Die Grünen in Kassel: Zu viele faule Kompromisse für zwei Magistratssessel

, ,

Früher war es nicht die schlechteste Option, den Grünen in Kassel die Stimme zu geben. Aber so wie es heute nicht mehr sinnvoll ist, die Grünen im Bund oder irgendeinem Bundesland zu wählen, so ist es längst nicht mehr „öko-logisch“, auf die Grünen hier in Kassel zu setzen.

Im Bund halfen sie mit, den Krieg auf und im Balkan zu entfesseln, genauso wie sie bei der Offensive gegen die Armen und Arbeitslosen im eigenen Land den Genossen von der SPD willfährig zur Hand gingen und Hartz IV zur traurigen Realität machten. Alles in enger Umarmung mit, Sie erinnern sich, Herrn Gerhard Schröder, heute Gazprom. In Hamburg waren sie bis vor Kurzem noch mit der CDU zugange, genauso so wie im Saarland. Auch mit den Lobby-Extremisten der FDP findet man die Grünen auf der Regierungsbank. Das ficht den heutigen Grünen alles nicht mehr an.

Stinkende Kraftwerke, neue Flughäfen, Autobahnen – alles kein Problem. Und den Faulenzern in der „sozialen Hängematte“ kann auch schon mal der Hosenboden stramm gezogen werden. Hauptsache die Anzahl der MinisterInnensitze stimmt.

Grüne Postenjagd
Genauso ist das in Kassel auch. Seit Anne Janz den einen Sitz im Magistrat innehat und jetzt auch noch Baudezernent Lohse mit grünem Ticket Nachfolger von Witte geworden ist, muss vieles gemacht, durchgezogen und vertreten werden, was eigentlich nicht auf einen grünen Speisezettel, eine grüne Agenda gehört. Wir wollen den geneigten Wählern der Grünen – damit sie es sich vielleicht noch mal überlegen – eine kleine Erinnerungshilfe mit in die Wahlkabine geben. Die grüne Erfolgsbilanz ist nämlich keine. Vielmehr versteckt sich in dem, was die Grünen in Kassel in den vergangenen Jahren mitgemacht bzw. nicht aktiv verhindert haben, Vieles, was in keine grüne Programmatik passt.

Geldversenken mit den Grünen
Verbal haben die Grünen den Flughafen in Calden abgelehnt. Wenn’s drauf ankam, haben sie jedoch für die Haushalte, in denen das Projekt verankert war, die Hand gehoben. Mit gefangen, mit gehangen, sagt der Volksmund.

Kombibad in der Aue
Das falsche Bad an der falschen Stelle im Stadtgebiet wurde von den Landtagsgrünen heftig bekämpft, von den hiesigen Grünen jedoch toleriert. Nur damit keine schlechte Stimmung in der Koalition aufkam, in der ja auch Dr. Barthel sitzt, der die vorangegangene rosa-grüne Koalition noch mit faulen Tricks zu Fall brachte. Dass das Spaßbad in der Aue eine gleichermaßen grandiose wie fatale Fehlentscheidung ist, werden wir alle noch sehen.

Keine Umweltpolitik mit den Grünen
Bei Bebauungsplänen und speziellen Bauprojekten, die eigentlich besonders geeignet sind, grüne Programmatik zu befördern, enttäuschten die Grünen auf der ganzen Linie. Statt in allen Bebauungsplänen hohe Umweltstandards durchzusetzen, stimmten sie mehrfach gegen Anträge der Fraktion der Kasseler Linke, die genau das zum Ziel hatten. Dafür haben sie sich über Jahre für ein Pseudo-Öko-Projekt an der falschen Stelle im Stadtgebiet – in Oberzwehren an der Bahntrasse – engagiert, das in seinen Zielsetzungen aber auch weit hinter inzwischen praktizierten ökologischen Baustandstandards zurückbleiben sollte. Inzwischen ist das Projekt eingestampft und aufgegeben.

Gewerbe auf der Grünen Wiese
Bei der Gewerbeentwicklung des Langen Feldes, wo es seitens der Grünen auch immer wieder Kritisches zu hören gab und wo sie sich im Koalitionsvertrag mit der SPD auf keine Absprachen eingelassen haben, wurde von den Grünen nichts Konkretes unternommen, um das Projekt zu ver- oder behindern. Die letzte grüne Aktion zugunsten des Langen Feldes: Die Grünen lehnten den Haushaltsänderungsantrag der Kasseler Linken ab, der zum Ziel hatte, 3 Mio. Euro für Grundstücksankäufe im Langen Feld zu streichen. Wer dieses Projekt ablehnt, muss entsprechend handeln. Immer nur dicke Backen machen und pseudokritisch daher zu reden, reicht halt nicht. Hätte der neue grüne Baudezernent vor, zusammen mit einer starken grünen Fraktion (unterstützt von der Kasseler Linken), eine umweltpolitische Zeitenwende in Kassel einzuläuten, hätte er zumindest dieses Projekt auf den Prüfstand gehoben. Und mit einem Beschluss, keine weiteren Grundstücke anzukaufen, hätte sehr wirksam ein Moratorium eingeleitet werden können. Leider: Fehlanzeige!

Mit dem Auto ins Grüne
Beim Umbau der Kreuzung Loßbergstraße wird deutlich, dass die Grünen keine Vision mehr zur umweltfreundlichen Mobilität im Großraum Kassel entwickeln können. Eine Aktualisierung oder Neuauflage eines Generalverkehrsplans? Fehlanzeige! Dass in Kassel nach wie vor an mehr oder weniger großen Verkehrsprojekten gestrickt wird, die ohne Ableitung aus einer übergeordneten Planung realisiert werden, wundert den kritischen Betrachter daher nicht. Auch hier hätte man von einem grünen Baudezernenten durchaus erwarten können, dass er sich dem autogerechten Umbau dieser großen Kreuzung widersetzt. Umweltfreundliche Mobilitätspolitik sieht anders aus.

 

Jahrgang 5, 1/11

0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar