Flughafen Kassel Calden: Nordhessens teuerste Imbissbude

Was als grandiose Jobmaschine und als symbolischer Schritt der nordhessischen Region in Richtung auf Konkurrenzfähigkeit mit dem Rest der Welt gedacht war, ist zu dem geraten, was man Provinzposse nennt. Es kam schlimmer als es alle Kritiker – welcher politischen Couleur oder Profession auch immer – befürchteten! War bei der Eröffnung im April noch verhaltene, höhnische Kritik vorherrschend – selbst der hessische Rundfunk hat sich ja weggeschmissen vor Häme und Spott – spricht man jetzt, angesichts des fulminanten Fehlstarts des nordhessischen Flughafens in Calden, schon allerorten von offenkundigem Scheitern. Manche Artikel, selbst in der HNA, die ja auch zum Kartell der Gesundbeter und Befürworter gehörte, nehmen schon panische Züge an. Man spricht und schreibt dort vom Airport-Calden-Schock! Was auch immer das für ein Schock sein mag. Ein heilsamer bestimmt nicht. Was man uns und all den anderen Calden-Kritikern nicht abnehmen wollte, was viele der unbeirrten Verfechter dieses Flughafens, für dessen Bau satte 271 Millionen Euro verbrannt worden sind, nie glauben wollten, wird nun von der Realität klar gestellt: Der neue Flughafen in Calden ist überflüssig wie ein Kropf, teuer wie die sprichwörtliche Sünde (was hätte man doch alles mit diesen vielen Millionen alles anfangen und bauen können?) und lächerlich wie ein schlechter Witz. Dieser Flughafen wird, wie manch anderer Regionalflughafen, einfach nicht gebraucht. Dass jetzt so gut wie niemand, zumindest keine renommierte Fluggesellschaft, von hier irgendwohin fliegen will, ist inzwischen Fakt. Und wie es mit Provinzpossen so ist, sie kommen nicht allein daher. Wenn jetzt, wie kürzlich in der HNA zu lesen war, der hessische Justizminister und Landesvorsitzende der FDP die großen Firmen der Region, als da sind VW, SMA, K+S und Braun, darum bittet, man möge doch den neuen, teuren Flughafen mehr nutzen, wird’s echt lustig.

Noch lustiger ist es, wenn sich der Minister in demselben Artikel dann noch von Herrn Spengler (stellv. Hauptgeschäftsführer der IHK) belehren lassen muss, dass es gar nicht hilft, wenn die Herrschaften aus den Führungsetagen der großen Firmen der Region ein bisschen öfter von Calden aus fliegen. Denn was nötig sei, sind Chartergesellschaften, die sich dort fest ansiedeln und die regelmäßig von Calden aus viele attraktive Ziele zu attraktiven Bedingungen direkt anfliegen. Und wer um alles in der Welt hat das der IHK inzwischen beigebracht? Das hätte die IHK, die mit zu den Hauptschuldigen an diesem unsinnigen Projekt gehört, lange vorher wissen können und müssen. Dass Fluggesellschaften von Calden eben nur dann fliegen, wenn es so was wie einen objektiven Bedarf für ausreichend viele Flüge gibt, also genügend Menschen, die weit genug von anderen Flughäfen entfernt wohnen, um den hiesigen zu benutzen, das weiß nicht erst heute jedes Kind und alle, die von der Materie etwas verstehen, sowieso. Aber genau daran fehlt es in unserer Region. Wir sind hier – wie alle wissen – umzingelt von gut funktionierenden und gut zu erreichenden Flughäfen. Wir kennen sie alle, unsere Leser auch. Weil sie alle schon x mal von dort in den Urlaub geflogen sind…. Aber was machen sie nun, unsere verhuschten Flughafen-Träumer? Sie bringen den Fehlstart und die düsteren Prognosen ihres Projekts nicht in Verbindung mit ihrer Kurzsichtigkeit und Fehlplanung, nein, natürlich nicht. Wer Selbstkritik erwartet hat, liegt falsch.

Schuld am Flughafendebakel sei die fehlende Qualität der Anbindung und deshalb soll jetzt schnell ein Autobahnanschluss her. Der soll‘s richten. Ganz egal ob an die A7 (über die sogenannte Nordspange) oder an die A 44. Hauptsache Autobahn. Dass damit die Probleme von Calden nicht gelöst, sondern nur neue dazu produziert werden, muss dann erst wieder mühsam erklärt werden. Und noch eine Peinlichkeit: Hatten sich die Erbauer dieses unsäglichen Projekts noch vor der Eröffnung von Calden damit gebrüstet, dass „ihr“ Flughafen wenigstens pünktlich fertig wird (im Gegensatz zum Desaster-Flughafen in Berlin), so müssen sie jetzt damit leben, dass ihr Flughafen zwar fertig wurde, dafür aber unnütz ist. Welches Flughafendebakel schlimmer ist, mögen die Wähler entscheiden. Dass Calden im Übrigen viel teurer geworden ist als ursprünglich geplant, wird bei der Gelegenheit gern verschwiegen. Eine Steigerung von ursprünglich 150 Mio. Euro auf nun 271 Mio. Euro ist auch nicht schlecht. Wir prophezeien: wie der erste Flug ausgefallen ist, so wird der letzte nicht lange auf sich warten lassen. Dass die geliehenen 271 Millionen, die über Jahre hinweg die Haushalte des Landes, des Landkreises, der Stadt Kassel und der Gemeinde Calden mit Defiziten in Millionenhöhe belasten werden, damit müssen die Bürger der Region leben. D.h. die von ihren kommunalpolitischen Möchtegern-Größen einbrockte Suppe dürfen sie auslöffeln. Und wie lange die EU in Brüssel diesen Regionalflughafen-Unsinn noch mitmacht, ist offen. Und wenn in 10 Jahren der Flughafen immer noch keine schwarzen Zahlen schreibt (wofür alles spricht), wird Calden vielleicht – so jedenfalls sieht es die aktuelle Beschlusslage in Brüssel vor – zwangsweise dicht gemacht. Bis dahin müssen die Bürger der Region für die Schulden dieses Projekts aufkommen. Es sei denn, man ist mutig und macht den Laden schon früher dicht…. Was für die HNA inzwischen ein Schock ist, ist das Gegenteil einer Überraschung. Calden war als Flop absehbar und ist ein Flop geworden. Und was nun? Werfen wir einen Blick über den nordhessischen Tellerrand und schauen z.B. nach Dessau.

Dort mussten sich die Verantwortlichen ähnliche Fragen stellen, denn ihr Regionalflughafen ist noch nicht einmal in Betrieb gegangen. Und damit das Ding dann nicht völlig ungenutzt in der Gegend rumliegt und jeder über das verpulverte Geld die Nase rümpft, kann man jetzt – lt. aktueller Internetseite – „Fliegen im Mondschein“ erlernen. Unter dem Motto „In der Dämmerung abheben“ wird Nachtflugtraining und Ähnliches angeboten. Vielleicht sollten die Calden Manager bald mal nach Dessau fliegen? Oder doch besser mit der Bahn fahren, weil die – trotz der aktuellen Probleme in Mainz – ja immerhin noch fährt?

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