Schlagwortarchiv für: 2. August 2014

An unterschiedlichen Stellen habe ich mich kritisch damit auseinandergesetzt, dass der Oberbürgermeister der Stadt Kassel, Herr Hilgen, immer wieder glaubte, sich mit städtebaulicher Entwicklung und architektonischen Großprojekten beschäftigten zu müssen. Aus heutigem Blickwinkel betrachtet wäre es besser gewesen, er hätte das gelassen. Denn die Ergebnisse sind alle negativ. Alles was er angepackt hat, ist schlicht gescheitert, gegen die Wand gefahren worden. Das hat mit links und rechts, mit Parteipolitik oder so nichts zu tun. Gar nichts. Es sind einfach die Fakten. Multihalle auf den Giesewiesen: Fehlanzeige. Dieselbe Halle bei Salzmann: Fehlanzeige. Technisches Rathaus bei Salzmann: Fehlanzeige. 3 Versuche, 3 Misserfolge! Verantwortlich: Chefentwickler und OB Hilgen….

Das Industriedenkmal der Stadt Kassel - Salzmann!

Das Industriedenkmal der Stadt Kassel – Salzmann!

 

Die Ursachen dieses Scheiterns sind – zugegeben – komplex. Aber wenn man lauthals solche komplizierten und schwierigen Projekte zur Chefsache erklärt, den eigentlich zuständigen Baudezernenten (das war damals Herr Witte) in die Besenkammer sperrt und zum Statisten degradiert (ob dem das damals wohl gefallen hat??), dann darf man sich nicht wundern, wenn solche Projekte in die Hose gehen. Es wäre besser gewesen, wenn der OB von solchen Dingen Ahnung gehabt oder gleich seine fähigen Experten aus der Verwaltung ran gelassen hätte. „Hätte, hätte, Fahrrad-Kätte!“, so ulkte des OB’s Parteikollege Steinbrück schon bei der letzten Bundestagswahl! Aber der OB hat halt niemanden anders ranlassen wollen, sondern wollte selbst an den großen Legokasten: unbedingt! Und nun haben wir den Salat. Keine Multihalle, nirgends und auch kein technisches Rathaus bei Salzmann. Ob das alles – aber das nur nebenbei – am Ende gute Lösungen geworden wären, ist noch eine ganz andere Frage, aber auch Kaffeesatzleserei, weshalb das hier nicht weiter verfolgt werden soll…

Wer viel Zeit hat, kann und darf sich die Mühe oder vielleicht sogar das Vergnügen machen, im „Polit-Organ“ der Kasseler Linken oder hier in der Kassel-Zeitung nachzulesen, was ich mir schon alles zu diesem Thema abgerungen habe…

Dabei wird der aufmerksamen Leser*in auffallen, dass ich vor einigen Wochen noch voller Hoffnung war, dass nach den oben erwähnten Pleiten nun nicht nur der Planungsprozess um die Aufwertung des Kasseler Ostens von Herrn Nolda, dem grünen Baudezernenten und Nachfolger von Herrn Witte, verantwortet wird, sondern natürlich auch die Fortführung des Salzmann-Erhaltungsprojekts. Gerade nach dem peinlichen Scheitern des Rathaus-Projektes und dem Verkauf des Industriedenkmals durch Rossing an einen Investor für Wohnungsbau schien es so, als ließe der OB nun die Finger von solchen Aufgaben. In meiner Kasseler Osten-Trilogie habe ich das eingangs so formuliert:

Auch der Vorrang für das Wirken von Fachleuten ….. scheint von der politischen Führung der Stadt nicht mehr angefochten zu werden. Insofern ist es nur folgerichtig, dass der grüne Bau-und Planungsdezernent, Herr Nolda, die Steuerung des Prozesses jetzt zu seiner Sache gemacht hat.

Aber das scheint nun doch wieder nichts zu werden. Während die wenigen Dialogveranstaltungen zum Kasseler Osten tatsächlich von Herrn Nolda in Szene gesetzt wurden (mit kritischen Bemerkungen von der einen oder anderen Seite), hört man in den Wandelhallen des Rathauses, dass OB Hilgen nun doch wieder das weitere Procedere um das Baudenkmal Salzmann selbst in die Hand nehmen will und wird? Vermutlich hängt es mit den kommenden Wahlen 2016 zusammen, denn die werfen schon jetzt ihre Schatten voraus. Der OB braucht unbedingt vorzeigbare Erfolge. Denn wer will schon im Frühjahr 2016 den Slogan plakatieren: Wählt mich, den alten und den neuen OB! Wer mich wählt, wählt das sichere Scheitern! Nein, das will keiner, das verstehe sogar ich. Was ich aber nicht verstehe ist, dass sich die Grünen als Partei und Koalitionspartner und Herr Nolda als zuständiger Baudezernent im Kasseler Magistrat vom OB so einfach die Butter vom Brot nehmen lassen?

Deshalb wiederhole ich: Das Salzmann – Projekt gehört, gerade nach der Vorgeschichte mit dem peinlichen Dilettantismus des Kasseler OB’s – in sensible Profihände. Und statt purem Wohnungsbau, was an dieser Stelle von Bettenhausen alles andere als sinnvoll ist, gehört ein kreatives Konzept entwickelt für den langfristigen Erhalt des Denkmals, für Nutzungsmischung mit Wohnen, Gewerbe und Dienstleistungen und für die Integration von Gewerbe, Kunst und Kultur! Und das alles zusammen mit der Initiative „Rettet Salzmann“!

Bau- und planungsrechtlich ist reines Wohnen auf diesem Areal im Übrigen gar nicht möglich. Und so ist zu hoffen, dass die Stadt dem oben erwähnten Wohnungsbau-Investor kein Baurecht einräumt. Die Stadt sollte auf keinen Fall einen Bebauungsplan beschließen, der monostrukturierten Wohnungsbau zulässt. Vielmehr sollte sich die Stadt auf die Suche nach einem kompetenten, mit entsprechenden Erfahrungen ausgestatten Investor machen, der weiß, wie man mit einem solchen Industriedenkmal in einer solchen Lage umgeht. Ein solcher Investor sollte entsprechende Erfolge vorzuweisen haben. Solche kompetenten und erfahrenen Investoren gibt es! Wen’s interessiert, der kann das z.B unter spinnerei.de selbst nachlesen.

Wenn Kompetenz, Phantasie, Engagement und Durchhaltevermögen zusammenkommen, wenn sich in Politik und Verwaltung diejenigen durchsetzen, die von der Sache Ahnung haben, dann, ja dann könnte das Industriedenkmal Salzmann wieder eine Zukunft haben, eine rosige sogar. Salzmann könnte zu einer richtigen städtebaulichen Perle werden. Genau das hat die Stadt Leipzig mit der alten Spinnerei und einem engagierten und kompetenten Investorenteam vorgemacht. Warum sollte das in Kassel nicht möglich sein?

Auf Einladung von Herrn Schleising, Vorsitzender des Ortsbeirates Unterneustadt, bin ich am 17. Juli zur Sitzung eben dieses Ortsbeirats getigert…. Grund, Hintergrund: die unsägliche Genehmigung für mehrere Dalben bzw. Bootsanleger für zwei große, zweistöckige Hausboote vor dem Unterneustädter Park und verschiedentliche Veröffentlichungen in der HNA und in der Kassel-Zeitung. Ein heißer Abend im idyllischen Kleingartenverein Schwanenwiese – in jeder Hinsicht. Freunde meinten: warum rennst du da hin? Deine aktive Unterneustadtzeit ist doch vorbei und ob da nun ein Boot vor dem Park liegt, auch wenn es vielleicht nicht der ideale Standort dafür ist, was soll’s? Boote gehören doch auf die Fulda und du wolltest doch selbst auch immer den einen oder anderen Investor überzeugen, an der Fulda in diese interessante Bauform zu investieren? Das Problem ist doch eigentlich gar keins. Es gibt Wichtigeres.

Ob und was an dem Thema wichtig ist, muss jeder selbst entscheiden. Für mich jedenfalls ist es von erheblicher Bedeutung, wenn in einer Stadt, die mit städtebaulichen Volltreffern aufgrund ihrer spezifischen Wiederaufbaugeschichte und den vielen Fehlern, die „sie“ sich leider immer wieder leistet (Salzmann, Stadtbad Mitte, Finanzamt etcpp.), eher nicht gesegnet ist, solche Missgeschicke passieren. Denn – um es überdeutlich und glasklar – zu sagen: Das Missgeschick, um das es hier geht, ist alles andere denn eine Kleinigkeit. Vor der Kulisse dessen, was in Form des Rondells vom Schloss übriggeblieben ist und der imposanten, historischen Flussmauer, möchte sich ein Unternehmer, den die HNA als „vielseitig“ bezeichnet, mit seinen Ideen austoben! Das ist ein Unding, das geht gar nicht. Dafür gibt es an der Fulda geeignetere Stellen. Ich kenne viele davon gut. Aber hier, unmittelbar vor dem öffentlichen Park, vis-à-vis des Rondells, ist bestimmt nicht der richtige Ort für derartige Experimente.

Damit ich mich nicht unnötig wiederhole: Die Frage, wo der geeignete Ort ist für Hausboote auf der Fulda, muss von den planenden Instanzen der Stadt entschieden werden, von niemandem sonst. Auf Deutsch: vom und im Planungsamt, nomen est omen! Was letztlich in der Kooperation zwischen dem Wasser- und Schifffahrtsamt in Hann. Münden und verschiedenen Rathausämtern im Detail alles schief gegangen ist, sollen die dafür Zuständigen aufklären, nachträglich beheben (wenn möglich) und für die Zukunft aus dem Debakel lernen. Möglicherweise müssen sich noch ein paar Juristen damit rumschlagen. Das alles ist eher keine journalistische Aufgabe. Planerisch ist jetzt erst mal das Planungsamt resp. die Bauaufsicht am Zug!

Schwierig für den noch ganz „frischen“ Amtsleiter und die zuständige Kollegin des Planungsamtes war der Auftritt im Ortsbeirat an diesem Abend allemal. Die Unterneustädter*innen waren über viele Jahre einen anderen Umgang mit Rathaus und Projektentwicklungsgesellschaft Unterneustadt (PEG) gewöhnt. Und nun will „man“ ihnen kommentarlos und aufgrund einer ganzen Serie von behördlichen Fehlhandlungen zwei recht voluminöse schwimmende Kisten vor die Nase setzen. Erfahren haben sie es, wie der Rest der Kasseler Stadtbürger auch, als die Bagger des Unternehmers Grone ihren Weg durch den kleinen (aber feinen) Park in der Unterneustadt pflügten. Wir hoffen, dass bei der Recherche, wie das Debakel hat passieren können, Erkenntnisse erwachsen, die es erlauben, die erteilten Genehmigungen doch noch zurück zu nehmen. Mit Geld lassen sich ja vielleicht auch solche Wunden heilen, weil man Herrn Grone ja nur einen alternativen Standort zuweisen muss. Und Platz dafür gibt es an Fulda zur Genüge! Das alles, incl. aller Unzulänglichkeiten auf Seiten der städtischen Ämter (Untere Wasserbehörde, Gartenamt etc.), erklären zu müssen, ist keine schöne Aufgabe gewesen. Denn Herr Mohr, der neue Amtsleiter, war zu dem Zeitpunkt, als das Kind hier in Kassel in den Genehmigungs-Brunnen gefallen ist, noch gar nicht im Amt.

Zum Auftritt von Herrn Grone, der sich an diesem Abend in die „Höhle des Löwen“ wagte, ist folgendes zu sagen: Ein so gewandter, auf vielen Parketts beheimateter Herr muss doch wissen, wo in einem Rathaus nicht nur der Eingang ist, sondern auch, wo man die Ansprechpartner für ein derartiges Projekt, wie er es im Auge hat, findet? Wer die HNA vom 19. Juli liest, wird feststellen: Der Mann hat so gut wie alles schon gemacht. Aber trotz seines Überblicks hat es Herr Grone punktgenau unterlassen, im Planungsamt aufzuschlagen. Statt dort eine planerische, rechtliche und räumliche Grundsatzentscheidung herbeizuführen und zu klären,

• ob denn seine Flusshäuser-Idee zu den Entwicklungszielen der neuen Unterneustadt passt,
• ob denn die denkmalpflegerisch hochsensible Situation zwischen den beiden Brücken zwei zweistöckige Boote verträgt und
• ob es überhaupt Chancen für eine Baugenehmigung gibt geschwiege denn Erschließungsmöglichkeit mit Strom, Frischwasser und Abwasser etc.,

wurschelt er sich geschickt zwischen Wasser- und Schifffahrtsamt, Gartenamt und Unterer Wasserbehörde so lange durch, bis er die Dalben bauen darf. Auch wenn das ein Schildbürgerstreich ersten Ranges von allen beteiligten Behörden ist, es ist auch ein Stockfehler des Unternehmers. Denn, man höre und staune – so jedenfalls der neue Leiter des Planungsamtes am besagten Abend im Ortsbeirat: Das, was die Öffentlichkeit via HNA zu sehen und lesen bekommen hat, die Ideen und die Fotomontagen der beiden Hausboote von Herrn Grone, lag der Genehmigungsbehörde (und das ist nun mal das Amt für Stadtplanung und Bauaufsicht) zumindest bis Mitte Juli nicht vor. Ganz davon abgesehen gab die Fotomontage die Größenverhältnisse nur völlig verzerrt wieder. Fast könnte man von legoähnlichen Miniaturen sprechen, nicht aber von einer maßstabsgetreuen Wiedergabe der Verhältnisse, wie sie später bei der Errichtung von zwei recht voluminösen zweigeschossigen Flussbooten entstehen würden. Dahinter vermuteten einige wütende Zuhörer im Ortsbeirat Absicht. Zu Recht oder nicht, das lässt sich von hier aus nicht entscheiden.

Da redet und schreibt alle Welt über die tollsten Sachen, die an der Fulda vielleicht bald passieren sollen, die Genehmigungsbehörde ist aber noch gar nicht eingeschaltet. Das heißt: Das Rennen ist noch offen, behördliche Fehler können noch geheilt, dem Unternehmer könnte noch eine andere Fuldastelle zugewiesen werden. Leicht ist das alles sicher nicht. Aber möglich.

Für die Unterneustädter und ihren Ortsbeirat gilt: am Ball bleiben und sich weiterhin sträuben gegen diesen vermeintlichen unabwendbaren Unsinn. Vielleicht muss man ja am Ende mit den versehentlich genehmigten Dalben leben. Sensibel koloriert und als Start- und Landeplatz für verschiedene Vogelarten: Das könnte gehen. Alles andere nicht! Und flußauf- wie -abwärts gibt es reichlich Platz und Chancen für Herrn Grones Ideen, so sie denn am Ende was taugen und genehmigungsfähig sind!