Stadt gibt alles damit die Kasse stimmt
Solange Lohse – inzwischen Senator in Bremen – noch grüner Baudezernent in Kassel war, konnte Hilgen sein Geschenk an den Investor beim Industriedenkmal Salzmann, Herrn Rossing, nicht so einfach über den Magistratstisch ziehen. Denn Lohse war strikt dagegen. Als Geschenk war an eine großzügige Anmietung von Rathausbüroflächen bei Salzmann gedacht. Das Veto von Lohse hat Hilgen mächtig geärgert, weil er doch zu gerne noch vor den Kommunalwahlen etwas Vorzeigbares gehabt hätte. Insofern ist der Tatbestand, dass Lohse die Lust an Kassel verloren hat, positiv für ihn ausgegangen. Denn in den Vereinbarungen für die neue Legislaturperiode mit den Grünen hat die SPD den Deal mit Rossing nun als nicht mehr verhandelbar durchgesetzt. Und die Grünen kuschen.
Aber um was geht es eigentlich? Nach dem zweiten Debakel um die Multifunktionshalle – schon immer Chefsache – will Hilgen jetzt wenigstens das markante Industriedenkmal in Bettenhausen retten und dabei dem privaten Akteur Rossing massiv unter die Arme greifen. Ganz offensichtlich war man sich in den Verhandlungen um die zweite Multifunktionshalle näher gekommen – ein Mann, ein Wort und so weiter. Wer aber eine Entscheidung darüber trifft, wie die fehlenden Flächen für Rathausbüros entweder geschaffen (sprich gebaut) oder angemietet werden, die z.Z. überall verstreut und teuer angemietet in verschiedenen Stadtteilen liegen, muss eigentlich anders vorgehen. Denn die richtige Fragestellung lautet nicht: wie viele Quadratmeter muss man für wie lange und für wie viel Geld bei Rossing in Bettenhausen anmieten, damit sich für den der vielleicht voreilige Erwerb des alten Industriedenkmals rechnet, sondern: wo liegt die beste Lösung für die Stadt? Es handelt sich jedoch um eine – zugegebenermaßen – komplexe, schwierige Frage, die viele stadtentwicklungpolitische und ökonomische Aspekte enthält. Von großer Bedeutung ist die Erreichbarkeit für Beschäftigte und Kunden. Denn für die ist es nicht wurscht, ob sie von Harleshausen oder der Nordstadt, wenn sie vom oder im Rathaus was brauchen, dafür dann nach Bettenhausen fahren müssen. Auf einer Liste mit vielen möglichen in Frage kommenden Standorten könnte natürlich durchaus auch Bettenhausen draufstehen.
Die weitere Entwicklung des Kasseler Ostens und der Erhalt des bedeutenden Industriedenkmals Salzmann sind durchaus relevante und wichtige kommunalpolitische Ziele. Aber ob sich am Ende Salzmann, ein neues Gebäude auf dem Karlsplatz (direkt neben dem Rathaus in zentraler Lage) oder ein anderer Standort als am Günstigsten herausstellt für die Stadt und ihr Bürgerinnen und Bürger, muss erst noch geklärt werden: in einem offenen, von Phantasie und Kreativität geprägten intelligenten Such-, Findungs- und Planungsprozess. Jetzt nur Rossing die Taschen zu füllen, damit sich dessen Investition rentiert und weil das Multihallenprojekt gescheitert ist, sind keine ausreichenden Motive. So wie’s aussieht, wird die Chance, mit der Schaffung oder Anmietung fehlender Büroflächen für‘s Rathaus gleich mehrere städtebaulichen Probleme intelligent und auf einen Schlag zu lösen, mal wieder verspielt. Wie so oft. Leider.
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