Am Donnerstag, den 28.04.2016, hat sich der Naturschutzbeirat des Landkreises Kassel einstimmig und eindeutig zu den Problemen geäußert, die mit der Politik des Konzerns K+S zusammenhängen. Vor dem Hintergrund der in Jahrzehnten im Wortsinne angehäuften Umweltbelastungen und der inzwischen vorhandenen technischen Lösungsmöglichkeiten, die weltweit zum Einsatz kommen, verlangt der Beirat eine Wende in der Politik diesem großen und rücksichtslosen Konzern gegenüber. Statt sich gegenseitig ausspielen zu lassen, sollten alle politischen Ebenen an einem Strang ziehen und dem Konzern klare, umweltverträgliche Ziele aufgeben: Und das zeitnah!!!
Presseerklärung vom Naturschutzbeirat des Landkreises Kassel zum Thema K+S, zu den Belangen des Grundwasserschutzes, der Gewässerreinheit und den Salzabfallhalden
Unabhängig von den aktuellen Gerichtsverfahren gegen K+S sowie dem Stand der laufenden Planverfahren erklärt der Naturschutzbeitrat des Landkreises Kassel, dass die Region dringend eine Wende in der Form der Salzgewinnung und im Umgang mit den dabei in großem Stil anfallenden Reststoffen benötigt.
Das Ziel aller politischen Bemühungen und Aktivitäten muss sein, dass es zügig zur Anwendung der vorhandenen, ausgereiften Techniken kommt. Diese erlauben eine nahezu rückstandsfreie Produktion sowie den sukzessiven Abbau der Halden durch intensivere Ausnutzung der Rohstoffe. EU, Bund, die Länder Thüringen und Hessen, die Region, das Regierungspräsidium Kassel und die betroffenen Gemeinden müssen an einem Strang ziehen, um eine solche Form der Produktion rasch und zwingend durchzusetzen.
Mit der bis heute andauernden Art der Produktion hat K+S immense Schäden an den Oberflächengewässern, Werra und Weser, am Grundwasser und am Landschaftsbild hinterlassen. Die jahrzehntelange Beibehaltung der Entsorgungswege im Fulda- und Werrarevier durch
• die Aufhaldung der Rückstände,
• die Verpressung von Fabrikationsabwässern in den Plattendolomit und
• die Direkteinleitung von Fabrikationsabwässern und Laugen aus den Auswaschungsprozessen der Halden in die Werra
haben schon lange zu nicht mehr tolerierbaren Belastungen für die betroffenen Ökosysteme und die Bevölkerung der Region geführt.
Wenn sich die Politik konsequent daran hält, von K+S dasselbe zu verlangen, was die EU im Streitverfahren mit dem spanischen Unternehmen Iberpotash mit gerichtlichem Druck durchsetzt hat, ließen sich auch bei uns die andauernden Schädigungen der Umwelt rasch und nachhaltig beenden. Dazu gehört vor allem, von K+S zu fordern, dass endlich der aktuelle Stand der Technik zur Kenntnis genommen und konsequent angewendet wird. Somit käme das K-UTEC Verfahren in Frage, welches inzwischen weltweit erfolgreich angewendet wird. Spanien* und zahlreiche andere Salzabbaustandorte an verschiedenen Stellen in der Welt belegen die Anwendung. Darüber hinaus dokumentieren konkrete Gutachten die günstigen Bedingungen für die Anwendung dieser Technik auch im hiesigen Salzabbaurevier. Dann gehörten Direkteinleitung, Verpressung und Aufhaldung nicht nur bald der Vergangenheit an, sondern es würden auch die vorhandenen Schäden und Probleme langsam aber konsequent zurückgeführt.
Auf keinen Fall darf sich die Politik der Drohkulisse mit gefährdeten Arbeitsplätzen beugen. Denn in Wirklichkeit sind die Arbeitsplätze nur durch konsequente Einhaltung der Umweltgesetze auch langfristig an diesem Standort zu sichern.
Für die Menschen dieser Region gibt es hierzu keine wirklich nennenswerten Alternativen: Wenn es nicht geschafft wird, dem Konzern ein zukunftsorientiertes und langfristig an den Interessen der Region orientiertes Handeln abzutrotzen, besteht die Gefahr, dass die Zeitvergeudung weitergeht. So könnte es bald schon zu dem Punkt kommen, wo K+S den Standort hier ganz aufgibt, um sich lukrativeren Geschäften, z.B. in Kanada, zuzuwenden. Die Region bliebe dann auf sogenannten Ewigkeitslasten sitzen: ruiniertes Grundwasser, zerstörte Flussflora und –fauna und ein belastetes Landschaftsbild. Der Auswaschungs-prozess der Salzhalden durch Regen wird Expertenschätzungen zufolge noch hunderte von Jahren andauern.
Statt Phasen- und Masterpläne mit diversen Pipelines und Stapelbecken aus dem Hut zu zaubern, die lediglich zur Feinsteuerung eines längst nicht mehr tolerierbaren Zustandes dienen, statt die Region weiterhin mit unnötigen Bauprojekten zu belasten, die keine Vor-Ort-Lösung erlauben, sondern nur zu Problemverlagerungen führen, muss jetzt die Wende eingeleitet werden. Ansonsten werden wissentlich bis weit in die 70iger Jahre hinein untragbare Zustände legitimiert und Umweltbelastungsszenarien künstlich aufrecht erhalten.
Nicht mehr und nicht weniger erwarten die Mitglieder des Naturschutzbeirates des Landkreises Kassel von der Politik. Und von K+S erwarten wir, dass jetzt ernst gemacht wird, mit einer modernen, umweltverträglichen und die Interessen der Menschen der Region respektierenden Gewerbestrategie.
Für den Naturschutzbeirat, Theodor Arend
*Der spanische Kalihersteller Iberpotash, Tochterunternehmen des Chemie- und Bergbaukonzerns ICL, wird bis 2017 weitere 350 Mio. Euro in modernste Technik investieren, um den Anforderungen des europäischen Umweltrechts gerecht werden zu können und um Produktion und Produktivität zu steigern. Dies wurde nach einer Tagung des Vorstands der ICL Iberia am 12. November 2014 bekannt. Die Investitionen für den „Phönix-Plan“ sind bestimmt für den Bau einer weiteren Vakuumkristallisationsanlage, mit der die Salzrückstände aufgearbeitet und die Rückstandshalden abgetragen werden können.