An unterschiedlichen Stellen habe ich mich kritisch damit auseinandergesetzt, dass der Oberbürgermeister der Stadt Kassel, Herr Hilgen, immer wieder glaubte, sich mit städtebaulicher Entwicklung und architektonischen Großprojekten beschäftigten zu müssen. Aus heutigem Blickwinkel betrachtet wäre es besser gewesen, er hätte das gelassen. Denn die Ergebnisse sind alle negativ. Alles was er angepackt hat, ist schlicht gescheitert, gegen die Wand gefahren worden. Das hat mit links und rechts, mit Parteipolitik oder so nichts zu tun. Gar nichts. Es sind einfach die Fakten. Multihalle auf den Giesewiesen: Fehlanzeige. Dieselbe Halle bei Salzmann: Fehlanzeige. Technisches Rathaus bei Salzmann: Fehlanzeige. 3 Versuche, 3 Misserfolge! Verantwortlich: Chefentwickler und OB Hilgen….

Das Industriedenkmal der Stadt Kassel - Salzmann!

Das Industriedenkmal der Stadt Kassel – Salzmann!

 

Die Ursachen dieses Scheiterns sind – zugegeben – komplex. Aber wenn man lauthals solche komplizierten und schwierigen Projekte zur Chefsache erklärt, den eigentlich zuständigen Baudezernenten (das war damals Herr Witte) in die Besenkammer sperrt und zum Statisten degradiert (ob dem das damals wohl gefallen hat??), dann darf man sich nicht wundern, wenn solche Projekte in die Hose gehen. Es wäre besser gewesen, wenn der OB von solchen Dingen Ahnung gehabt oder gleich seine fähigen Experten aus der Verwaltung ran gelassen hätte. „Hätte, hätte, Fahrrad-Kätte!“, so ulkte des OB’s Parteikollege Steinbrück schon bei der letzten Bundestagswahl! Aber der OB hat halt niemanden anders ranlassen wollen, sondern wollte selbst an den großen Legokasten: unbedingt! Und nun haben wir den Salat. Keine Multihalle, nirgends und auch kein technisches Rathaus bei Salzmann. Ob das alles – aber das nur nebenbei – am Ende gute Lösungen geworden wären, ist noch eine ganz andere Frage, aber auch Kaffeesatzleserei, weshalb das hier nicht weiter verfolgt werden soll…

Wer viel Zeit hat, kann und darf sich die Mühe oder vielleicht sogar das Vergnügen machen, im „Polit-Organ“ der Kasseler Linken oder hier in der Kassel-Zeitung nachzulesen, was ich mir schon alles zu diesem Thema abgerungen habe…

Dabei wird der aufmerksamen Leser*in auffallen, dass ich vor einigen Wochen noch voller Hoffnung war, dass nach den oben erwähnten Pleiten nun nicht nur der Planungsprozess um die Aufwertung des Kasseler Ostens von Herrn Nolda, dem grünen Baudezernenten und Nachfolger von Herrn Witte, verantwortet wird, sondern natürlich auch die Fortführung des Salzmann-Erhaltungsprojekts. Gerade nach dem peinlichen Scheitern des Rathaus-Projektes und dem Verkauf des Industriedenkmals durch Rossing an einen Investor für Wohnungsbau schien es so, als ließe der OB nun die Finger von solchen Aufgaben. In meiner Kasseler Osten-Trilogie habe ich das eingangs so formuliert:

Auch der Vorrang für das Wirken von Fachleuten ….. scheint von der politischen Führung der Stadt nicht mehr angefochten zu werden. Insofern ist es nur folgerichtig, dass der grüne Bau-und Planungsdezernent, Herr Nolda, die Steuerung des Prozesses jetzt zu seiner Sache gemacht hat.

Aber das scheint nun doch wieder nichts zu werden. Während die wenigen Dialogveranstaltungen zum Kasseler Osten tatsächlich von Herrn Nolda in Szene gesetzt wurden (mit kritischen Bemerkungen von der einen oder anderen Seite), hört man in den Wandelhallen des Rathauses, dass OB Hilgen nun doch wieder das weitere Procedere um das Baudenkmal Salzmann selbst in die Hand nehmen will und wird? Vermutlich hängt es mit den kommenden Wahlen 2016 zusammen, denn die werfen schon jetzt ihre Schatten voraus. Der OB braucht unbedingt vorzeigbare Erfolge. Denn wer will schon im Frühjahr 2016 den Slogan plakatieren: Wählt mich, den alten und den neuen OB! Wer mich wählt, wählt das sichere Scheitern! Nein, das will keiner, das verstehe sogar ich. Was ich aber nicht verstehe ist, dass sich die Grünen als Partei und Koalitionspartner und Herr Nolda als zuständiger Baudezernent im Kasseler Magistrat vom OB so einfach die Butter vom Brot nehmen lassen?

Deshalb wiederhole ich: Das Salzmann – Projekt gehört, gerade nach der Vorgeschichte mit dem peinlichen Dilettantismus des Kasseler OB’s – in sensible Profihände. Und statt purem Wohnungsbau, was an dieser Stelle von Bettenhausen alles andere als sinnvoll ist, gehört ein kreatives Konzept entwickelt für den langfristigen Erhalt des Denkmals, für Nutzungsmischung mit Wohnen, Gewerbe und Dienstleistungen und für die Integration von Gewerbe, Kunst und Kultur! Und das alles zusammen mit der Initiative „Rettet Salzmann“!

Bau- und planungsrechtlich ist reines Wohnen auf diesem Areal im Übrigen gar nicht möglich. Und so ist zu hoffen, dass die Stadt dem oben erwähnten Wohnungsbau-Investor kein Baurecht einräumt. Die Stadt sollte auf keinen Fall einen Bebauungsplan beschließen, der monostrukturierten Wohnungsbau zulässt. Vielmehr sollte sich die Stadt auf die Suche nach einem kompetenten, mit entsprechenden Erfahrungen ausgestatten Investor machen, der weiß, wie man mit einem solchen Industriedenkmal in einer solchen Lage umgeht. Ein solcher Investor sollte entsprechende Erfolge vorzuweisen haben. Solche kompetenten und erfahrenen Investoren gibt es! Wen’s interessiert, der kann das z.B unter spinnerei.de selbst nachlesen.

Wenn Kompetenz, Phantasie, Engagement und Durchhaltevermögen zusammenkommen, wenn sich in Politik und Verwaltung diejenigen durchsetzen, die von der Sache Ahnung haben, dann, ja dann könnte das Industriedenkmal Salzmann wieder eine Zukunft haben, eine rosige sogar. Salzmann könnte zu einer richtigen städtebaulichen Perle werden. Genau das hat die Stadt Leipzig mit der alten Spinnerei und einem engagierten und kompetenten Investorenteam vorgemacht. Warum sollte das in Kassel nicht möglich sein?

Auf Einladung von Herrn Schleising, Vorsitzender des Ortsbeirates Unterneustadt, bin ich am 17. Juli zur Sitzung eben dieses Ortsbeirats getigert…. Grund, Hintergrund: die unsägliche Genehmigung für mehrere Dalben bzw. Bootsanleger für zwei große, zweistöckige Hausboote vor dem Unterneustädter Park und verschiedentliche Veröffentlichungen in der HNA und in der Kassel-Zeitung. Ein heißer Abend im idyllischen Kleingartenverein Schwanenwiese – in jeder Hinsicht. Freunde meinten: warum rennst du da hin? Deine aktive Unterneustadtzeit ist doch vorbei und ob da nun ein Boot vor dem Park liegt, auch wenn es vielleicht nicht der ideale Standort dafür ist, was soll’s? Boote gehören doch auf die Fulda und du wolltest doch selbst auch immer den einen oder anderen Investor überzeugen, an der Fulda in diese interessante Bauform zu investieren? Das Problem ist doch eigentlich gar keins. Es gibt Wichtigeres.

Ob und was an dem Thema wichtig ist, muss jeder selbst entscheiden. Für mich jedenfalls ist es von erheblicher Bedeutung, wenn in einer Stadt, die mit städtebaulichen Volltreffern aufgrund ihrer spezifischen Wiederaufbaugeschichte und den vielen Fehlern, die „sie“ sich leider immer wieder leistet (Salzmann, Stadtbad Mitte, Finanzamt etcpp.), eher nicht gesegnet ist, solche Missgeschicke passieren. Denn – um es überdeutlich und glasklar – zu sagen: Das Missgeschick, um das es hier geht, ist alles andere denn eine Kleinigkeit. Vor der Kulisse dessen, was in Form des Rondells vom Schloss übriggeblieben ist und der imposanten, historischen Flussmauer, möchte sich ein Unternehmer, den die HNA als „vielseitig“ bezeichnet, mit seinen Ideen austoben! Das ist ein Unding, das geht gar nicht. Dafür gibt es an der Fulda geeignetere Stellen. Ich kenne viele davon gut. Aber hier, unmittelbar vor dem öffentlichen Park, vis-à-vis des Rondells, ist bestimmt nicht der richtige Ort für derartige Experimente.

Damit ich mich nicht unnötig wiederhole: Die Frage, wo der geeignete Ort ist für Hausboote auf der Fulda, muss von den planenden Instanzen der Stadt entschieden werden, von niemandem sonst. Auf Deutsch: vom und im Planungsamt, nomen est omen! Was letztlich in der Kooperation zwischen dem Wasser- und Schifffahrtsamt in Hann. Münden und verschiedenen Rathausämtern im Detail alles schief gegangen ist, sollen die dafür Zuständigen aufklären, nachträglich beheben (wenn möglich) und für die Zukunft aus dem Debakel lernen. Möglicherweise müssen sich noch ein paar Juristen damit rumschlagen. Das alles ist eher keine journalistische Aufgabe. Planerisch ist jetzt erst mal das Planungsamt resp. die Bauaufsicht am Zug!

Schwierig für den noch ganz „frischen“ Amtsleiter und die zuständige Kollegin des Planungsamtes war der Auftritt im Ortsbeirat an diesem Abend allemal. Die Unterneustädter*innen waren über viele Jahre einen anderen Umgang mit Rathaus und Projektentwicklungsgesellschaft Unterneustadt (PEG) gewöhnt. Und nun will „man“ ihnen kommentarlos und aufgrund einer ganzen Serie von behördlichen Fehlhandlungen zwei recht voluminöse schwimmende Kisten vor die Nase setzen. Erfahren haben sie es, wie der Rest der Kasseler Stadtbürger auch, als die Bagger des Unternehmers Grone ihren Weg durch den kleinen (aber feinen) Park in der Unterneustadt pflügten. Wir hoffen, dass bei der Recherche, wie das Debakel hat passieren können, Erkenntnisse erwachsen, die es erlauben, die erteilten Genehmigungen doch noch zurück zu nehmen. Mit Geld lassen sich ja vielleicht auch solche Wunden heilen, weil man Herrn Grone ja nur einen alternativen Standort zuweisen muss. Und Platz dafür gibt es an Fulda zur Genüge! Das alles, incl. aller Unzulänglichkeiten auf Seiten der städtischen Ämter (Untere Wasserbehörde, Gartenamt etc.), erklären zu müssen, ist keine schöne Aufgabe gewesen. Denn Herr Mohr, der neue Amtsleiter, war zu dem Zeitpunkt, als das Kind hier in Kassel in den Genehmigungs-Brunnen gefallen ist, noch gar nicht im Amt.

Zum Auftritt von Herrn Grone, der sich an diesem Abend in die „Höhle des Löwen“ wagte, ist folgendes zu sagen: Ein so gewandter, auf vielen Parketts beheimateter Herr muss doch wissen, wo in einem Rathaus nicht nur der Eingang ist, sondern auch, wo man die Ansprechpartner für ein derartiges Projekt, wie er es im Auge hat, findet? Wer die HNA vom 19. Juli liest, wird feststellen: Der Mann hat so gut wie alles schon gemacht. Aber trotz seines Überblicks hat es Herr Grone punktgenau unterlassen, im Planungsamt aufzuschlagen. Statt dort eine planerische, rechtliche und räumliche Grundsatzentscheidung herbeizuführen und zu klären,

• ob denn seine Flusshäuser-Idee zu den Entwicklungszielen der neuen Unterneustadt passt,
• ob denn die denkmalpflegerisch hochsensible Situation zwischen den beiden Brücken zwei zweistöckige Boote verträgt und
• ob es überhaupt Chancen für eine Baugenehmigung gibt geschwiege denn Erschließungsmöglichkeit mit Strom, Frischwasser und Abwasser etc.,

wurschelt er sich geschickt zwischen Wasser- und Schifffahrtsamt, Gartenamt und Unterer Wasserbehörde so lange durch, bis er die Dalben bauen darf. Auch wenn das ein Schildbürgerstreich ersten Ranges von allen beteiligten Behörden ist, es ist auch ein Stockfehler des Unternehmers. Denn, man höre und staune – so jedenfalls der neue Leiter des Planungsamtes am besagten Abend im Ortsbeirat: Das, was die Öffentlichkeit via HNA zu sehen und lesen bekommen hat, die Ideen und die Fotomontagen der beiden Hausboote von Herrn Grone, lag der Genehmigungsbehörde (und das ist nun mal das Amt für Stadtplanung und Bauaufsicht) zumindest bis Mitte Juli nicht vor. Ganz davon abgesehen gab die Fotomontage die Größenverhältnisse nur völlig verzerrt wieder. Fast könnte man von legoähnlichen Miniaturen sprechen, nicht aber von einer maßstabsgetreuen Wiedergabe der Verhältnisse, wie sie später bei der Errichtung von zwei recht voluminösen zweigeschossigen Flussbooten entstehen würden. Dahinter vermuteten einige wütende Zuhörer im Ortsbeirat Absicht. Zu Recht oder nicht, das lässt sich von hier aus nicht entscheiden.

Da redet und schreibt alle Welt über die tollsten Sachen, die an der Fulda vielleicht bald passieren sollen, die Genehmigungsbehörde ist aber noch gar nicht eingeschaltet. Das heißt: Das Rennen ist noch offen, behördliche Fehler können noch geheilt, dem Unternehmer könnte noch eine andere Fuldastelle zugewiesen werden. Leicht ist das alles sicher nicht. Aber möglich.

Für die Unterneustädter und ihren Ortsbeirat gilt: am Ball bleiben und sich weiterhin sträuben gegen diesen vermeintlichen unabwendbaren Unsinn. Vielleicht muss man ja am Ende mit den versehentlich genehmigten Dalben leben. Sensibel koloriert und als Start- und Landeplatz für verschiedene Vogelarten: Das könnte gehen. Alles andere nicht! Und flußauf- wie -abwärts gibt es reichlich Platz und Chancen für Herrn Grones Ideen, so sie denn am Ende was taugen und genehmigungsfähig sind!

Was für ein Widersinn: Statt am Tag des gutbesuchten Jubiläums, dem 14. Mai 2014, anlässlich des 40jährigen Bestehens des Zweckverbandes Raum Kassel (ZRK*) sich selbst und allen anderen zu demonstrieren, wofür so ein Verband gut ist oder sein könnte, führt er das Gegenteil vor. Zum wiederholten Mal wird gezeigt, nach allen Regeln der Kunst, dass die wichtigen, selbst aufgestellten, selbst erarbeiteten Ziele und Prinzipien des Verbandes nicht das Papier wert sind, auf dem sie gedruckt sind. Worum es auch an diesem Tag wieder ging: um die schlichte und banale Durchsetzung kurzsichtiger Partikularinteressen einer der Mitgliedsgemeinden. In diesem konkreten Fall drehte es sich um Schauenburg. Leider, das wird mir immer klarer, ist das ganz offensichtlich das „Kerngeschäft“ des ZRK!

Worum es ging? Es sollten mal wieder Flächennutzungspläne, die man selbst aufgestellt und beschlossen hatte, geändert werden. Im konkreten Fall mit dem Ziel, an den Rändern von Schauenburg zusätzliche 1,7 Hektar Wohn- und Gewerbeflächen auszuweisen. Ganz ohne Sinn und Verstand, vor allem aber – wie ich noch zeigen werde – nicht nur gegen selbst beschlossene und rechtkräftige Flächennutzungspläne, sondern auch und vor allem gegen die in zentralen Dokumenten niedergelegten und selbstauferlegten, sehr wohl Sinn machenden Zielvorstellungen.

Kurz die Details: Obwohl Schauenburg mit seinen kleineren Trabanten im Prinzip eine stagnierende, leicht schrumpfende Bevölkerungsentwicklung aufweist, sollen mehr und zusätzliche Bauflächen für Einfamilien- und Reihenhäuser ausgewiesen werden. Dafür werden zwei kleine (offensichtlich nicht so gut zu vermarktende) bereits vorhandene Bauflächen an den Rändern von Elmshagen und Martinhagen zurückgenommen und dafür neue Flächen in einer Größenordnung von 6,5 Hektar im Ortsteil Elgershausen neu ausgewiesen. Das dabei herauskommende Plus an Neubauflächen beträgt 1,7 ha. In Anbetracht der Tatsache, dass in der BRD nach wie vor weit über 100 ha pro Tag (!!) an Acker-, Grünland- oder Waldflächen „verbaut“ bzw. „verbraucht“ – man könnte auch sagen „verbraten“ – werden, sollte man eine solche Entwicklung nicht auf die leichte Schulter nehmen. Denn jeder weiß im Prinzip: Das hat negative Folgen, vor allem jedoch erhebliche klimatisch-ökologische Nachteile. Und im vorliegenden Fall sollen ja auch keine hochverdichteten, ökologischen, flächensparenden, ressourcenschonenden Gebäude im Inneren des Ortes errichtet werden (wie z.B. Passivhäuser), vielmehr schlichte und stinknormale Einfamilienhäuser am Rand einer Gemeinde. Ganz so, als gäbe es das selbst aufgestellte und beschlossene SIEDLUNGSRAHMENPROGRAMM 2015 nicht!

Dort, das ist das Pikante, hat der ZRK für sich selbst, das heißt für das ganze Verbandsgebiet, quasi das Gegenteil beschlossen. Unter Punkt „Grundsätze und Ziele der Siedlungsentwicklung“ heißt es dort, fast wörtlich zitiert, u.a.:

• Es werden qualitativ hochwertige, ressourcenschonende und variable Bauformen angestrebt…
• Durch verstärkte Mischnutzung und konsequente Innenentwicklung (z.B. mit Arbeitsplatzbezug) soll ein „Raum der kurzen Wege“ entwickelt werden…
• Die Verbandskommunen tragen (in Bezug auf die Versorgung mit Wohnraum) eine besondere Verantwortung für einkommens- und sozialschwache Bevölkerungsschichten…
• Ein möglichst hoher Anteil des Wohnungsneubaus soll in Baulücken, durch Anbauten und nicht flächenwirksamen Baumaßnahmen wie Dachgeschossausbau und Aufstockung (also im Bestand) realisiert werden…
• In Neubaugebieten werden Mindestdichtewerte von bis zu 45 WE/ha (Obergrenze) vorzusehen…

Die Zitate, die in diese Richtung gehen, ließen sich noch fortsetzen. Aber das langweilt, weil sich ja offensichtlich nicht einmal die Parlamentarier eben dieses Verbandes dafür interessieren! Diesen Eindruck hatte ich jedenfalls, als ich ihnen im Mai bei der in Rede stehenden Sitzung ihre selbstgefassten Beschlüsse einschließlich einiger Kommentare vorlas und vorhielt. Und für das, was ich hier zum Ausdruck bringen möchte, reicht das oben Zitierte allemal. Man darf also ruhig davon ausgehen, dass der Verband und seine Gremien, die Verbandsversammlung und die dorthin delegierten Vertreter sehr wohl um das Problem der unsinnigen, teuren, ökologisch bedenklichen Zersiedelung der Landschaft wissen. Sonst hätten sie ja diese Beschlüsse nicht gefasst. Sie sind ihnen aber wurscht und egal. Man könnte sagen, wenn das nicht unanständig wäre, dass sie ihnen am Arsch vorbei gehen.

Für den Fall, dass der/die geneigte Leserin nun meint: was bleibt denn einer Gemeinde (und damit dem ZRK) anderes übrig, wenn es Bauwillige gibt, die es in die jeweiligen Gemeinden zieht, dort aber keine Bauplätze finden können? Wenn dem so wäre, gäb’s tatsächlich ein Problem. In der Wirklichkeit jedoch, über die wir hier reden, existieren jedoch – nach dem aktuellen Statusbericht zum Siedlungsrahmenkonzept des ZRK – allein in Schauenburg 175 Baulücken (nein, das ist kein Tippfehler!!), die in der Summe eine Fläche von über 24 Hektar ergeben! Was es mit diesen Baulücken (solche gibt es in den anderen Gemeinden natürlich auch und erst recht in Kassel!) auf sich hat, wie sie zu vermarkten wären, was es dabei für Probleme geben kann etc. – das ist durchaus Stoff für einen weiteren Artikel zu diesem Thema.

Meine Hypothese: Das Wissen um die beschriebene Problematik ist bei den meisten Vertretern im Zweckverband durchaus vorhanden, sonst wären ja die zitierten Beschlüsse nicht zustande gekommen. Dieses Wissen ist jedoch immer dann nichts mehr wert, wenn es um die jeweils spezifischen Interessen der Einzelgemeinden geht. So war das in den vergangenen Jahren, so war das auch beim hier geschilderten Fall: Man setzt sich über besseres Wissen einfach hinweg. Und weil in dieser Sitzung Schauenburg sein Baulandpotential erweitern durfte, ist beim nächsten Mal eine andere Gemeinde dran, oder gleich Kassel, das sich gerade bei diesen Fragen keinen Deut besser verhält und keinerlei Vorbildfunktion übernimmt. Die Argumente sind immer dieselben: Es ist so schwer, die Baulücken in den Markt und an die Bauwilligen zu bringen und so leicht, einfallslose Neubaugebiete an den Rändern der Gemeinden, die zum ZRK gehören, aus dem Boden zu stampfen.

*Was ist der Zweckverband genau?
Der Zweckverband (ZRK) ist eine bedeutsame kommunalpolitische Instanz. Nach seiner Satzung und Geschäftsordnung hat dieser Verband nicht nur die Aufgabe für alle Gemeinden und Städte, die ihm angehören – als da sind Kassel, Ahnatal, Baunatal, Calden, Fuldabrück, Fuldatal, Kaufungen, Lohfelden, Niestetal, Schauenburg und Vellmar – den Kommunalen Entwicklungsplan, den Flächennutzungsplan, den Landschaftsplan und sonstige gemeindeübergreifende Entwicklungsmaßnahmen aufzustellen und fortzuschreiben. Der ZRK ist darüber hinaus auch mit der Wahrnehmung von interkommunalen Aufgaben und Projekten dann zuständig, wenn er hierfür einen Auftrag erhält. Hierzu gehört z.B. das interkommunale Projekt des Güterverkehrszentrums. Auch beim Flughafen Calden ist der ZRK eingebunden, u.a. bei der Entwicklung eines neuen, rund 80 Hektar großen Gewerbegebiets im Bereich alten Flughafens. Man kann sagen, dass praktisch bei allen relevanten raumgreifenden oder raumbeanspruchenden Maßnahmen der ZRK – meist über die Flächennutzungsplanung – mit im „Geschäft“ ist.

So ist er halt, der Dr. Reuter: Zack (so schnell kann man gar nicht Luft holen) haut er einen „Aufschlag“ raus, mit dem ich – als geforderter und ausgewählter Duellant – so gar nicht einverstanden bin. Nicht nur mit meiner persönlichen Vorstellung, die ich gar nicht für notwendig hielt! Zum anderen gefällt mir das Wort „Weltverbesserung“ resp. Weltverbesserer überhaupt nicht: von der Sorte gibt es schon genug.
Was die Vokabeln Klimawandel, Nachhaltigkeit und Menschenrechte angeht bin ich der Auffassung, dass man sie nicht meiden sollte, weil andere sie zur Vernebelung und zum Belügen nutzen: Mit dem richtigen Inhalt gefüllt, der richtigen Definition versehen, sind sie durchaus brauchbar. Auch inflationärer Gebrauch bestimmter Begriffe macht diese nicht per se schlecht. Und ob wir jetzt mit der Reuter‘schen „Klimaverwandlung“ den Nagel auf den Kopf getroffen haben, wird sich noch zeigen….
Es gibt noch ein Problem: Dr. Reuter meint, der Dialog sollte in jeweils nur und ausschließlich kurzen Statements erfolgen, weil heute kein Schwein mehr lange Texte lesen will, zumindest im Internet nicht. Ich werde mich für den Anfang erst mal nicht dran halten, dafür will ich aber versuchen, meine Grund- und Ausgangsthese in wenigen Worten zusammenzufassen; ein „wenig“ Text drum rum schiebe ich dann noch nach!
Meine Haupt- und Eingangshypothese: unsere Spezies ist empfindlicher, als viele denken. Wir sägen den Ast, auf dem wir sitzen, schlicht ab! Damit rsikieren wir unsere Selbstabschaffung!

Die im Wesentlichen mit dem Neolithikum einsetzenden kulturellen, industriellen, informationellen Revolutionen, aufgesattelt auf der (biologischen) Evolution, haben uns bei allen stattlichen „Erfolgen“ (was ist das genau, Erfolg?) immer noch eine ausgesprochen empfindliche, sensible Spezies bleiben lassen. Wir können in großen Einheiten (bald 10 Milliarden) nur in bestimmten Breiten, in einem bestimmten Klima, auf bestimmten Böden etc. leben und den Metabolismus mit der Natur bewerkstelligen: zur Nahrungserzeugung, zum Wohnen, für Mobilität… Zum Existieren! All das ist bei der aktuellen Wirtschaftsweise hochgradig gefährdet! Das vieldebattierte Klima ist dabei nur einer von vielen bedeutungsvollen Aspekten, die für unsere weitere Existenz wichtig sind. Genaus so bedeutsam sinddie Themen Wasser, Boden, Luft, Bodenschätze, Energieversorgung, Müll, Meeresverschmutzung…. Ich persönlich bin davon überzeugt, dass die vielen krisenhaften Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte erkennen lassen, dass unsere Spezies ganz offensichtlich nicht – allen erstaunlichen Leistungen auf Teilgebieten zum Trotz – fähig ist, die Wende hin zu einer natur- und sozialverträglichen Wirtschaftsweise einzuleiten. Mit Pessimismus hat das weniger zu tun, denn mit Realismus. Der Mahner gibt es viele – aber noch mehr Gesundbeter sind allerorten am Start. Und ich darf vermuten, dass Dr. Reuter letztlich so einer ist. Einer mit, wie wir bestimmt sehen bzw. lesen werden, guten Argumenten?

Wie lange haben wir noch Zeit für eine Wende hin zu einem dauerhaft bewohnbaren Planeten Erde!

Um der Menschheit ein (relativ) baldiges Ende auf der Erde zu prognostizieren, muss man nicht auf Reinhard Jirgl zurückgreifen. In seinem letzten Roman „Nichts von Euch auf Erden“ plumpst am Ende des 5. Jahrhunderts des 3. Jahrtausends n.C. ein abgesprengter Teil des Mars auf die Erde. Dieser Impact vernichtet – wohl für immer – alles organische Leben auf der Erde. Die Katastrophen am Ende des Kambriums vor rund 500 Mio. Jahren oder vor 65 Mio. Jahren durch den Meteoriteneinschlag vor Mexiko, der die Saurier vom Thron der Arten stieß, waren ein Fliegenschiss gegen diesen Aufprall…. Während es bei derartigen (nicht menschengemachten) galaktischen Zusammenstößen zwischen durchs Weltall irrenden Festkörpern mit unserem Planeten bisher immer noch ein paar Prozent überlebende und durchhaltende Arten gab, denen die Katastrophe neue Chancen und Möglichkeiten eröffnete (wie den noch kleinen Säugetieren nach dem Impact vor 65 Mio. Jahren bis hin zum bis heute andauernden „siegreichen Durchmarsch“ des Homo sapiens), so wird nach der Kollision mit Teilen des Mars in Bezug auf organisches Leben alles und dauerhaft auf Reset gestellt. Soweit Jirgl.

Wer es nicht mit den in SF-Tunke getauchten dunklen Vorahnungen von Herrn Jirgl hält, kann auch gern die mehr als zahlreichen wissenschaftlichen Arbeiten zum Thema Klima, Überbevölkerung, Wüstenbildung und Zunahme verschiedener mehr oder weniger großer Katastrophen aller Art studieren oder sich vom Wachsen der Müllberge, der Meeresverunreinigung und der Fischvernichtung etc. beeindrucken und/oder inspirieren lassen. Allein die Themenbereiche aufzuführen, die beschreiben, wo es für das Überleben des Menschen eng und kritisch werden könnte, würde den Rahmen dieses Intros sprengen. Und wer weder mit Jirgl oder anderen klugen Science Fiction-Autoren noch mit den Wissenschaften zu tun haben will, der kann – so er möchte – aus der Geschichte menschengemachter, zurückliegender Katastrophen lernen und seine Schlussfolgerungen ziehen. Viel Erhellendes kann da entdeckt und studiert werden: Vom Abholzen der Wälder ums Mittelmeer herum durch Griechen, Phönizier, Römer u.a. (mit Folgen bis heute) bis hin zum aktuellen Roden und Verbrennen der Wälder u.a. im Amazonas-Becken aber auch in Kanada und anderswo.

Während individuelles Lernen da und dort durchaus von Erfolg gekrönt sein kann, sind die Versuche der Gattung Homo – trotz umfangeichen Anschauungs- und Lehrmaterials aus dramatischen, selbstverschuldeten Katastrophen aller Art – relevant dazuzulernen, bislang von Scheitern geprägt. So wie „die Menschen“, Völker, Nationen und Parteien nach dem Gemetzel, Vergasen und Vernichten von Abermillionen von Menschen im 2. Weltkrieg nur neue Kriege vom Zaun gebrochen haben, so wird in Bezug auf die natürlichen Grundlagen unseres Lebens hier auf dem Planeten keine Rücksicht genommen. Was den Metabolismus mit der Natur, die Grundlage allen gesellschaftlichen Existierens betrifft, hat unsere Spezies bislang eher wenig dazugelernt. Die Beispiele dafür gibt es leider zu Genüge. Als pars pro toto: Statt aufzuhören, Wälder in großem Stil zu vernichten und abzuholzen (für was auch immer) und sich an die gut dokumentierten Beispiele im Mittelmeer-Raum zu erinnern, wo gigantische Abholzungen für Zwecke der marinen Kriegsführung, also den Schiffsbau und die Herrschaftsausweitung durchgeführt worden sind mit den bekannten Folgen, wird dieses Prinzip heute immer noch in extenso und entgegen aller Kenntnisse um die möglichen Folgen fortgeführt! Dabei werden Pflanzen- und Tierarten ausgelöscht, die wir nicht kennen, geschweige denn ihre Funktion für das Ökosystem. Obwohl inzwischen im Prinzip alle wissen, dass wir uns als Gattung damit selbst den Hahn abdrehen, den Ast absägen, auf dem wir sitzen, geht es mit zunehmender Geschwindigkeit dem Ende entgegen….

Der Autor dieser Zeilen hat sich, ohne dass die Rechtsabteilung des Wasser- und Schifffahrtsamtes (WSA) von Hann. Münden bislang eine Gegendarstellung gem. Presserecht erstritten oder durchgesetzt hätte, bei diesem Artikel hier hier ein wenig vertan, ein kleines bisschen vergaloppiert. Insofern, als er nach dem jetzigen Stand der Dinge bzw. der letzten Veröffentlichung der HNA vom 27. Juni zu den Dalben- bzw. Pfählen für einen Bootsanleger am Ufer des kleinen Parks in der Unterneustadt nicht erkannte, dass an der sehr an Schilda erinnernden Story die Verwaltung der Stadt Kassel doch auch beteiligt war. Das macht die Angelegenheit nicht besser, eher schlimmer.

Auch wenn die zuständigen Akteure im WSA jetzt nur gefühlte 50 Prozent der Verantwortung für diese ultradämliche Genehmigung tragen und die Stadt Kassel mit ihrer Unteren Wasserbehörde die anderen 50 Prozent: Am kritisierten Tatbestand – dass die Genehmigung an dieser Stelle der Fulda keinen Sinn macht und dass unter allen Umständen eine Abstimmung mit dem Bau- und Planungsdezernat und den Institutionen vor Ort (Ortsbeirat z.B.) hätte erfolgen müssen – ändert das nichts. Gar nichts. Es ist jetzt vielmehr so, dass die Beteiligung eines der Ämter der Stadt Kassel die ganze Sache noch pikanter macht. Warum?

Eigentlich muss der für Planung und Bauen zuständige Teil der Stadt, das ist das o.a. Dezernat, dem heute Herr Nolda von den GRÜNEN vorsteht, wissen und erfahren, was in der Stadt auf diesem Sektor so passiert. Wer wann wen worüber zu informieren hat, wann und wie genau sich die Untere Wasserbehörde mit dem Planungsamt rückkoppelt, muss der Planungschef, ganz unabhängig von der Person, im Detail nicht unbedingt wissen. Aber er muss unbedingt erfahren, wenn wie hier – bei diesem schildbürgerstreichähnlichen Genehmigungsvorgang in der Unterneustadt – für weitgreifende Erlaubnisse ein öffentlicher Park, der planungsrechtlich für eine öffentliche Nutzung gewidmet ist, privat angeeignet und mit großen Baumaschinen umgepflügt wird, was u.a. mit erheblichen Schäden an der vorhandenen Vegetation verbunden ist. Das allerdings muss ein Bau- und Planungsdezernent sehr wohl wissen.

Außerdem nimmt ja ein Projekt Schaden, für das die Stadt Kassel, lang ist’s her, u.a. Preise dafür entgegennehmen durfte, dass sie es fertigbrachte, auf vorbildliche Weise die Bürger dort in den Planungs- und Realisierungsprozess über viele Jahre hinweg einzubeziehen. Inzwischen hat man das im Rathaus wohl vergessen?

Der Autor stellt deshalb abschließend fest: Der Amtsschimmel wiehert immer noch, allerdings nicht nur – wie im ersten Teil des Berichts festgestellt – in Hann. Münden, sondern eben auch in Kassel. Es steht zu hoffen, dass Herr Nolda (auch wenn er zu der Zeit, als „seine“ Untere Wasserbehörde“ die peinliche Genehmigung für den diskutierten Bau der Dalben erteilte, noch nicht in Amt und Würden war), zukünftig für klare Planungs- und Genehmigungsabläufe und eindeutige Zuständigkeiten sorgt, damit Derartiges zukünftig nicht mehr passieren kann.

Die Überschrift des zweiten Artikels zum Thema wurde vor dem Hintergrund des oben Geschilderten geändert in: Kassel – Schilda – Hann. Münden!

Wer sich mit dem Thema der weiteren Entwicklung des Kasseler Ostens beschäftigen möchte, kommt an einigen grundsätzlichen Überlegungen und Vorgaben für einen so komplexen Planungsprozess nicht vorbei. Solche Überlegungen gibt es durchaus auch bei den Bemühungen der Stadt, dem Osten Kassels einen positiven Entwicklungsschub zu verpassen. Diese aber werden konterkariert durch parallele Fehlentwicklungen und -entscheidungen, die alles andere als geeignet sind, die vollmundig propagierten Ziele am Ende auch zu erreichen.

Der Autor dieser Zeilen hat sich in der Kassel Zeitung – Der Kasseler Osten – Perspektiven und Ansätze für eine professionelle, erfolgreiche Entwicklungsplanung mit Folge 2 und Folge 3 schon einmal mit dem Kasseler Osten auseinandergesetzt. Wer es gerne kürzer und knapper hat, ist mit diesem Artikel hier besser bedient. Er ist auch in Bezug auf die neuen Entwicklungen, insbesondere beim Industrie-Denkmal Salzmann, ein wenig aktueller.

Wenn es die Stadt wirklich ernst meint mit ihrer Propaganda zum Kasseler Osten, einem der klassischen Stiefkinder der Stadt, sollte sie unbedingt die im Folgenden vorgetragenen Essentials berücksichtigen und sich zu Herzen nehmen.

Was natürlich gar nicht geht, ist: Die Entwicklung des Kasseler Ostens werbewirksam zu propagieren und gleichzeitig mit der Motorsäge an wichtigen Stützen des Bildungswesens Einschnitte vorzunehmen. Die in jeder Hinsicht kritikwürdige Schließung der Eichendorff-Schule in Bettenhausen ist bildungspolitisch blanker Unsinn, ein Offenbarungseid. Wer so etwas macht, muss sich fragen lassen, ob er es ernst meint mit den hoch gesteckten Planungszielen. Wer eine preisgekrönte Schule, die für die vorbildliche Integration von Kindern und Jugendlichen aus sozial schwachen Familien hervorragende Arbeit geleistet hat, kaltherzig dicht macht (um zu sparen), spart am falschen Ende!

Und noch etwas: Wenn die städtischen Bemühungen am Ende von Erfolg gekrönt sein sollen, müssen sich Profis um die Sache kümmern. Fehlschläge, wie bei den Versuchen des Oberbürgermeisters, das Industriedenkmal Salzmann mit Multi-Halle oder technischem Rathaus zu retten, sollten zukünftig tunlichst unterbleiben.

Der Kasseler Osten, mit seinen Stadtteilen Unterneustadt, Bettenhausen, Forstfeld und Waldau, ist ein Areal mit vielen Problemen und noch mehr Potentialen. Diese gilt es zu erkennen, herauszuarbeiten und zu entwickeln. Vor allem aber kommt es darauf an, den Prozess nicht an – recht willkürlichen – Stadtgrenzen einfach enden zu lassen, sondern mit den Nachbargemeinden Niestetal, Kaufungen, Lohfelden und Fuldabrück intensiv zu kooperieren. Auf eine Regionalreform zu warten, die so etwas ggf. erleichtert, lohnt nicht. Es nützt auch nichts, groß angelegte Debattenveranstaltungen über die HNA zu bewerben und nach 2 Abenden die Sache gut sein zu lassen. Bürgerbeteiligung ist ganz was anderes und muss langfristig, viel ernsthafter angelegt sein. Und es gibt durchaus Projekte, wo das, sogar hier in Kassel, gut und professionell gemacht worden ist und wovon man, so man denn wirklich die Bürger beteiligen will, lernen könnte: z.B. beim Projekt des Wiederaufbaus der neuen Unterneustadt und dem Umbau der Friedrich-Ebert-Straße. Wenn sie Bürgerbeteiligung wollen, Herr Nolda, müssen sie auch Bürgerbeteiligung machen! Bisher hat es nur Werbeveranstaltungen gegeben, von denen selbst die engeren Beteiligten – die Ortsbeiräte – klagend erwähnten, dass die Beteiligung viel zu gering sei!

Wenn die Entwicklungspotentiale des Kasseler Ostens korrekt und akribisch erhoben worden sind, wovon man, wenn man sich die beauftragten Büros ansieht, ausgehen kann, wird es auf die Umsetzung ankommen: Hierbei sind die Nutzungsmischung, die verstärkte Entwicklung des Radverkehrs, die Vernetzung von grünen Strukturen und die Berücksichtigung der Interessen von Fußgängern und Kindern besonders wichtig. Was unbedingt zu einem solchen Konzept gehört und in der Umsetzungsphase im Zentrum der Bemühungen stehen muss, ist ein ergänzender Wohnungsbau, der den Bedürfnissen der sozial Schwachen Rechnung trägt. Kassel hat einen erheblichen Nachholbedarf an günstigem Wohnraum für die Gruppen, die nicht über einen prall gefüllten Geldbeutel verfügen. Die langjährige gezielte Politik des Magistrats, beim Wohnungsbau fast ausschließlich auf die betuchtere Mittelschicht, deren Interessen bei Einfamilien- und Reihenhäusern bzw. Stadtvillen liegen, zu setzen, hat Spuren hinterlassen und ein großes Defizit an bezahlbarem Wohnraum für kinderreiche Familien erzeugt.

Bei der gewerblichen Entwicklung sollte verstärkt auf Flächenrecycling gesetzt werden. Gerade im Kasseler Osten gibt es erhebliche und spannende Potentiale, wie z.B. den Bettenhäuser Bahnhof. Aber leider profiliert sich der Magistrat gerade auf diesem Politik-Feld eher mit dem Gegenteil. Während er an fast allen Stellen der Stadt auf die gnadenlose Vermarktung der letzten freien Flächen setzt und mit dem Ausbau des Langen Feldes die interkommunale Konkurrenz noch zusätzlich anheizt, kommt es eigentlich darauf an, vorhandene, aufgegebene oder unternutzte gewerbliche Areale wieder in die Nutzung zu bringen. Das ist oft kompliziert, langwierig und nicht so schnell von Erfolg gekrönt – aber im Grundsatz der richtige Weg. Hierfür sollte eine kompetente kommunale Steuerung aufgebaut werden. Das bringt langfristig sowohl ökonomisch als ökologisch die richtigen Effekte.

Unter allen Umständen aber muss man die Arbeit am Kasseler Osten in der Hand von Profis belassen. Herr Nolda sollte die Hosen anbehalten und darf sich nicht von Dr. Barthel und dem OB (beides selbsternannte Entwicklungsplaner, die von der Materie nichts verstehen, wie die Kasseler Stadtgesellschaft schon allzu oft mitverfolgen durfte!) reinreden lassen. Vor allem muss er seinem Kämmerer-Kollegen, Herrn Dr. Barthel erklären, dass sich gute und richtige Investitionen in Städtebau durchaus lohnen. Wer sagt, derartige Investitionen dürften den städtischen Haushalt nicht belasten, redet dummes Zeug. Vielmehr ist es so, dass sich gut geplante und gut erschlossene Wohnungs- und Gewerbeprojekte, die an den richtigen Stellen andocken und mit schon gut funktionierenden Teilen anderer Quartiere intelligent vernetzt werden, häufig durch spätere Steuereinnahmen und andere positive Folgewirkungen wie Zuzug neuer BewohnerInnen rentieren. Allerdings dürfen die sozialen Aspekte dabei nicht außen vor bleiben. Deshalb gilt es zu betonen: ohne eine gezielte Förderung eines Wohnungsbaus für die schwächeren Bevölkerungsgruppen auf dem Wohnungsmarkt geht gar nichts!

Was in der Planersprache Entwicklungspotential heißt: Genau davon hat der Kasseler Osten eine ganze Menge zu bieten. Vor allem zu erwähnen ist hier das stadtweit bekannte Areal um das hochrangige Industriedenkmal Salzman. Aber auch das von Dr. Barthel aus dem Verkehr gezogene Stadtbad Ost gehört dazu. Nachdem die diletantischen Experimente des Oberbürgermeisters mit Salzmann nun wohl abgeschlossen sind (erfolglos übrigens!), hat sich die Szenerie inzwischen stark verändert. Der bisherige Eigentümer, Herr Rossing, ist ausgestiegen. Keiner wird ihm eine Träne nachweinen. Ein auf Wohnungsbau spezialisierter Investor hat inzwischen angebissen und möchte das ganze Areal mit Wohnungen auffüllen. Das ist allerdings keine gute Lösung. Das ist z.Z. auch bau- und planungsrechtlich gar nicht möglich und so ist zu vermuten (und zu hoffen), dass die Stadt diesem Inverstor kein Baurecht einräumen wird, d.h. sie wird keinen auf eine solche Monostruktur-Lösung abgestimmten Bebauungsplan beschließen. Was bleibt und nötig ist: die Suche nach einem kompetenten, mit entsprechenden Erfahrungen ausgestatten Investor! Und solche gibt es, sogar solche, die ganz ähnliche Projekte schon erfolgreich gestemmt haben. Deren Interesse muss der Magistrat für Salzmann wecken.

Wen’s interessiert, der kann unter

www.spinnerei.de

sehr schön nachlesen, dass – wenn Kompetenz, Phantasie, Engagement und Durchhaltevermögen zusammenkommen – eine ganz Menge erreicht werden kann und dass aus einem Industriedenkmal eine städtebauliche Perle werden kann. Unter anderem hat das mit der Spinnerei die Stadt Leipzig mit einem derartigen engagierten und kompetenten Investorenteam vorgemacht.

Im Übrigen tut die Stadt gut daran, diesen – letztlich dann privaten Bauprozess – von Anfang an gestaltend und bestimmend zu begleiten und dafür zu sorgen, dass das im Umfeld vorhandene kreative und engagierte Potential der ehemaligen Nutzen und Künstler mit all seinen guten Ideen und seinem beeindruckenden Engagement einbezogen wird.

„Wenn die nationale Borniertheit überall widerlich ist, so wird sie namentlich in Deutschland ekelhaft.“

Was für ein treffender Satz von Marx und Engels aus der „Deutsche Ideologie“ Mitte des 19. Jahrhunderts! Das geschmacklos drapierte Marx-Denkmal in Chemnitz*, früher Karl-Marx-Stadt, gibt den Beiden ebenso beredt recht wie die schon öfter beobachteten deutschtümelnden Exzesse nach und bei Wiedervereinigungen, WM-Siegen und kollektiver Hatz auf Asylbewerberheime – bis sie denn wieder brennen. Und sollten „unsere deutschen Jungs“ tatsächlich weit genug kommen, kann man sie ja wieder baumeln lassen, die geschundene deutsche Seele! Mit allem was dazu gehört.

*Nach der ersten Präsentation entwendeten Unbekannte das übergroße Trikot. Steht zu hoffen, dass das so weiter geht und am Ende keine Trikots in Übergröße mehr da sind….

Wer glaubt, dass der Behördenschimmel etwas Ausgestorbenes sei, der irrt. Alle Welt in Kassel rätselt, was die Beamten und/oder Angestellten des Wasser- und Schifffahrtsamtes in Hann. Münden…

Am 11. Juni hat die Bau- und Planungskommission in einer Sondersitzung beschlossen, das Grundstück des ehemaligen Stadtbades Mitte für den Bau eines „schlichten“ Bürokomplexes, wie sich die HNA ausdrückte, zu verscherbeln. Ging also das Sahnestückchen an den meistbietenden Investor tatsächlich für einen Mehrpreis von – wie gemunkelt wird – einer Million Euro über den Rathaustisch? In einem gründlichen Artikel – den man hier noch einmal nachlesen kann – habe ich dargelegt, dass gerade in diesem Bereich der eher schwächelnden, stützungsbedürftigen Innenstadt um die Untere Königsstraße unbedingt ein hohes städtebauliches und architektonisches Niveau gefragt, d.h. dringend nötig gewesen wäre. Nun kommt es anders, d.h. mal wieder so, wie es der Kassenwart und Kämmerer der Stadt Kassel, Herr Dr. Barthel, eben möchte.

Wenn die Profis der für solche Fragen zuständigen Bau- und Planungskommission sich von Dr. Barthel und vermutlich auch von OB Hilgen ins Bockshorn jagen lassen und auf das an dieser Stelle im Stadtgefüge unabdingbar Notwendige – nämlich Qualität, Nutzungsmischung und Spitzenarchitektur – ganz ohne Zeitnot verzichten, sind sie beteiligt und mitverantwortlich dafür, dass falsche Rechnungen aufgemacht werden und Inkompetenz erneut triumphieren kann. Und eben mal wieder Schlichtes, Unprofessionelles zum Zuge kommt.

Bis ins letzte Provinznest hat sich herumgesprochen: Guter Städtebau lohnt sich! Hätten die, die im Moment in der SPD (noch) das Sagen haben und die, die in der Kommission am 11. Juni so „bescheiden“ abgestimmt haben, wenigstens ein gutes Gedächtnis, erinnerten sie sich an den Ausspruch des von der SPD seinerzeit geholten und von der CDU danach wieder verjagten ehemaligen Stadtbaurates Hellweg. Der hat nicht nur hier in Kassel – u.a. mit der neuen Unterneustadt – sondern auch in Berlin und Hamburg, immer wieder unter Beweis gestellt, dass sich gute und richtige Investitionen beim Städtebau lohnen. Außerdem demonstrierte er, dass bei Städtebau und Stadtentwicklung andere, deutlich kompliziertere mathematische Rechen- und Bilanzierungsvorgänge bis in eine fernere Zukunft hinein zu bewältigen sind, also ganz andere Aufgaben denn jene, die man anstellen muss, wenn man die Kasseneinnahmen einer Stadt am Jahresende zusammen addieren will. Dass Dr. Barthel bei Letzterem vielleicht ja seine unbestrittene Klasse hat, streitet kaum jemand ab. Hier jedoch, bei der Bebauung des ehemaligen Grundstücks des Hallenbades Mitte, hat er – nun schon zum wiederholten Male – seinen fatalen, kurzsichtigen Einfluss geltend gemacht und sich durchgesetzt: Zum Nachteil der Innenstadt.

Wer den Bock zum Gärtner bzw. den Kämmerer zum Stadtentwicklungsplaner macht, wird sich am Ende weder über blühende Gärten noch über eine sich finanziell tragende und prosperierende Stadt freuen können…

Über Sieg oder Niederlage in solchen Fragen entscheidet leider – häufig erst viel später – die Nachwelt. Hier jedoch kann man schon heute sagen: ein Pyrrhus-Sieg zu Lasten von Innenstadtqualität. Und der kann teuer zu stehen kommen.

Am 22. Mai ist in der HNA zu lesen, dass das Grundstück des ehemaligen Stadtbades Mitte an einen Investor verkauft worden ist, der schnell ein Gebäude mit Büros für den RP hochziehen will. Wo es über Jahrzehnte Schwimmsport und – spaß für alle gab, bekommen wir jetzt offensichtlich einen schlichten Bürobau hin- und vorgesetzt, so die HNA. In ihm soll es neben Bußgeld- und Beihilfestelle für den RP (was eine Landesbehörde ist) vielleicht auch noch ein bisschen Gastronomie geben und weit über hundert neue Tiefgaragenplätze, die dort mit Sicherheit nicht nötig sind. Um zu begreifen, was für ein faustdicker Skandal sich hier anbahnt, muss man sich ein bisschen mit der jüngeren Stadtgeschichte befassen.

Dazu soll zurückgeblättert und daran erinnert werden, dass mit diesem Schachzug ein von Dr. Barthel und der SPD lang geplanter und gezielt angestrebter Akt der Zerstörung wichtiger kommunaler Einrichtungen seinen vorläufigen Schlusspunkt findet.

Dr. Barthels Ziel war und ist es bis heute, die aus kameralistischer Sicht defizitären Bäder zuerst kaputt zu sparen und dann die verbleibenden – bis auf das eine Neue am Auedamm und das Hallenbad Süd – zu zerstören, zu verkaufen, abzureißen…. Wie viel Vermögen dabei vernichtet wird, wie viel Lebensqualität dabei unter die Räder gekommen ist, kann und soll hier nicht aufaddiert werden. Fest steht nur, dass damit Dr. Barthel und seine Mitstreiter voll im neoliberalen Trend liegen. Dass ihm die Bürgerinitiativen für die Freibäder in Wilhelmshöhe und Harleshausen erst mal einen Strich durch die Rechnung gemacht haben, wird ihn schmerzen. Ob es allerdings tatsächlich gelingt, die beiden Freibäder der Stadtgemeinschaft auch wirklich zu erhalten und langfristig zu retten, steht auf einem anderen Blatt.

Ich jedenfalls bleibe bei meiner oft und laut geäußerten Kritik daran, dass mit dem Stadtbad Mitte ein Hallenbad für alle – für Kinder, Schüler, Rentner, Berufstätige und alle anderen – von der richtigen, optimal erreichbaren Stelle im Herzen der Stadt an einen Platz verlegt worden ist, der ökologisch bedenklich und verkehrlich alles andere als günstig ist. Die Zukunft wird zeigen, was diese Fehlentscheidung noch für Konsequenzen und Folgekosten nach sich zieht. Ich prognostiziere schon jetzt, dass man dafür nicht erst auf eines der immer häufiger auftretenden sog. hundertjährigen Hochwasser warten muss!

Damit komme ich zurück zum Artikel in der HNA: Dort wird korrekt berichtet, dass für den Investor nun eine Fläche zur Verfügung steht, die aus dem ehemaligen Areal des eigentlichen Hallenbades, dem dazugehörigen Parkplatz (beides städtisch bzw. im Besitz der Städtischen Werke) und dem anschließenden Grundstück der Ev. Diakonie besteht. Letzteres schließt direkt an die Kurt-Schumacher-Straße an. Alles in allem ein hochattraktives Areal, ein absolutes Sahnestück! In den nun schon einige Jahre zurückliegenden politischen Auseinandersetzungen um die Kasseler Schwimmbäder wurde den Gegnern der von Dr. Barthel betriebenen radikalen Bäder-Rosskur vorgehalten, es gäbe für ein modernes Hallen-Spaß-Bad an der Stelle gar nicht genügend Platz. Das war immer eine glatte Lüge, ein plumper Täuschungsversuch. Denn aufgrund seiner ausgezeichneten Kontakte zur Ev. Diakonie bzw. zur Ev. Kirche wusste Dr. Barthel natürlich haarnadelgenau, dass es bei der Diakonie durchaus Bereitschaft zur Aufgabe des besagten Gebäudes zugunsten eines größeren, modernen Hallenbades gegeben, so denn die Stadt das gewollt hätte. Das aber wollten ja Dr. Barthel, OB Hilgen und die willig hinter den beiden her trottende SPD-Fraktion genau nicht!! Auch neue Parkplätze wären für den Betrieb eines größeren Bades an dieser Stelle der Stadt nicht nötig gewesen, weil es genügend Kapazitäten an dieser Stelle gab und gibt und außerdem die Haltestellen an der Mauerstraße und am Königsplatz für eine geradezu ideale Anbindung an den öffentlichen Verkehr sorgen.

Bei dieser Serie kommunalpolitischer Fehler – vor allem aber der Schwächung der ohnehin schwächelnden Kasseler Innenstadt durch die Amputation eines wichtigen städtebaulichen Elementes mitten in der Stadt und der Verlagerung des neuen Hallenbades in einen ökologisch hochsensiblen Grün-Bereich – verwundert es nicht, wenn nun dem Ganzen die Krone aufgesetzt wird. Und das – man traut seinen Ohren nicht – aus vorgetäuschter Zeitnot. Was für ein lächerliches, blamables Argument. Die HNA zitiert süffisant das Ganze so, als hätte „das schnelle Interesse des RP an einem Einzug in das Gebäude“ das Planungsamt in Zeitnot gebracht. Um genau zu sein: Ein vom Planungsamt selbst in Auftrag gegebenes Gutachten zu einer Bebauung dieses Areals, das ausgesprochen interessante Details enthält, auf die ich noch eingehen werde, stammt vom Januar 2011! Nicht zu fassen! Und jetzt, nach dreieinhalb Jahren (!), kommt urplötzlich der RP aus dem Gebüsch des Lutherplatzes gehüpft und es bleibt keine Zeit mehr, etwas „Ordentliches“ aus der Wiederbebauung zu machen! Anscheinend war nicht einmal mehr genug Zeit, das selbst in Auftrag gegebene Gutachten zu lesen, geschweige denn es zu berücksichtigen!!

So aber läuft es schon seit Jahren in Kassel, leider nur allzu oft. Hochkarätige Chancen werden aus vermeintlicher, meist jedoch nur vorgeschobener oder selbstverschuldeter Zeitnot verspielt, verjuxt, vertan. Statt Zeitnot kann man auch das Adjektiv alternativlos einsetzen. Nachdem der Abriss des Stadtbades Mitte ja schon als alternativlos gehandelt wurde, ist es jetzt anscheinend der hektische Verkauf an einen Investor, damit der ein schnödes, schlichtes Bürogebäude errichten kann – für die Bußgeldstelle!! Alles alternativlos natürlich.

Um nur ein vergleichbares Beispiel zu nennen – wo es ähnlich lief und wo auch das Land Hessen der Partner der Stadt war – wird auf den „Steuer- bzw. Finanzamt-Bunker“ am Altmarkt verwiesen. Obwohl die neugegründete Unterneustadt nur einen Steinwurf entfernt liegt, für die die Stadt nicht nur als Expo 2000 Projekt gekürt und ausgezeichnet wurde, sondern auch eine ganze Reihe hochkarätiger Städtebaupreise in Empfang nehmen durfte, ließ sie es zu, dass das Land Hessen dort, wo die Stadt Kassel vor 1100 Jahren gegründet wurde, ein monster-langweiliges, öd-beiges Finanzamt hochzieht. Der Hinweis auf die Unterneustadt ist nicht nur wegen der räumlichen Nähe zum Finanzamt am Altmarkt pikant und von Bedeutung, vielmehr auch deshalb, weil die Auszeichnungen, die die Stadt Kassel für dieses Projekt voller Stolz einheimste, viel mit Kritischer Rekonstruktion, mit der Mischung von Nutzungen und mit mutiger Verkehrspolitik zu tun hatten. All das hat man allem Anschein nach schon wenige Jahre nach dem Empfang eben dieser Preise vergessen und verspielt schräg gegenüber so gut wie alle Chancen auf eine städtebaulich zukunftsweisende Bebauung. Und das, obwohl es seitens des Landes bzw. des damals zuständigen Ministers im Vorfeld durchaus Versprechungen und Zusagen gab, auf die Stadtgeschichte Rücksicht zu nehmen, einen Architektenwettbewerb durchzuführen und vor allem auf die Mischung der Nutzungen zu achten! Nichts davon hat das Land – am Ende dann auch auf das dämliche Zeitargument pochend – eingehalten und realisiert. Ein holländischer Baukonzern hat schließlich den hurtig durchgeführten Investorenwettbewerb gewonnen (da ging‘s in erster Linie um die Höhe der Miete!!), das Grundstück gekauft und es für 30 Jahre an das Finanzministerium – kostensparend, versteht sich – vermietet. Sichere und langfristige Einnahmen für den Konzern sind gewährleistet.

Die Stadtspitze jedoch, die mit dem Bebauungsplan, der funktioniert wie ein kommunales Gesetz und ohne den das Land an dieser Stelle gar nicht so hätte bauen können, macht gute Miene zum bösen Spiel und verzichtet gänzlich darauf, eigene städtische Interessen einzubringen. Ob aus Inkompetenz, Interesselosigkeit oder Verhandlungsschwäche – jedenfalls wird der Hebel des Baurechts nicht genutzt und in keiner Weise auf die Einhaltung der Zusagen der Landesregierung gedrungen. Zumindest nicht erfolgreich! Stattdessen wird, brav und gehorsam, der Bebauungsplan im Eilverfahren durchgepaukt. Und so wurde am Altmarkt – wie vielleicht bald auch oben am Lutherplatz – mal wieder eine Großchance vertan. Nun steht der Klotz am Fuldaufer und glänzt spätestens ab 17.00 Uhr mit abweisender Dunkelheit, weil alle Bediensteten, von den Reinigungskräften abgesehen, das Weite gesucht haben. Alle Fachleute und alle klugen Kommunalpolitiker, die mit Städtebau zu tun haben, wissen, dass solche Gebäude von gestern sind.

Was ich mir am Altmarkt gewünscht hätte: Ein Furore machendes , schönes Gebäude, das an die Stadtgeschichte erinnert, das deutlich stärker mit dem Fluss korrespondiert, das Wohnen (mindestens im letzten Geschoss) zulässt, das andere Nutzungen (Gastronomie, Fitness, Freizeit und Kultur im Erdgeschoss) integriert und das vor allem auf einen großen Teil der Stellplätze in der Tiefgarage verzichtet. Das wäre bei der zentralen Lage durchaus möglich gewesen. Nichts davon wurde realisiert.

Was die Fachleute weltweit wissen – dass man solche monofunktional genutzten Bürokomplexe nicht mehr in die Stadtlandschaft ballert – dürfte sich auch bis zu unserer Stadtregierung herumgesprochen haben. Selbst der SPD-Spitze darf man solche Kenntnisse unterstellen. Sie haben die Ergebnisse des oben schon angesprochenen Gutachtens als Auftraggeber wohl auch gelesen. Auf der Seite 15 steht darin in gut verständlicher Eindeutigkeit: „Die Analyse der Angebots- und Nachfragesituation in der Innenstadt machen deutlich, dass lediglich ein qualitativer Nutzungsmix aus Büro-, Dienstleistungs- und Wohnnutzungen auf dem Areal Stadtbad Mitte als marktgerecht und standortgerecht einzustufen ist“. Dem ist nichts hinzuzufügen! Die Büros Prof. Wachter und Junker und Kruse sind renommiert und kompetent, so dass man sich ernsthaft fragen muss, warum in aller Welt weder die in Kassel gemachten Erfahrungen noch die guten Ratschläge Dritter Anwendung finden.

• Wie kommt’s, dass an dieser im Vergleich mit dem Altmarkt vielleicht noch sensibleren Stelle im Stadtgefüge die Fehler von dort wiederholt werden?
• Wie kommt‘s, dass hier die Schlichtheit in der äußeren Form und die Phantasielosigkeit in Bezug auf den Nutzungsmix derart triumphieren können?
• Wie kommt’s, dass die HNA mit ihrem Aufmacher „EIN SCHLICHTER BÜROBAU FÜRS RP“ den Kern der Sache trifft?

Ist das Banale, Schlichte, Unspektakuläre zum bedauerlichen Markenzeichen für die Kasseler Stadtentwicklungspolitik geworden? Und: Was ist das Motiv für ein derart stures Handeln wider besseres Wissen?

Viele komplizierte Fragen, eine klare Antwort: Dafür trägt der Magistrat – wie auch immer – die Verantwortung. Seit Jahren überlässt er wichtige Bereiche des Städtebaus und der Stadtentwicklung einem dilettierenden Laien, dessen Horizont das Spardiktat ist. Wenn ein OB den Kämmerer zum Stadtplaner macht, darf man sich über solche Ergebnisse wie hier in Kassel nicht wundern.

Statt nach der Arie um das den Menschen der Stadt gestohlene zentrale Bad mit einem wirklich beispielhaften Gebäude für eine Wiedergutmachung auf höchstem Niveau zu sorgen, kommt jetzt – allen Erkenntnissen zum Trotz, trotz des Wissens und der Erfahrungen um bessere Alternativen, trotz eines treffenden Gutachtens im Vorfeld – ein schlichtes Bürogebäude für den RP an den Lutherplatz. Kein Wohnen hier, ein bisschen Gastronomie vielleicht. Keine Aufwertung des Lutherplatzes, kein Highlight in einem Teil der Innenstadt, der Aufwertung so dringend nötig gehabt hätte! Nein: es reicht nur für einen schlichten Bürobau! Trauriger hätte das verlogene Schmierentheater um die Kasseler Bäder und den Abriss des zentralen Hallenbades nicht zu Ende gehen können.

Alle diejenigen, die mit dem Ausgang der Geschichte um den Verlust des Stadtbades Mitte und der übereilten Bebauung mit einem dürftigen Bürogebäude nicht einverstanden sind, alle Stadtverordneten, die das Resultat dieses langjährigen Prozesses nicht zufriedenstellt, müssen jetzt aktiv werden und sich querstellen. Kapitulation ist der falsche Weg und wäre der finale Triumph für Dr. Barthel, der – wie man gesehen hat – alles andere ist, als ein kompetenter Stadtplaner. Denn noch sind weder der Bebauungsplan und auch nicht der notwendige städtebauliche Vertrag mit dem Investor unter Dach und Fach. Die SPD-Fraktion hat in der letzten Sitzung der Bau- und Planungskommission am 22. Mai den Punkt „Areal ehemaliges Stadtbad Mitte“ von der Tagesordnung genommen. Offensichtlich gab es für sie noch offene Fragen und Gesprächsbedarf. Jetzt kommt es, am 11. Juni schon, zu einer Sondersitzung. Es ist also nur noch ganz wenig Zeit zum Argumentieren, zum Überzeugen. Denn: So wie jetzt kann und darf das Ergebnis nicht zufriedenstellen, nicht bleiben. Es muss unbedingt für mehr städtebauliche Qualität gesorgt werden.

Und das genau ist die Aufgabe derjenigen Parlamentarier, die von der Stadtverordnetenversammlung wegen ihrer Sachkunde in die Bau- und Planungskommission delegiert worden sind. Die fordere ich auf: Machen sie einen guten Job dort und lassen sie die ihnen vorgelegte Lösung nicht durchkommen! Es ist Zeit genug, für Besseres.