung, weil eine automatische, über den Wasserpegel gesteuerte Lösung, einfach zu teuer sein dürfte. Ein Vorschlag, den im Übrigen auch die Limnologen in ihrem Gutachten machen.

Die eigentliche Anregung der BUND-Aktivsten für die Zuständigen im Umwelt- und Gartenamt läuft jedoch auf ein umfassenden Grundsatz- oder Ursachenerkundungsgutachten hinaus, das – über die vorhandenen, aktuellen Gutachten und Daten hinaus und diese ergänzend – verbindlich abklärt, was die wesentliche Ursache für die häufig auftretenden Blaualgenblüten ist. Es spricht einiges dafür, dass die zeitlich zurückliegende, aber auch die aktuelle Landwirtschaft im Zustromgebiet dieser relevante Faktor ist, neben und zusammen mit dem Fuldaufer-Filtrat. Ähnlich wie viele Wasserwerke in der Bundesrepublik in direkten Verhandlungen mit Landwirten versuchen, belastende Einträge in das aufzubereitende Trinkwasser zu verringern, könnte das auch ein erfolgversprechender Weg sein, die Algenblüte im Buga – See besser in den Griff zu bekommen, sofern sich die Hypothese der BUND-Aktivisten gutachterlich bestätigen sollte. Dieser Weg muss dann aber auch tatkräftig eingeschlagen werden, denn mit den „gärtnerischen“ Maßnahmen allein wird man letztlich dem Problem nicht Herr werden.