Für einen Boulevard in der F-E-Straße

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Der Umbau der Friedrich-Ebert-Straße muss einen positiven städtebaulichen Quantensprung bringen. Die aktuelle Chance für eine solche Maßnahme darf wegen einer Handvoll Stellplätze nicht auf’s Spiel gesetzt werden!

Wolfgang Rudolph – Ortsvorsteher des Ortsbeirates West – ist, das kann dem Interview unschwer entnommen werden, inzwischen Experte in Sachen Bürgerbeteiligung. Er ist erfahren und kompetent in der Vermittlung von stadt- und verkehrsplanerischen Projekten. Die Vorbereitung beim geplanten Umbau der Friedrich – Ebert – Straße mit rundem Tisch, Expertengesprächen und anderem im Vorfeld hätte besser und intensiver nicht sein können. Dann kommt noch so was wie ein Geldsegen, genau zum richtigen Zeitpunkt. Das neue Förderprogramm „Aktive Kernbereiche“ ist maßgeschneidert für das Projekt. Trotzdem lösen schon die ersten Vorschläge alles andere als freudige Erwartung und Optimismus aus, sondern blanke Angst und lauten Unmut. Es wird befürchtet, dass es weniger Parkplätze und vielleicht sogar Staus geben könnte. Diese eindimensionale Gewissheit, dass viele fahrende und parkende Autos gleichzusetzen sind mit hohen Umsätzen und urbaner Attraktivität feiert in Kassel immer wieder – und jetzt erneut in der Friedrich- Ebert – Straße – Urstände.

Und genau hier kommt die HNA ins Spiel. Spezialisiert darauf, kommunale Souveränität – damit ist nicht das souveräne Handeln kommunaler Würdenträger gemeint(!) – grundsätzlich und bei jeder konkreten sich bietenden Gelegenheit frontal anzugreifen, schießt sich von Anfang gegen die vorgelegten Planungen ein. Weil die HNA und ihre Firmenleitung auf die totale Privatisierung setzen und folglich gegen kommunale Hoheit polemisieren, wo und wie sie nur können, nimmt sie auch dieses Vorhaben zur Urbanisierung, Domestizierung, Boulevardisierung dieser Straße „auf die Hörner“. Statt differenziert zu berichten und zu kommentieren, werden die Ängste genau derjenigen, die das alleinige Heil in breiten Straßen und vielen Stellplätzen sehen, geschürt.

Dass die verantwortliche Städtebau – Redakteurin der HNA, Frau Schaab, so tendenziös, einseitig und so offen autolastig schreibt, fällt besonders auf. Es gab auch schon deutlich differenziertere Betrachtungen zu geplanten Projekten der Stadt Kassel von ihr. Möglicher Weise kommt das aber in diesem konkreten Fall auch daher, dass sie im Königstor wohnt und Verdrängungsverkehr aus der Friedrich – Ebert – Straße und damit Nachteile für sich selbst befürchtet. Dass eine derartige Befürchtung zu solchen journalistischen Einseitigkeiten führt, ist mehr als bedauerlich. Den Autofetischisten Stimme und derart viel Platz in der Berichterstattung einzuräumen, hat mit Ausgewogenheit nichts mehr zu tun.

Dass die Zukunft der Straße – der Anwohner und der Gewerbetreibenden, der Kunden und Hauseigentümer – genau darin liegt, die Defizite aufzuspüren und darin liegt, die vorhandenen Potentiale in der Interessenverteilung der Straße zugunsten der Fußgänger, Radfahrer, Nutzer des öffentlichen Verkehrs neu verteilt werden.

Eckhard Jochum
(Aus LinksZeitung Jg. 3 1/09 S. 6)