Magistratsgerangel: Wer macht in Kassel eigentlich die Stadtplanung?

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Wer ist in Kassel eigentlich für die kommunale Entwicklungsplanung zuständig? Das ist eine leichte Frage, könnte man meinen. Leicht zu beantworten deshalb, weil es ja in den meisten Kommunen dafür Planungsämter oder Ähnliches gibt und im Magistrat einen dafür zuständigen Dezernenten. In Kassel ist das aber anders. In unserer Stadt erfüllen diese wichtige Aufgabe vornehmlich der OB selbst und sein Kämmerer Dr. Barthel, der – wenn er nicht gerade als Sozialdezernent sein Unwesen treibt – selbst Schwimmbadstandorte festlegt und Gewerbegebiete entwickelt. Falls Sie – liebe Leser/in – das nicht glauben wollen: Es stimmt leider. Bedauerlicher Weise entstehen dadurch, dass die beiden SPD – Strategen im Kasseler Magistrat das große Planungsgeschäft selbst erledigen, leider keine Modellprojekte oder sonstwie Vorzeigbares, sondern das genaue Gegenteil. Entweder scheitern die Projekte der beiden Oberstrategen oder sie gehen erkennbar in die falsche Richtung. So hat sich der OB monatelang von einem windigen Investor an der Nase herumführen lassen. U.a. daran ist „sein“ Projekt der Multifunktionshalle auf den Giesewiesen im Süden der Stadt gescheitert. Unser Rat, auf ein realistisches Modell zu setzen und die vorhandene Eissporthalle mit klugen Investitionen in die „Neuzeit zu katapultieren“, ist natürlich nicht aufgegriffen worden. Aber auch nach dem peinlichen Scheitern des ersten Versuchs konnte der OB die Finger nicht von dem Ruhm und Stimmen versprechenden Projekt lassen. Ohne die notwendigen Standortuntersuchungen und -analysen gemacht zu haben, verspricht er dem zweiten Multifunktionshallen – Investor, Herrn Rossing – Tausende von Quadratmetern Rathausbüroflächen bei Salzmann in Bettenhausen, um dessen Investition rentierlich zu machen. Glücklicherweise wird er, aber nur weil gerade Kommunalwahlen sind, von den Grünen und ihrem für solche Projekte eigentlich zuständigen Bau- und Planungschef, Herrn Lohse, in letzter Minute aus gebremst. Jetzt steht Kassel, nach vielen Jahren selbstherrlicher, oberbürgermeistlicher Entwicklungsplanung in Sachen Multifunktionshalle, (die ja beileibe nicht nur für Sport wie Eishockey etc. hätte genutzt werden sollen), gänzlich ohne Halle da. Beim Schwimmbadthema sieht es leider nicht viel anders aus. Es wird zwar gebaut inzwischen, allerdings an der falschen Stelle. Und das, weil der SPD – Kämmerer, unbehelligt vom OB bzw. seinem damaligen Magistratskollegen, Herrn Witte, mit völlig verengtem Blickwinkel und ohne die Experten der Verwaltung in Ruhe die Lageuntersuchungen hinsichtlich der Eignung möglicher Standorte im Stadtgebiet in Ruhe abschließend durchführen zu lassen, einen napoleonischen Alleingang praktiziert hat. Das Ergebnis ist fatal. Statt die Versorgung der Stadtteile mit günstig zu erreichenden Bädern sicherzustellen, werden jetzt, auf Barthels Geheiß, erst mal zwei Standorte platt gemacht (City und Ost) und am Auedamm, an der sensibelsten Stelle im Stadtgebiet – mitten in der Aue – ein neues Spaßbad gebaut. Diese Fehlentscheidung wird viele negative und teuere Konsequenzen haben: Einerseits ist der Innenstadt (ganz ohne Not) eine wichtige und belebende Funktion entrissen worden, andererseits werden am Auedamm noch viele ergänzende Investitionen nötig sein, um das Schwimmbad dort einigermaßen erreichbar zu machen.

Jedes Jahr muss die KVG dafür 550.000 Euro zusätzlich ausgeben, dass das Bad mit dem Bus erreichbar ist. Besonders schwierig wird es für die Schul- und Kitakinder, die nun deutlich länger zum Schwimmbad brauchen als vorher. Von Ökologie, Hochwasserschutz und zukünftigen Mehr- und sonstigen Kosten ist hier noch gar keine Rede. Die Gesamtrechnung wird am Ende ohnehin der Kasseler Bürger aufgetischt bekommen. Ganz ähnlich sieht es mit der Gewerbentwicklung aus. Statt die interkommunale Zusammenarbeit voranzutreiben und städtische gewerbliche Brachflächen kreativ zu aktivieren, setzt Barthel einseitig auf den Ausbau des Langen Feldes im Süden der Stadt. Damit wird – ließe man Ökologie, Mikroklima, Verkehrsbelastung in der Frankfurter Straße und Kosten mal beiseite – das allerletzte Flächenpotential der Stadt verhökert. Auch dabei ist Dr. B. seit Jahren Motor und treibende Kraft. Einen Dezernenten für Planung und Entwicklung, der das gestoppt oder zumindest problematisiert hätte, den gab’s in Kassel in den letzten Jahren leider nicht.

Wir fragen uns: soll das so weitergehen in Zukunft? Müssen tatsächlich, obwohl die Stadtverwaltung Kassel im Planungsund Entwicklungsbereich ganz unstrittig mit ausreichender Sachkompetenz gesegnet ist, immer nur die Herren Barthel und Hilgen alles vorgeben und entscheiden? Wir meinen, dass sich zumindest nach den Wahlen die Konstellation in der Stavo und im Magistrat so verändern sollte, dass die Entscheidungen in den Zukunftsfragen der Stadtentwicklung wieder dort vorbereitet werden, wo der Sachverstand dafür vorhanden ist. Im Dezernat für Planen und Bauen. In diesem Zusammenhang noch ein kleines, aber wichtiges Detail am Rande: Jetzt, wo das Schwimmbad in der Mauerstraße, das Bad der kurzen Wege und der optimalen Erreichbarkeit, abgerissen werden soll, wird das Planungsamt beauftragt (laut HNA vom 24. Januar 2011), Analysen in Bezug auf die Folgenutzung anzustellen. Das ist gut so. Das Planungsamt kann das. In die Untersuchung soll sogar das parallel zur Kurt-Schuhmacherstraße hin vorgelagerte Diakoniegebäude mit einbezogen werden. Auch das ist richtig. Warum aber, Herr Dr. Barthel, haben Sie das nicht gleich gemacht? Zum einen das Planungsamt mit der Standortuntersuchung für das städtische Bäderkonzept beauftragt und zum anderen das nicht benötigte Gebäude der Diakonie Göttingen in die Planung für das neue Hallenbad mit einbezogen? Hätten Sie was vom Geschäft verstanden, hätten Sie das gleich so gemacht und wir hätten heute und für die Zukunft, das gehabt, was die Stadt, seine Bürger und Kinder brauchen: Ein renoviertes Flussbad in der Aue und ein schönes, neues Spaß-Hallenbad in der City mit der für alle Nutzer optimalen Lage. Aber auch da haben Sie nicht auf uns gehört. Wir hoffen, dass die Wähler ein gutes

Gedächtnis haben und sich an Ihre planerischen Fehlleistungen bei den Wahlen im März noch gut erinnern. Auch aus stadtplanerischer Sicht können wir nur zu einer Wahlempfehlung kommen: Wählen Sie am 27. März bei den OBWahlen Kai Boeddinghaus und bei den Kommunalwahlen die Liste der Kasseler Linken, die Liste 6.

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