Schlagwortarchiv für: 1. August 2014

Was für ein Widersinn: Statt am Tag des gutbesuchten Jubiläums, dem 14. Mai 2014, anlässlich des 40jährigen Bestehens des Zweckverbandes Raum Kassel (ZRK*) sich selbst und allen anderen zu demonstrieren, wofür so ein Verband gut ist oder sein könnte, führt er das Gegenteil vor. Zum wiederholten Mal wird gezeigt, nach allen Regeln der Kunst, dass die wichtigen, selbst aufgestellten, selbst erarbeiteten Ziele und Prinzipien des Verbandes nicht das Papier wert sind, auf dem sie gedruckt sind. Worum es auch an diesem Tag wieder ging: um die schlichte und banale Durchsetzung kurzsichtiger Partikularinteressen einer der Mitgliedsgemeinden. In diesem konkreten Fall drehte es sich um Schauenburg. Leider, das wird mir immer klarer, ist das ganz offensichtlich das „Kerngeschäft“ des ZRK!

Worum es ging? Es sollten mal wieder Flächennutzungspläne, die man selbst aufgestellt und beschlossen hatte, geändert werden. Im konkreten Fall mit dem Ziel, an den Rändern von Schauenburg zusätzliche 1,7 Hektar Wohn- und Gewerbeflächen auszuweisen. Ganz ohne Sinn und Verstand, vor allem aber – wie ich noch zeigen werde – nicht nur gegen selbst beschlossene und rechtkräftige Flächennutzungspläne, sondern auch und vor allem gegen die in zentralen Dokumenten niedergelegten und selbstauferlegten, sehr wohl Sinn machenden Zielvorstellungen.

Kurz die Details: Obwohl Schauenburg mit seinen kleineren Trabanten im Prinzip eine stagnierende, leicht schrumpfende Bevölkerungsentwicklung aufweist, sollen mehr und zusätzliche Bauflächen für Einfamilien- und Reihenhäuser ausgewiesen werden. Dafür werden zwei kleine (offensichtlich nicht so gut zu vermarktende) bereits vorhandene Bauflächen an den Rändern von Elmshagen und Martinhagen zurückgenommen und dafür neue Flächen in einer Größenordnung von 6,5 Hektar im Ortsteil Elgershausen neu ausgewiesen. Das dabei herauskommende Plus an Neubauflächen beträgt 1,7 ha. In Anbetracht der Tatsache, dass in der BRD nach wie vor weit über 100 ha pro Tag (!!) an Acker-, Grünland- oder Waldflächen „verbaut“ bzw. „verbraucht“ – man könnte auch sagen „verbraten“ – werden, sollte man eine solche Entwicklung nicht auf die leichte Schulter nehmen. Denn jeder weiß im Prinzip: Das hat negative Folgen, vor allem jedoch erhebliche klimatisch-ökologische Nachteile. Und im vorliegenden Fall sollen ja auch keine hochverdichteten, ökologischen, flächensparenden, ressourcenschonenden Gebäude im Inneren des Ortes errichtet werden (wie z.B. Passivhäuser), vielmehr schlichte und stinknormale Einfamilienhäuser am Rand einer Gemeinde. Ganz so, als gäbe es das selbst aufgestellte und beschlossene SIEDLUNGSRAHMENPROGRAMM 2015 nicht!

Dort, das ist das Pikante, hat der ZRK für sich selbst, das heißt für das ganze Verbandsgebiet, quasi das Gegenteil beschlossen. Unter Punkt „Grundsätze und Ziele der Siedlungsentwicklung“ heißt es dort, fast wörtlich zitiert, u.a.:

• Es werden qualitativ hochwertige, ressourcenschonende und variable Bauformen angestrebt…
• Durch verstärkte Mischnutzung und konsequente Innenentwicklung (z.B. mit Arbeitsplatzbezug) soll ein „Raum der kurzen Wege“ entwickelt werden…
• Die Verbandskommunen tragen (in Bezug auf die Versorgung mit Wohnraum) eine besondere Verantwortung für einkommens- und sozialschwache Bevölkerungsschichten…
• Ein möglichst hoher Anteil des Wohnungsneubaus soll in Baulücken, durch Anbauten und nicht flächenwirksamen Baumaßnahmen wie Dachgeschossausbau und Aufstockung (also im Bestand) realisiert werden…
• In Neubaugebieten werden Mindestdichtewerte von bis zu 45 WE/ha (Obergrenze) vorzusehen…

Die Zitate, die in diese Richtung gehen, ließen sich noch fortsetzen. Aber das langweilt, weil sich ja offensichtlich nicht einmal die Parlamentarier eben dieses Verbandes dafür interessieren! Diesen Eindruck hatte ich jedenfalls, als ich ihnen im Mai bei der in Rede stehenden Sitzung ihre selbstgefassten Beschlüsse einschließlich einiger Kommentare vorlas und vorhielt. Und für das, was ich hier zum Ausdruck bringen möchte, reicht das oben Zitierte allemal. Man darf also ruhig davon ausgehen, dass der Verband und seine Gremien, die Verbandsversammlung und die dorthin delegierten Vertreter sehr wohl um das Problem der unsinnigen, teuren, ökologisch bedenklichen Zersiedelung der Landschaft wissen. Sonst hätten sie ja diese Beschlüsse nicht gefasst. Sie sind ihnen aber wurscht und egal. Man könnte sagen, wenn das nicht unanständig wäre, dass sie ihnen am Arsch vorbei gehen.

Für den Fall, dass der/die geneigte Leserin nun meint: was bleibt denn einer Gemeinde (und damit dem ZRK) anderes übrig, wenn es Bauwillige gibt, die es in die jeweiligen Gemeinden zieht, dort aber keine Bauplätze finden können? Wenn dem so wäre, gäb’s tatsächlich ein Problem. In der Wirklichkeit jedoch, über die wir hier reden, existieren jedoch – nach dem aktuellen Statusbericht zum Siedlungsrahmenkonzept des ZRK – allein in Schauenburg 175 Baulücken (nein, das ist kein Tippfehler!!), die in der Summe eine Fläche von über 24 Hektar ergeben! Was es mit diesen Baulücken (solche gibt es in den anderen Gemeinden natürlich auch und erst recht in Kassel!) auf sich hat, wie sie zu vermarkten wären, was es dabei für Probleme geben kann etc. – das ist durchaus Stoff für einen weiteren Artikel zu diesem Thema.

Meine Hypothese: Das Wissen um die beschriebene Problematik ist bei den meisten Vertretern im Zweckverband durchaus vorhanden, sonst wären ja die zitierten Beschlüsse nicht zustande gekommen. Dieses Wissen ist jedoch immer dann nichts mehr wert, wenn es um die jeweils spezifischen Interessen der Einzelgemeinden geht. So war das in den vergangenen Jahren, so war das auch beim hier geschilderten Fall: Man setzt sich über besseres Wissen einfach hinweg. Und weil in dieser Sitzung Schauenburg sein Baulandpotential erweitern durfte, ist beim nächsten Mal eine andere Gemeinde dran, oder gleich Kassel, das sich gerade bei diesen Fragen keinen Deut besser verhält und keinerlei Vorbildfunktion übernimmt. Die Argumente sind immer dieselben: Es ist so schwer, die Baulücken in den Markt und an die Bauwilligen zu bringen und so leicht, einfallslose Neubaugebiete an den Rändern der Gemeinden, die zum ZRK gehören, aus dem Boden zu stampfen.

*Was ist der Zweckverband genau?
Der Zweckverband (ZRK) ist eine bedeutsame kommunalpolitische Instanz. Nach seiner Satzung und Geschäftsordnung hat dieser Verband nicht nur die Aufgabe für alle Gemeinden und Städte, die ihm angehören – als da sind Kassel, Ahnatal, Baunatal, Calden, Fuldabrück, Fuldatal, Kaufungen, Lohfelden, Niestetal, Schauenburg und Vellmar – den Kommunalen Entwicklungsplan, den Flächennutzungsplan, den Landschaftsplan und sonstige gemeindeübergreifende Entwicklungsmaßnahmen aufzustellen und fortzuschreiben. Der ZRK ist darüber hinaus auch mit der Wahrnehmung von interkommunalen Aufgaben und Projekten dann zuständig, wenn er hierfür einen Auftrag erhält. Hierzu gehört z.B. das interkommunale Projekt des Güterverkehrszentrums. Auch beim Flughafen Calden ist der ZRK eingebunden, u.a. bei der Entwicklung eines neuen, rund 80 Hektar großen Gewerbegebiets im Bereich alten Flughafens. Man kann sagen, dass praktisch bei allen relevanten raumgreifenden oder raumbeanspruchenden Maßnahmen der ZRK – meist über die Flächennutzungsplanung – mit im „Geschäft“ ist.

So ist er halt, der Dr. Reuter: Zack (so schnell kann man gar nicht Luft holen) haut er einen „Aufschlag“ raus, mit dem ich – als geforderter und ausgewählter Duellant – so gar nicht einverstanden bin. Nicht nur mit meiner persönlichen Vorstellung, die ich gar nicht für notwendig hielt! Zum anderen gefällt mir das Wort „Weltverbesserung“ resp. Weltverbesserer überhaupt nicht: von der Sorte gibt es schon genug.
Was die Vokabeln Klimawandel, Nachhaltigkeit und Menschenrechte angeht bin ich der Auffassung, dass man sie nicht meiden sollte, weil andere sie zur Vernebelung und zum Belügen nutzen: Mit dem richtigen Inhalt gefüllt, der richtigen Definition versehen, sind sie durchaus brauchbar. Auch inflationärer Gebrauch bestimmter Begriffe macht diese nicht per se schlecht. Und ob wir jetzt mit der Reuter‘schen „Klimaverwandlung“ den Nagel auf den Kopf getroffen haben, wird sich noch zeigen….
Es gibt noch ein Problem: Dr. Reuter meint, der Dialog sollte in jeweils nur und ausschließlich kurzen Statements erfolgen, weil heute kein Schwein mehr lange Texte lesen will, zumindest im Internet nicht. Ich werde mich für den Anfang erst mal nicht dran halten, dafür will ich aber versuchen, meine Grund- und Ausgangsthese in wenigen Worten zusammenzufassen; ein „wenig“ Text drum rum schiebe ich dann noch nach!
Meine Haupt- und Eingangshypothese: unsere Spezies ist empfindlicher, als viele denken. Wir sägen den Ast, auf dem wir sitzen, schlicht ab! Damit rsikieren wir unsere Selbstabschaffung!

Die im Wesentlichen mit dem Neolithikum einsetzenden kulturellen, industriellen, informationellen Revolutionen, aufgesattelt auf der (biologischen) Evolution, haben uns bei allen stattlichen „Erfolgen“ (was ist das genau, Erfolg?) immer noch eine ausgesprochen empfindliche, sensible Spezies bleiben lassen. Wir können in großen Einheiten (bald 10 Milliarden) nur in bestimmten Breiten, in einem bestimmten Klima, auf bestimmten Böden etc. leben und den Metabolismus mit der Natur bewerkstelligen: zur Nahrungserzeugung, zum Wohnen, für Mobilität… Zum Existieren! All das ist bei der aktuellen Wirtschaftsweise hochgradig gefährdet! Das vieldebattierte Klima ist dabei nur einer von vielen bedeutungsvollen Aspekten, die für unsere weitere Existenz wichtig sind. Genaus so bedeutsam sinddie Themen Wasser, Boden, Luft, Bodenschätze, Energieversorgung, Müll, Meeresverschmutzung…. Ich persönlich bin davon überzeugt, dass die vielen krisenhaften Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte erkennen lassen, dass unsere Spezies ganz offensichtlich nicht – allen erstaunlichen Leistungen auf Teilgebieten zum Trotz – fähig ist, die Wende hin zu einer natur- und sozialverträglichen Wirtschaftsweise einzuleiten. Mit Pessimismus hat das weniger zu tun, denn mit Realismus. Der Mahner gibt es viele – aber noch mehr Gesundbeter sind allerorten am Start. Und ich darf vermuten, dass Dr. Reuter letztlich so einer ist. Einer mit, wie wir bestimmt sehen bzw. lesen werden, guten Argumenten?

Wie lange haben wir noch Zeit für eine Wende hin zu einem dauerhaft bewohnbaren Planeten Erde!

Um der Menschheit ein (relativ) baldiges Ende auf der Erde zu prognostizieren, muss man nicht auf Reinhard Jirgl zurückgreifen. In seinem letzten Roman „Nichts von Euch auf Erden“ plumpst am Ende des 5. Jahrhunderts des 3. Jahrtausends n.C. ein abgesprengter Teil des Mars auf die Erde. Dieser Impact vernichtet – wohl für immer – alles organische Leben auf der Erde. Die Katastrophen am Ende des Kambriums vor rund 500 Mio. Jahren oder vor 65 Mio. Jahren durch den Meteoriteneinschlag vor Mexiko, der die Saurier vom Thron der Arten stieß, waren ein Fliegenschiss gegen diesen Aufprall…. Während es bei derartigen (nicht menschengemachten) galaktischen Zusammenstößen zwischen durchs Weltall irrenden Festkörpern mit unserem Planeten bisher immer noch ein paar Prozent überlebende und durchhaltende Arten gab, denen die Katastrophe neue Chancen und Möglichkeiten eröffnete (wie den noch kleinen Säugetieren nach dem Impact vor 65 Mio. Jahren bis hin zum bis heute andauernden „siegreichen Durchmarsch“ des Homo sapiens), so wird nach der Kollision mit Teilen des Mars in Bezug auf organisches Leben alles und dauerhaft auf Reset gestellt. Soweit Jirgl.

Wer es nicht mit den in SF-Tunke getauchten dunklen Vorahnungen von Herrn Jirgl hält, kann auch gern die mehr als zahlreichen wissenschaftlichen Arbeiten zum Thema Klima, Überbevölkerung, Wüstenbildung und Zunahme verschiedener mehr oder weniger großer Katastrophen aller Art studieren oder sich vom Wachsen der Müllberge, der Meeresverunreinigung und der Fischvernichtung etc. beeindrucken und/oder inspirieren lassen. Allein die Themenbereiche aufzuführen, die beschreiben, wo es für das Überleben des Menschen eng und kritisch werden könnte, würde den Rahmen dieses Intros sprengen. Und wer weder mit Jirgl oder anderen klugen Science Fiction-Autoren noch mit den Wissenschaften zu tun haben will, der kann – so er möchte – aus der Geschichte menschengemachter, zurückliegender Katastrophen lernen und seine Schlussfolgerungen ziehen. Viel Erhellendes kann da entdeckt und studiert werden: Vom Abholzen der Wälder ums Mittelmeer herum durch Griechen, Phönizier, Römer u.a. (mit Folgen bis heute) bis hin zum aktuellen Roden und Verbrennen der Wälder u.a. im Amazonas-Becken aber auch in Kanada und anderswo.

Während individuelles Lernen da und dort durchaus von Erfolg gekrönt sein kann, sind die Versuche der Gattung Homo – trotz umfangeichen Anschauungs- und Lehrmaterials aus dramatischen, selbstverschuldeten Katastrophen aller Art – relevant dazuzulernen, bislang von Scheitern geprägt. So wie „die Menschen“, Völker, Nationen und Parteien nach dem Gemetzel, Vergasen und Vernichten von Abermillionen von Menschen im 2. Weltkrieg nur neue Kriege vom Zaun gebrochen haben, so wird in Bezug auf die natürlichen Grundlagen unseres Lebens hier auf dem Planeten keine Rücksicht genommen. Was den Metabolismus mit der Natur, die Grundlage allen gesellschaftlichen Existierens betrifft, hat unsere Spezies bislang eher wenig dazugelernt. Die Beispiele dafür gibt es leider zu Genüge. Als pars pro toto: Statt aufzuhören, Wälder in großem Stil zu vernichten und abzuholzen (für was auch immer) und sich an die gut dokumentierten Beispiele im Mittelmeer-Raum zu erinnern, wo gigantische Abholzungen für Zwecke der marinen Kriegsführung, also den Schiffsbau und die Herrschaftsausweitung durchgeführt worden sind mit den bekannten Folgen, wird dieses Prinzip heute immer noch in extenso und entgegen aller Kenntnisse um die möglichen Folgen fortgeführt! Dabei werden Pflanzen- und Tierarten ausgelöscht, die wir nicht kennen, geschweige denn ihre Funktion für das Ökosystem. Obwohl inzwischen im Prinzip alle wissen, dass wir uns als Gattung damit selbst den Hahn abdrehen, den Ast absägen, auf dem wir sitzen, geht es mit zunehmender Geschwindigkeit dem Ende entgegen….