Landesimmobilie: Wohnen statt großflächigem Parken
Man spricht über den Umzug der Justiz in das Gebäude des ehemaligen Finanzamtes in der Goethestraße. Über Umzüge von Landesdienststellen und -institutionen in Kassel wird ja allszus, viel und immer gesprochen. Es ist auch aus kommunaler Sicht nichts gegen einen solchen Umzug einzuwenden. Aber man spricht auch darüber, dass sich das Land diesen Umzug so vorstellt, dass auf dem Grundstück direkt daneben eine – ggf. ebenerdige – Parkplatzorgie mit ungefähr 80 Stellplätzen stattfinden soll, damit jeder Justizbeamte sein vom Fahr- zum Stehzeug mutierendes Auto brav abstellen kann. Mit unserem Plazet wird das so aber nicht über die Bühne gehen: Allein der Gedanke daran, dass nun, nachdem die Stadt sich aufgemacht hat, diesen intakten und mit nur wenigen Nachkriegsbausünden belasteten Bereich des Kasseler Westens nach historischen Vorbildern für alle Verkehrsteilnehmer*innen erfolgreich und aufwändig umzubauen, ein Parkhaus diesen Umbauprozess krönen soll, lässt schaudern. Nach dem Gelingen eines in die richtige Richtung weisenden Straßenumbaus nun ein großes, hoch attraktives Grundstück in eine Blechwüste zu verwandeln, ist kein akzeptables planerisches Ziel. Das sollte auf jeden Fall verhindert werden. Deshalb haben wir einen Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan für diesen Bereich beantragt mit dem Ziel, sowohl ebenerdiges Parken wie auch eine pure Tief- oder Hochgaragenlösung (Parkhaus) zu verhindern. Vielmehr soll die Stadt in diesem Fall klar und deutlich kundtun, was sie sich aus kommunaler Sicht an dieser bedeutsamen Stelle der Stadt vorstellt. Das Ziel sollte unseres Erachtens sein, eine der städtebaulichen Bedeutung des Ortes gerecht werdende anspruchsvolle Architektur zu entwickeln, die möglichst aus einem Wettbewerb hervorgeht. Zum anderen sollte, weil das dringend (und nicht nur hier!) gebraucht wird, günstiger, öffentlich geförderter Wohnraum geschaffen werden. Teils müssen diese städtebaulichen Zielsetzungen über den angesprochenen Bebauungsplan festgesetzt werden, teils müssen sie in (selbstbewussten) Gesprächen mit den Stellen des Landes durchgesetzt werden.
Verständnis haben wir dafür, dass das Land auf dem ihm gehörenden Nachbargrundstück seine elementaren Stellplatzprobleme lösen möchte. Eine Lösung sollte jedoch mit den Interessen der Stadt kompatibel sein. Auf keinen Fall so, wie bei vielen anderen Projekten, die in Kooperation zwischen Stadt und Land entstanden sind und wo es allzu oft für die Stadt zu schlechten Kompromissen kam. Hier, im Herz des Westens, darf es keine so schlechten Lösungen wie am Fuldaufer mit dem sog. Finanzdienstleistungszentrum oder am Lutherplatz mit dem Bürogebäude für das Regierungspräsidium geben. Wir haben es nicht vergessen: Jedes Mal haben sich dort der Magistrat, die (regierenden) Fraktionen und die Stadtverordnetenversammlung vom Land über den Tisch ziehen lassen. Deshalb hat die Stadt nun an zwei mehr als markanten Stellen äußerst suboptimale Ergebnisse, die beide in allererster Linie damit zu tun haben, dass dem Land gegenüber die städtischen Interessen nicht klar und deutlich vertreten worden sind. Natürlich kann in einem Abstimmungsprozess parallel zum B-Plan-Verfahren auch eine vernünftige Lösung für die Parkplatzsorgen des Landes resp. der dort später arbeitenden Justizangestellten gefunden werden.
Sofern es um sinnvolle, im Rahmen bleibende Ansprüche geht, d.h. um Stellplätze für Behinderte (Besucher und Beschäftigte) und um eine bestimmte Anzahl von Dienstfahrzeugen. Alle darüberhinausgehenden Forderungen darf die Stadt nicht zulassen. Der Verweis auf den öffentlichen Verkehr und das Jobticket soll hier genügen. Die aufgeführten Stellplatzansprüche können leicht befriedigt werden – je nach Gebäudetyp im Untergeschoss oder sogar ebenerdig. Der entscheidende Punkt ist jedoch die eigentliche Nutzung des Gebäudes: Und genau hier darf sich die Stadt nicht vorschreiben lassen, was das zu sein hat. Nämlich WOHNEN! Sie hat die gesetzgebende Kompetenz auf diesem Sektor der Politik, denn ein Bebauungsplan ist nichts anderes als ein kommunales Gesetz. Hier hat die Stadt die Hosen an und in Anbetracht der Bedeutung einer guten städtebaulichen Lösung an dieser Stelle sollte die Stadt entsprechende Vorgaben treffen, die in ihrem Interesse und dem der Bewohner*innen der Stadt liegen.
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