Nun ist es so weit: Jeder kann sich anschauen, dass den Planern des Landes bzw. denen des Justizministeriums und den Verantwortlichen der Stadt – Letztere, weil sie es nicht verhindert haben – tatsächlich nichts Besseres eingefallen ist als der befürchtete, beschissene, asphaltierte und vollkommen kahle Parkplatz – mitten im Herzen des Vorderen Westens! Ich habe es kommen sehen und muss nun, zu meinem Bedauern, feststellen, mit meinen Befürchtungen richtig gelegen zu haben… Wer will, kann sich das hier
Wichtige Städtebauprojekte: Wann endlich emanzipiert sich die Stadt dem Land gegenüber?
und/oder hier, auf der Seite 6 der Ausgabe Nr. 23 der Kasseler Linkszeitung…
https://kasseler-linke.de/images/stories/pdf/linKSzeitung_23.pdf

gerne noch mal ansehen…

Worum geht’s? Von bis 2015 bis 2018, nach dem Auszug des Finanzministeriums und langem Leerstand, ist das schöne Gebäude an der Kreuzung Goethestraße/Germaniastraße/Reginastraße zu einem weiteren Justizzentrum um- und ausgebaut worden: für den Verwaltungsgerichtshof und das Verwaltungs- und Sozialgericht. Das Gebäude hat großen Reiz und ist perfekt in Szene gesetzt, auf jeden Fall von außen. Damit hat der Westen ein weiteres Juwel im Stadtteil. Von Anfang an aber stand zu befürchten, dass das Grundstück neben diesem Gebäude – das auch dem Land gehört – für einen hässlichen Parkplatz für die Bediensteten missbraucht wird. Und genau so ist es nun gekommen. Dieses herrliche Grundstück ist damit krass unternutzt und mutiert zum Schandfleck: Damit gerät das Ganze stadtklimatisch, städtebaulich, wohnungspolitisch und verkehrsplanerisch zu einer formidablen Bankrotterklärung. Und leider reiht sich dieses Totalversagen der politisch für dieses Desaster Verantwortlichen ein in eine ganze Serie von Fehlschlägen in der Kooperation von Stadt und Land. Alle Anforderungen für diesen städtebaulich so bedeutsamen Ort werden damit nicht eingelöst.

An dieser stadtgestalterisch prägnanten Stelle hätte es vielmehr einer klaren Intervention von Seiten der Stadt bedurft! Mit unmissverständlicher Klarheit hätten die städtischen Vertreter den entsprechenden Landesbehörden klarmachen müssen, dass für die Stadt hier eine möglicherweise langjährige Stellplatzorgie nicht in Frage kommt. Auch keine jahrzehntelange Hängepartie für vielleicht weitere Justizprojekte in irgendeiner fernen Zukunft. Die planungsrechtlichen Instrumente liegen bereit und könnten eingesetzt werden. Dafür und dazu ist aber, seit Jahren, das zeigen viele Beispiele, die Stadt offensichtlich nicht willens und nicht bereit. Zu komplex und vielfältig sind ganz offensichtlich die Abhängigkeiten zwischen Land und Stadt. Eins von diesen Beispielen ist das trostlose Finanzamt, das in den Wintermonaten schon ab 16 Uhr als monotoner Klotz dunkel, düster und monofunktional an der Fulda herumsteht. Nur wenige Meter entfernt davon liegt die neue, recht lebendige Unterneustadt. Mit ihr hat die Stadt den Beweis angetreten, dass sie weiß sowohl um Innenentwicklung als auch Nutzungsmischung; das sind nämlich keine stadtplanerischen Modeworte, vielmehr wichtige Lehren u.a. auch aus den Fehlern des desaströs missglückten Wiederaufbaus westlich der Fulda unmittelbar nach dem Krieg. Die Wiedergründung des Kerns der Unterneustadt ist im Übrigen auch vom Land mitfinanziert worden, zumindest in den Anfängen: Um einen erfolgreichen Start des Projekts zu ermöglichen. Umso unverständlicher ist es heute, wo doch hier in Kassel grün/rot und im Land seit geraumer Zeit grün/schwarz „am Drücker“ sind, dass man sich auf „grünen Gleisen“ nicht verständigen kann darüber, dass so ein städtebaulicher Schwachsinn im Herzen des Vorderen Westens unterbleibt und damit nicht am Ende aller Sanierungsbemühungen ein grottenhässlicher Parkplatz das Ganze krönt…

Auf dem in Rede stehenden Standort muss ein Gebäude errichtet werden, das – der historischen Bebauung kritisch folgend und modern umgesetzt – vor allem Wohnen im unteren, günstigen Preissegment realisiert. In einer Tiefgarage kann das Land, wenn sich im öffentlichen Raum keine verträglichen Doppelnutzungen finden sollten, per Vertrag seine stark reduzierten Stellplatzbedürfnisse realisieren: Behindertenstellplätze und Plätze für unerlässliche Dienstwagen. Alles andere lässt sich mit Jobtickets und öffentlichem Verkehr regeln. Darüber hinaus könnte hier auch ein minimierter Stellplatzbedarf für die Wohnungen obendrüber befriedigt werden… Im Erdgeschoss wären ein oder zwei Ladengeschäfte sinnvoll; im 1. OG Büros. Darüber nur noch die besagten günstigen Wohnungen. Um auch gestalterisch das Optimum zu erreichen, sollte die Stadt einen Architekturwettbewerb vorschreiben.
Die jetzige Lösung ist keine bzw. von allen denkbaren Lösungen die Schlechteste. Und deswegen kann das auch so nicht bleiben! Ich wiederhole mich, wenn ich sage resp. schreibe: Übernehmen Sie, Herr Stadtbaurat: Das ist Ihr Part!

Der Zweckverband Raum Kassel (ZRK)*, von dessen Wirken fast niemand Kenntnis nimmt und der dennoch eine bedeutende Organisation ist mit durchaus wichtigen, entwicklungsplanerischen Aufgaben in Kassel und seinem „Speckgürtel“: Dieser Verband regelt und bearbeitet im Wesentlichen die Flächennutzungsplanung nach dem Baugesetzbuch, nach § 5 ff. Er bestimmt also darüber, wie und wofür hier in Kassel und den direkt angrenzenden Umlandgemeinden Flächen genutzt werden: Für Wohnen, Gewerbe, Verkehr etc. Dass solche Entscheidungen für die Ökonomie und die Ökologie einer Region von großer Bedeutung sind, muss nicht näher erläutert werden.

In der letzten Verbandsversammlung des ZRK des Jahres 2018, am 5. Dezember 2018, gab es einen Konflikt darum – eigentlich eine Bagatelle bzw. parlamentarische Selbstverständlichkeit – ob der Ausschussvorsitzende, in diesem Fall ist das der Kollege Zeidler von der SPD gewesen, einen kurzen Bericht über die vorbereitende Sitzung des Planungsausschusses, die eine Woche zuvor stattgefunden hatte, in der Verbandsversammlung vorträgt. So ein Vortrag bzw. so eine kurze Zusammenfassung stärkt die Bedeutung der Ausschüsse und es müssen dann in der Verbandsversammlung auch nicht mehr alle Debatten und Argumente wiederholt werden. Genau dafür hat man solche Ausschüsse. Aber für die über Jahrzehnte in diesem Gremium den Ton angebende SPD war das auf einmal wohl nicht mehr selbstverständlich. Herr Zeidler hatte seine Unterlagen gar nicht dabei, seine Erinnerungen anscheinend aber auch nicht und so wollte er der guten Praxis plötzlich nicht mehr folgen. Er ließ sich dann lediglich von einem ZRK-Mitarbeiter die Liste mit den Tagesordnungspunkten und die dazugehörigen Abstimmungsergebnisse geben. Die hat er dann kommentarlos verlesen.

Die sich durch ganze Sitzung ziehende ätzende Kritik von allen anderen Fraktionen an diesem Verhalten ließ die SPD natürlich nicht gelten. Die SPD-Fraktionskollegen von Volker Zeidler ließen die Kritik an ihrem Ausschussvorsitzenden an sich abperlen und waren nicht bereit, die gute parlamentarische Praxis gelten zu lassen. Sie wiesen jede, auch gutgemeinte Kritik zurück. U.a. mit dem völlig blödsinnigen und spekulativen Hinweis, dass man es mit einem Bericht ja nicht jedem recht machen könne. Das alles hat für Gelächter und – ohne dass es die Absicht der SPD-Fraktion gewesen wäre – darüber hinaus für eine recht entspannte Atmosphäre in der letzten Verbandsversammlung des Jahres 2018 gesorgt. Den Schaden hatte die SPD-Fraktion zu tragen, weil fast alle Redner im weiteren Verlauf der Sitzung bei jedem Tagesordnungspunkt mehr oder weniger direkt und/oder ironisch auf die Verweigerungshaltung des SPD-Ausschussvorsitzenden Bezug genommen haben. Soviel ist noch nie gelacht worden in einer solchen Versammlung…

Völlig unabhängig von den eben geschilderten Vorgängen minderer Bedeutung war die letzte Sitzung der Verbandsversammlung des ZRK vermutlich eine der besten Sitzungen seit vielen Jahren. Zum ersten Mal ist es gelungen, auf recht hohem Niveau über die Bedeutung des Verbandes und seiner Gremien zu sprechen. Hauptauslöser war der Antrag der Stadt Vellmar, den Flächennutzungsplan des ZRK in ihrem Geltungsbereich dahingehend zu ändern, dass eine nördlich von Vellmar gelegene landwirtschaftliche Fläche von ca. 15 ha Größe in Bauland verwandelt werden soll: Und das, obwohl entsprechende Flächen in einer vergleichbaren Größenordnung innerstädtisch sehr wohl zur Verfügung stehen. Die sich vor allem an diesem unnötigen Verbrauch wertvoller Flächen entzündende Kritik von Grünen und dem Unterzeichner – zum ersten Mal haben sich daran auch Mitglieder von CDU und FDP beteiligt, die sonst eher nicht zu denen gehören, die aufs Flächensparen drängen – hat zu einer Auseinandersetzung geführt, die Maßstäbe für die Zukunft gesetzt hat! Da es in dieser Sitzung lediglich um die Offenlage der von Vellmar gewünschten Planänderungen ging, wird über diese Angelegenheit noch öfter zu beraten sein und der Autor dieser Zeilen wird darüber bestimmt erneut berichten und schreiben.

Um auf das kleine Ereignis vom Beginn der Sitzung zurückzukommen: Natürlich ist die Sache eigentlich so unbedeutend wie der berühmte Sack Reis in China, dessen Umfallen oder Nicht-Umfallen schlicht wurscht ist. Dennoch ist die kleine Story aus der Verbandsversammlung des ZRK bedeutsam und lässt tief blicken, weil sich dahinter etwas Grundsätzlicheres verbirgt. Die sozialdemokratische Partei Deutschlands, eine seit Jahrzehnten in Nordhessen mehr oder weniger unangefochten, um nicht zu sagen quasi feudal regierende, fest im Sattel sitzende Partei, die die mit dieser Position verbundene „Macht“ jeden immer wieder direkt oder subtil spüren lässt, befindet sich – auch wenn es die Herrschaften hier in Nordhessen (noch) nicht wahrhaben wollen – bundesweit im ungebremsten Sinkflug. Sie nehmen hier diesen Abwärtstrend wohl deshalb nicht richtig zur Kenntnis, weil Sie immer noch glauben, dass es in Nordhessen letztlich so bleibt, wie es lange war. Vermutlich aber irren sich die Damen und Herren von der SPD. Die Partei, in der sie sind und in der sie über Jahrzehnte so überaus bräsig geworden sind, verflüchtigt sich in atemberaubender Geschwindigkeit. Auch die anderen sozialdemokratischen Parteien Europas erodieren, verlieren Stimmen und schrumpfen: In Paris hat die ehrwürdige Sozialistische Partei Mitte 2017 ihr schickes, historisch bedeutendes Parteigebäude verkaufen müssen. Es war kein Geld mehr da für ein im Unterhalt so teures Haus. Und von Macht, Einfluss, vielen Wählerstimmen und Parlamentssitzen hat sich diese einst ruhmreiche Partei mit so vielen Verdiensten schon lange verabschieden müssen. Alles längst Geschichte! Und dieser Niedergang ist, von Portugal vielleicht mal abgesehen, überall derselbe, mit jeweils nur landestypischen Ausprägungen. Und hier in der BRD ist die SPD, die sich in Berlin in einer ungeliebten, alles andere als erfolgreichen Koalition herumquält und noch die schlimmsten Kompromisse billigt und mitmacht (erst jüngst die Sache mit dem § 2919a, das Dauerdrama um die Dieseltragödie etc.), auf dem absteigenden Ast. Wenn der Artikel hier fertig geschrieben ist, wird die alte Dame bestimmt schon wieder einen Prozent weniger an prognostizierten Wählerstimmen haben. Die Landtagswahlen im Osten werden ihr vermutlich den Rest geben… Wer aber denkt, dass das ein Grund zur Freude wäre, der irrt. Aber das ist ein anderes Thema…

Trotz dieser Tendenzen tut aber die SPD hier in Nordhessen immer noch so, als könne sie sich alles leisten und erlauben. Und genau damit hat das Verhalten des SPD-Ausschussvorsitzenden zu tun: Die Sitzungen des ZRK sind öffentlich, aber es gibt keinen, der die Öffentlichkeit herstellt. Die HNA, wenn sie überhaupt über Zweckverbandsthemen berichtet, hat entweder keine Ahnung oder macht in Hofberichterstattung. Und so bekommt kaum jemand mit, was sich in diesem wichtigen Gremium abspielt und wie dort mit gutem parlamentarischem Gebrauch Schindluder getrieben wird. Aber die SPD glaubt halt immer noch, dass sie sich das leisten kann.

Am Ende der Sitzung gab es dann noch einen Antrag zur Geschäftsordnung von der CDU Fraktion. Er kritisiert das o.a. Verhalten der SPD und stellt zur Abstimmung, dass zukünftig die Ausschussvorsitzenden in der Verbandsversammlung einen entsprechenden Bericht abliefern. Und, der Knaller: Dieser Antrag bekommt, gegen die Stimmen der SPD, eine Mehrheit, weil endlich auch mal die Stadt-Grünen der SPD die Gefolgschaft verweigert haben. Das hat den Herrschaften von der SPD den Jahresabschluss im ZRK total verhagelt. Darf vermutet werden…

In einem Allparteien-Gespräch soll zu Jahresbeginn das ganze Thema noch einmal erörtert werden. Wie auch immer diese Sitzung dann ausgeht: Die Blamage, das Zweckverbandserdbeben vom 5. Dezember 2018, war perfekt!

*Was ist der Zweckverband genau?

Der Zweckverband (ZRK) ist eine bedeutsame kommunalpolitische Instanz. Nach seiner Satzung und Geschäftsordnung hat dieser Verband nicht nur die Aufgabe für alle Gemeinden und Städte, die ihm angehören – als da sind Kassel, Ahnatal, Baunatal, Calden, Fuldabrück, Fuldatal, Kaufungen, Lohfelden, Niestetal, Schauenburg und Vellmar – den Kommunalen Entwicklungsplan, den Flächennutzungsplan, den Landschaftsplan und sonstige gemeindeübergreifende Entwicklungsmaßnahmen aufzustellen und fortzuschreiben. Der ZRK ist darüber hinaus auch mit der Wahrnehmung von interkommunalen Aufgaben und Projekten dann zuständig, wenn er hierfür einen Auftrag erhält. Hierzu gehört z.B. das interkommunale Projekt des Güterverkehrszentrums. Auch beim Flughafen Calden ist der ZRK eingebunden, u.a. bei der Entwicklung eines neuen, rund 80 Hektar großen Gewerbegebiets im Bereich alten Flughafens. Man kann sagen, dass praktisch bei allen relevanten raumgreifenden oder raumbeanspruchenden Maßnahmen der ZRK – meist über die Flächennutzungsplanung – mit im „Geschäft“ ist.

Vielmehr wollen wir all denen, die sich um die Umwelt sorgen demonstrieren, was unser kleiner Beirat so macht, um das Bedrohliche um uns rum zum Besseren zu wenden. Im Kleinen sozusagen und mit viel Arbeit und Einsatz. Ehrenamtlich natürlich…
Der Naturschutzbeirat hat insgesamt 12 Mitglieder. 4 davon werden von der Verwaltung, sprich der UNB (Untere Naturschutzbehörde), eingesetzt. Es sind jeweils ausgewiesene Öko-Experten. Dazu kommen 8 gewählte resp. von den verschiedenen Umweltverbänden wie BUND, NABU, Botanikervereinigung, Landesjagdverband etc. entsandte Fachleute. Der Beirat tagt nur 4 oder 5 Mal im Jahr. Über viele Jahre hinweg waren diese Sitzungen eine eher traurige Veranstaltung, wo vor allem Informationen über die vielen Niederlagen der Naturschutzbewegung ausgetauscht wurden. Hintergrund dieser mehr als unbefriedigenden Situation war der Tatbestand, dass verschiedene hessische Landesregierungen die Rechte des Naturschutzbeirats per Gesetz – Details würden hier zu weit führen – immer mehr ausgehöhlt hat. Bis zum Schluss dann nur noch das Wackeln mit dem Kopf erlaubt war und die Beiräte nichts mehr mit ihrem Votum hatten verhindern können.
Seit einigen Jahren hat sich der Beirat, von innen heraus und durch personelle Veränderungen, die auch mit Verjüngung zu tun haben, erneuert und auf den Weg gemacht, sich – jenseits ihm formal zustehender Rechte – wieder mehr politisch einzumischen. Das wird vom Landkreis, den der Beirat genaugenommen ja berät, auch toleriert. Vermutlich solange Beirat und Landkreis umweltpolitisch an einem Strang ziehen. Was vor allem in der Frage K+S und dessen geplanter Salzabwasser-Monsterleitung quer durch Nordhessen in allerhöchstem Maße der Fall ist. Diese idiotische und völlig überflüssige Leitung will kein Mensch und sie trägt auch kein Jota zur Behebung der Schäden bei, die bisher schon entstanden sind und weiter entstehen werden, wenn nicht bald eingegriffen wird.

Der folgende Rückblick zeigt einen Querschnitt durch unsere Arbeit. Und Rückblick ist hier gleich Ausblick bzw. Programm für 2019. Denn in Anbetracht des Schneckentempos, in dem sich Veränderungen im Umweltbereich abspielen, werden wir an all den Themen, an denen wir uns 2018 abgestrampelt haben, auch im kommenden Jahr dranbleiben müssen.

Aber wir wollen nicht in Pessimismus machen. Vielmehr die gefühlt große Mehrheit all der Menschen, die den ökologischen Kollaps abwenden wollen, zu eigenen Aktivtäten überreden. Denn wir werden es wohl selbst in die Hand nehmen müssen. Wenn die Politik nicht einmal die verbrecherischen Autokonzernlenker an die kurze Leine nimmt, dann sieht es trübe aus. Lieber heben die Politiker doch die Grenzwerte an, statt von BMW, VW, AUDI und MERCEDES BENZ aktiv die Einhaltung bestehender Gesetzte einzufordern. Gute Luft in den Städten für die nicht so gut organisierten Millionen von StadtbewohnerInnen ist ganz offensichtlich nicht so viel wert wie gute Stimmung zwischen Regierung und Konzernzentralen! Und so ist es ja leider nicht nur in Sachen Diesel…

Dann also viel Spaß, aber auch Geduld bei und mit unserem Text. Wir wissen natürlich, dass wir uns damit schon allein von der Länge her der Kritik aussetzen. Alle haben es heute eher gern in Twitter-Kürze, in leicht verdaulichen Häppchen. Damit können und wollen aber nicht dienlich sein. Vielleicht hat die eine oder andere ja trotzdem Freude an dem Text:

– K+S: Kein Einsatz von leistungsfähiger, umweltfreundlicher Technik in Sicht, statt dessen werden neue Salz-Abfall-Halden beantragt und es wird weiter von Haldenbegrünung schwadroniert…
Auch wenn die 3 Umweltministerinnen aus Hessen, Thüringen und Niedersachsen die Salzabwasserleitung zur Weser in ihrer Herbstsitzung 2018 immer noch nicht „beerdigt“ und eine Entscheidung erneut um ein halbes Jahr verschoben haben: Keiner weiß, ob das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen ist. Denn K+S wird auf diese Leitung nur verzichten, wenn auch ohne diese teure Investition die Produktion ungehindert laufen kann. Das wird sie aber nicht, weil Salzeinträge in die Werra sowohl durch alte und neue Aufhaldungen als auch durch den Eintrag der jahrzehntelang in den Untergrund verpressten Salzabfälle nicht weniger, sondern mehr werden. Außerdem wird nicht in die richtige Technik investiert, sodass auch die Abfälle aus der Produktion zunehmen werden… Die Produktionseinschränkungen vom Sommer 2018 sind Folge einer notorisch falschen Umweltpolitik des Unternehmens und fehlenden politischen Drucks. Wenn der Druck aus der Politik aber ausbleibt und die Vorgaben der EU aus der Wasserrahmen-Richtlinie aus dem Jahr 2000 weiterhin nicht eingehalten werden, bleibt nur Druck von unten: von den betroffenen Behörden und Kommunen, von Bürgerinitiativen, Einzelpersönlichkeiten und dem Naturschutzbeirat des Landkreises Kassel. Und so werden wir als Beirat auch im Mai 2019 erneut vor der Stadthalle in Kassel, bei der alljährlich stattfindenden K+S Aktionärsversammlung, gegen die verfehlte Umweltpolitik des Konzerns protestieren…
Somit bleibt festzuhalten: Der Naturschutzbeirat des Landkreises Kassel sieht die andauernden Planungen zur Verlegung einer Leitung für Salzabwässer inklusive der Errichtung von 30 ha großen Speicherbecken im Reinhardswald nach wie vor unter naturschutzfachlichen Aspekten als sehr kritisch an und fordert eine nachhaltige Lösung der Abwasserproblematik durch den Einsatz von zeitgemäßen Techniken anstatt einer Verlagerung des Problems von der Werra in den Reinhardswald und an die Weser.

– Die Novellierung der Hess. Bauordnung (HBO) vom Juli 2018 führt zu vielen Änderungen und Vereinfachungen
Leider sind diese „Vereinfachungen“ beileibe nicht immer positiv. Vielmehr führt das z.B. dazu, dass Fahrsilos ohne Größenbegrenzung sowie Güllebehälter bis zu 50 Kubikmeter Fassungsvermögen und 3 m Höhe baugenehmigungsfrei werden. Vielfach ist nicht bekannt, dass trotzdem eine naturschutzrechtliche Genehmigung beantragt und der Eingriff ausgeglichen werden muss. Durch die Änderung der HBO steht zu befürchten, dass die Untere Naturschutzbehörde (UNB) oft nicht oder erst im Nachhinein von solchen Bauten erfährt und daher keine naturverträgliche Steuerung dieser Vorhaben im Vorfeld möglich ist.
Da die UNB in diesem Jahr erneut personell ausgedünnt wurde, sind vor Ort-Kontrollen viel seltener möglich. Die Vollzugsdefizite werden also weiter wachsen. Wir appellieren daher an die Verantwortlichen, diese bedenkliche Entwicklung zu stoppen und neue Stellen zu schaffen.

– Die Flächenversieglung ist nach wie vor eines der größten Umweltprobleme in der Bundesrepublik und in Hessen
Die Flächeninanspruchnahme für Siedlungen und Verkehr ist, laut dem Hessischem Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie, ein wichtiger Schlüsselindikator für die Nachhaltigkeit der Raumnutzung. Die mit Flächenversiegelungen verbundenen z. T. irreversiblen Umweltschädigungen sind in der Regel schleichend und treten erst über lange Zeiträume auf. Ökologische Funktionen des Bodens, wie die Regulierung des Wasserhaushaltes, gehen ebenso verloren wie Lebensräume für Flora und Fauna. Auch der Verlust des Bodens für die landwirtschaftliche Nutzung betrifft uns ebenso direkt wie die Tatsache, dass versiegelte Flächen unsere Erde weiter aufheizen. Die Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsflächen ist darüber hinaus meist verbunden mit der Abnahme an Siedlungsdichte, mit einer Zunahme des Verkehrsaufkommens und des Energieverbrauchs sowie mit dem kostenträchtigen Ausbau von Infrastruktur. Der Flächenverbrauch und damit verbunden der Verlust einer natürlichen Ressource, liegt in Hessen im Schnitt bei rund 3 Hektar pro Tag, was viel zu hoch ist. Auch Nordhessen und der Landkreis Kassel tragen ihren Teil zu dieser dramatischen Entwicklung bei. Das zeigt sich in vielen Baumaßnahmen wie z. B. am nördlichen Ortsrand von Vellmar, wo eine 17 ha große, derzeit landwirtschaftlich genutzte Fläche in Wohnbauland umgewandelt werden soll anstatt eine Innenverdichtung sinnvoll umzusetzen. Der Beirat hält diese Entwicklung für ausgesprochen problematisch.

– Es fehlt seit Jahren an einer wirksamen Kontrolle für die gesetzlich vorgeschriebenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen
Auch wenn einige Kommunen sich auf den Weg gemacht haben und beginnen, Lösungen für dieses Problem zu finden: In weiten Teilen des Landkreises ist die wichtige Kontrolle solcher Maßnahmen noch immer ein Stiefkind. Die Problematik der fehlenden bzw. nicht umgesetzten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für Eingriffe in die Landschaft wurden dieses Jahr von einigen Kommunen nachgebessert, wenngleich immer noch eine Vielzahl aussteht. Die Defizite reichen teilweise Jahrzehnte zurück und betreffen oft mehrere Hektar Fläche. Es gibt sogar Fälle, wo die seinerzeit geplanten Kompensationen wegen mangelnder Flächenverfügbarkeit oder fehlender rechtlicher Bindung nicht mehr realisierbar sind und mühsam Ersatzflächen gesucht werden müssen.
Die Koordinierung, Kontrolle und langfristige Betreuung solcher Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen könnte auch durch einen Landschaftspflegeverband erfolgen, wie ihn der Beirat schon seit etlichen Jahren für den Landkreis fordert. Der Untere Naturschutzbehörde kann diese immense Aufgabe angesichts der Stellensituation unmöglich alleine übertragen werden. Wer einer weiteren Schädigung unserer Umwelt etwas entgegensetzen will, muss auch mit zusätzlichem Personal an den entscheidenden Stellen positive Voraussetzungen dafür schaffen.
Ferner wünscht sich der Naturschutzbeirat eine Kommunalaufsicht, die ihrem Namen und ihrer Aufgabe auch gerecht wird.

– Bedauerliche Entwicklungen in der Gartengestaltung – in Stadt und Dorf

Manche selten gewordenen Tier – und Pflanzenarten haben sich aus den ausgeräumten, überdüngten und mit Pestiziden belasteten Agrarlandschaften in die urbanen Räume zurückgezogen. Das bezeugen nicht nur Besuche von Wildschweinen, Füchsen, Waschbären und anderen Wildtieren, sondern betrifft u.a. die Insekten und andere Arten. Stadthonig ist nicht nur ein Modetrend, sondern ein klares Zeichen. Leider gibt es daneben aber auch Entwicklungen im Siedlungsbereich, die kritisch gesehen werden müssen: Viele Bewohner in Stadt und Land setzen, weil es schick zu sein scheint und weil es vor allem weniger Arbeit macht, setzen mit auf den Trend, Gärten in hochdesignte Steinwüsten zu verwandeln. Wenige Solitäre schmücken verschiedenfarbige Steinflächen, die durch eingebaute Folien unerwünschten (Un-)-Krautbewuchs verhindern sollen. Damit werden Gärten zum Gegenteil von Zufluchtsorten für Insekten und weiteren Kleintieren, sondern vielmehr zu leblosen Steinwüsten… Dem wollen wir als Naturschutzbeirat entgegenwirken, indem wir aufklären und die Kommunen dazu ermuntern, u.a. in ihren Festlegungen zu Bebauungsplänen darauf zu reagieren.

– Entwicklungskonzepte für mehr Artenvielfalt, Biotopvernetzung und die Rückgewinnung von Feldrainen
Seit über einem Jahr arbeitet der Zweckverband Raum Kassel (ZRK), ein Zusammenschluss vom Oberzentrum Kassel und seinen direkten Umlandgemeinden, an einem Entwicklungskonzept für überackerte Feldraine Die Schwierigkeit hierbei liegt darin, Landwirtschaft, Gemeindeverwaltung, Naturschützer und Jäger zu gemeinsamem Handeln zu bewegen. Erste Zusammenkünfte der jeweiligen Interessenvertreter in verschiedenen Gemeinden lassen jedoch erkennen, dass eine Zusammenarbeit möglich ist und auch angestrebt wird. Es ist zu hoffen, dass diese Form der Zusammenarbeit in den kommenden Jahren erste Früchte trägt und es bald Fortschritte in Bezug auf mehr Biotopvernetzung und Artenvielfalt geben wird…
Dass auch Kommunen ohne Einbindung in den ZRK sich dieser Thematik stellen zeigt das Beispiel der Gemeinde Habichtswald, in der mithilfe einer engagierten Verwaltung ein Hecken- und Grünpflegeplan realisiert wird, der neben einer fachgerechten und naturschutzverträglichen Lösung auch die Einbindung der BürgerInnen vorsieht.

– Die neu überarbeitet Kompensationsverordnung in Hessen sieht mehr Geld für Ausgleiche vor
Seit dem 26. Oktober 2018 gibt es in Hessen eine aktualisierte Kompensationsverordnung. Mit dieser wird die im Bundesnaturschutzgesetz (siehe § 13 ff.) festgeschriebene Verpflichtung geregelt, nach der Eingriffe in Natur und Umwelt ausgeglichen (=kompensiert) werden müssen. Sie gilt für Bauvorhaben im Außenbereich, d. h. außerhalb der Siedlungen. Das eigentliche Verfahren hat sich gegenüber der alten Verordnung nicht wesentlich geändert, verändert hat sich jedoch die Höhe der Ausgleichszahlung. Bislang lag der Betrag bei 0,35 € pro Wertpunkt. Nun wurde er auf 0,40 € erhöht. Darüber hinaus kommt eine regionale Bodenwertkomponente neu hinzu. Sie beträgt momentan zwischen etwa 0,47 € (im Vogelsbergkreis) und 1,20 € (in Frankfurt, im Main-Taunus-Kreis). Ebenfalls neu ist, dass Eingriffs- und Ausgleichsbilanzierungen nur noch von dafür qualifizierten Gutachtern durchgeführt werden dürfen.
Aus Sicht des Naturschutzbeirates ist diese Novellierung ein längst überfälliger Schritt, um zumindest einen Teil der Biotopverluste besser ausgleichen zu können. Ohne eine drastische Senkung des derzeitigen Flächenverbrauchs und wirksame Kontrollmechanismen ist dieser positive Ansatz jedoch nichtig und kommt einem Ablasshandel gleich.

– Gibt es so etwas wie ein neues Umweltbewusstsein vor dem Hintergrund von immer deutlicheren sicht- und spürbar werdenden Auswirkungen von Klimawandel und Artensterben?
Vielleicht rütteln uns alle ja die Bilder von klimabedingten Naturkatastrophen – von Orkanen, Taifunen und Hurrikans ungekannten Ausmaßes, von Überschwemmungen auf dem Festland, vom Verschwinden von Inselwelten im Meer, von anhaltenden Trockenheiten (sogar bei uns), von Niedrigwasser und von Wüstenbildung, von riesigen Waldbränden und von einem neuen Artensterben in nie dagewesenem Ausmaß und Tempo – in hohem Maße auf. Inzwischen reden alle – Medien, Wissenschaft und Politik – vom Insekten- und Vogelsterben: Und es scheint, dass die meisten Menschen wissen oder ahnen, dass das alles nicht wirkungslos bleiben wird in Bezug auf die Perspektiven der Menschheit hier auf diesem einzigartigen Planeten. Kommt es vielleicht doch noch zu einem Umdenken bei breiten Teilen der Bevölkerung? Wird es die Politik schaffen, das Geld für die dringend notwendigen Investitionen in den Schutz der Umwelt aufzubringen und endlich die dafür dringend erforderlichen Beschlüsse zu fassen? Vom Ausstieg aus der kohlenstoffbasierten Energieerzeugung hin zum Ausbau regenerativer Energieformen, vom konsequenten Atomausstieg hin zu einer umweltfreundlichen Mobilität, vom Ausstieg aus der Massentierhaltung und hin zu einer menschen- und naturverträglichen Landwirtschaft? Große Aufgaben, große Ziele. Kapitulation wäre der falsche Weg, Selbstreflektion und Vorbildfunktion ein Anfang. Werden diese skizzierten Ziele angesteuert, werden wir sie nach Kräften unterstützen, bleiben politische Entwicklungen in diese Richtung jedoch aus, werden wir zu denen gehören, die sie protestierend einfordern.

Und wie im vergangenen Jahr, so haben sich auch am 15. Mai diesen Jahres eine ganze Reihe von Aktivisten verschiedener Umweltorganisationen vor und auf dem Platz der Stadthalle eingefunden, um den Aktionären von K+S verbal, schriftlich und plastisch ihren Widerstand gegen die aktuelle Politik von K+S entgegen zu halten… Daran kann auch die vielzitierte Charmeoffensive des neuen K+S Chefs nichts ändern. Denn in der Sache bleibt alles mehr oder weniger beim Alten: So setzt K+S unter anderem nach wie vor auf die 140 km lange Monsterleitung quer durch Nordhessen, auf die Haldenabdeckung (die bislang nirgendwo auf der Welt richtig funktioniert) und auf die weitere Verpressung von Salzabwässern in den Untergrund – zumindest bis 2021. Es ist nicht erkennbar, dass sich K+S ernsthaft damit beschäftigt, wie die Halden bis zum Ende der Salzausbeutung in den Revieren abgebaut und verwertet werden könnten. Genauso wenig lässt sich absehen, wann K+S endlich bereit ist, im großen Stil auf die andernorts längst erfolgreich angewandte Verdampfungstechnologie zu setzen und damit ein nachhaltiges, umweltgerechtes Wirtschaften einzuläuten.

Unübersehbar: Diejenigen, die hier vor der Stadthalle demonstrieren, sind mit der Politik von K+S nicht einverstanden.

Wir, die Mitglieder des Naturschutzbeirats des Landkreises Kassel, drängen jedenfalls weiterhin darauf, dass sich K+S nicht nur mit der Dividende und dem Unternehmensgewinn auseinandersetzt, vielmehr endlich den Aufwand für die Beseitigung eingetretener Umweltlasten und die Vermeidung neuer Umweltschäden in seine Bilanzen einpreist.

Und wir kündigen erneut an: Wir werden keine Ruhe geben und weiterhin mit aller Kraft vor allem gegen das Monstrum von Salzabwasserleitung mobil machen, weil mit diesem Bauwerk genau nichts erreicht wird. Die Leitung verlagert das Problem nur. Sie ist kein Beitrag zur Lösung.

Im Folgenden geben wir den aufmerksamen Leserinnen und Lesern der Kassel-Zeitung unser Flugblatt zur Kenntnis, das wir in über 100 Exemplaren an die Aktionäre verteilt und ihnen als Lektüre mit auf den Weg in besagte Versammlung gegeben haben…

Flugblatt – Text ab hier:

Der Naturschutzbeirat des Landkreises Kassel bittet Sie, liebe Aktionäre der heutigen Versammlung hier in der Stadthalle in Kassel, um ein wenig Geduld. Da die Versammlung bestimmt nicht immer spannend sein wird, bleibt Ihnen ja vielleicht die Zeit, das Wirken Ihres Konzerns mal aus einem ganz anderen Blickwinkel zu betrachten. Denn mit der Ihnen gewährten Dividende in Höhe von 0,35 Cent je Stückaktie ist die Sache wahrhaftig nicht getan. Die nach wie vor immensen Umweltschäden, die von K+S den Flüssen Werra und Weser, dem Untergrund und dem Trinkwasser zugefügt werden, sind nur ganz unzureichend in der Bilanz abgebildet. Zudem soll nun auch noch eine gigantische, 140 km lange Salzabwasserleitung quer durch Nordhessen geführt werden, nur um die Salzfracht weiter oben in die Weser zu leiten… Die große Mehrheit der Menschen in Nordhessen, die Mehrzahl der Gemeinden und ihre politischen Vertretungen lehnen diese unsinnige und unnötige Maßnahme ab.

Lesen Sie die folgenden 2 DIN A4 Seiten, die wir vom Naturschutzbeirat des Landkreises Kassel dazu schon Mitte März 2018 geschrieben und veröffentlicht haben: Anlässlich der vom Regierungspräsidium Kassel (RP) am 12. März d.J. veranstalteten Anhörung zum vorgelagerten Raumordnungsverfahren (ROV):

… es war ein langer Tag: Für den 12. März hatte der RP zum großen Anhörungstermin in die Mehrzweckhalle Frommershausen eingeladen. Und der dauerte dann auch viele Stunden. Zahlreiche Behördenvertreter, viele Mitglieder von Bürgerinitiativen und eine ganze Reihe betroffener Einzelpersonen waren der Einladung des RP gefolgt. Ansonsten war keine Öffentlichkeit zugelassen. Diese Behörde war auch gleich mit vielen Fachleuten angerückt und die Firma K+S als Antragstellerin für das Projekt – was Erstaunen auslöste – rückte gleich in Geschwaderstärke an. So mit ungefähr 25 Experten und Profis!

Und worum ging‘s genau? Es stand der Antrag von K+S zur Debatte, seine im Werra-Revier produzierten Salzabwässer möglichst elegant und kostengünstig wieder los zu werden. Dazu hat sich K+S im Rahmen von Verabredungen insbesondere mit dem Land Hessen – der Plan dazu nennt sich „Bewirtschaftungsplan Salz“ – darauf eingelassen, mit verschiedenen Maßnahmen die Salzbelastung von Werra und Weser zu verringern. Dazu gehören u.a. die Abdeckung der gigantischen Salz-Abfall-Halden und das Einstapeln von Salzabfällen in offengelassenen Salzgruben. Falls damit die Werra aber immer noch am Limit ihrer Salzaufnahmefähigkeit sein sollte, muss eben diese 140 km lange Abwasserleitung quer durch Nordhessen gegraben und zwei riesige Absetzbecken in den Reinhardswald geschlagen werden, bevor die Salzfracht dann bei Gieselwerder in die Oberweser eingeleitet werden kann. Bevor dazu ein entsprechender Bauantrag von K+S nach hessischem Wasserrecht gestellt werden kann, hat der RP im Rahmen eines Raumordnungsverfahrens darüber zu befinden, mit welchen Auflagen ein solcher Antrag versehen werden kann, also welche Hausaufgaben K+S ggf. noch abzuarbeiten hat. D.h. das „Rennen“ um dieses Projekt ist in jeder Hinsicht noch offen. In Anbetracht der langen Vorgeschichte in Sachen Toleranz der angrenzenden Regierungen und Behörden K+S gegenüber, muss jedoch mit dem Schlimmsten gerechnet werden.

In Anbetracht der Tatsache, dass einer der Hauptentsorgungswege für die Salzabfälle von K+S – die Verpressung in tieferes Gestein – ab 1921 nicht mehr zur Verfügung steht und angesichts des Tatbestandes, dass die Abdeckung der riesigen Salz-Abfall-Halden mit ihren bis 45° steilen seitlichen Hängen bislang nirgends erfolgreich realisiert werden konnte, rückt diese Leitung immer näher.

Sie offenbart vor allem eins: Dass sich K+S nie wirklich der Aufgabe gestellt hat, die Vorgaben der EU zum Wasserrecht ernst zu nehmen und die hierzu erlassene Wasserrahmenrichtlinie aus dem Jahr 2000 einzuhalten. K+S hat sich nie ausreichend Gedanken darüber gemacht, wie die gigantischen Schäden, die sie seit Jahrzehnten den Ökosystemen und den Menschen der Region zumutet, endlich vermieden und beseitigt werden könnten. Während ein ähnliches Salzbergwerk in der Nähe von Barcelona, die Firma dort heißt Iberpotash, unter dem Druck der EU bzw. der spanischen Zentralregierung damit angefangen hat, eine in Ansätzen abstoßfreie Produktion auf die Beine zu stellen – die Technik dazu ist vorhanden und erfolgreich getestet – hat K+S in unserer Region immer auf die Rückendeckung von Politik, Gewerkschaften und direkt angrenzenden Kommunen gesetzt. Das hat bis jetzt gut geklappt.

Und genau dieses Setzen auf politische Unterstützung, das ewige Drohen mit Arbeitsplatzverlusten, falls die Politik ernst machte mit klaren Forderungen nach einer Einhaltung der ökologischen Spielregeln, wie sie in der EU gelten und eigentlich auch im ökonomisch (über-)mächtigen Deutschland (!), war auch am Anhörungstag förmlich und spürbar mitzuerleben. Statt ein aufwändiges Raumordnungsverfahren für die Leitung einfach abzulehnen, einen Antrag dazu also gar nicht erst anzunehmen, weil der Antrag der weiter oben erwähnten Wasserrichtlinie der EU eklatant widerspricht und auch weil im „Bewirtschaftungsplan Salz“ nur von einer Leitung mit einer Kapazität von „lediglich“ 0,8 Millionen Kubikmeter die Rede ist, K+S diese Deckelung aber frech missachtet und gleich mal stattdessen 2,8 Millionen Kubikmeter beantragt, wird das Verfahren nach allen Spielregeln der Kunst durchgespielt. Um der Form Genüge zu tun und um damit K+S letztlich den „Segen“ für einen entsprechenden Bauantrag zu geben, selbst wenn der RP am Ende vermutlich nicht darum herum kommen wird, diesen „Segen“ mit einigen Auflagen zu versehen. Gegen einen solchen Bauantrag nach Hessischem Wasserrecht kann dann natürlich wieder Einspruch erhoben und geklagt werden; aber mit jedem Verfahrensschritt rückt das irrsinnige Projekt ein Stück näher…

Dieses Projekt widerspricht aber nicht nur den Vorgaben der EU und übersteigt die Salzabwassermenge der Planunterlagen um das 3,5 fache, nein, es verletzt auch zahlreiche andere rechtliche Vorgaben und Schutzgüter, die hier alle im Einzelnen gar nicht aufgezählt werden können. Das würde den Rahmen sprengen. Die Landwirte gehen auf die Barrikaden, weil viele Hektar wertvollen Ackerlandes verloren gehen. Die Naturschützer und ihre Organisationen sind schon dort, weil viele schützenswerte Bereiche tangiert und stark beeinträchtigt werden, sollte es zum Bau dieser Leitung kommen. Vor allem im Reinhardswald müssten für die riesigen Abwasserbecken großflächige Rodungen in empfindlichen Waldarealen stattfinden, für die man sich einen Ausgleich kaum vorstellen kann. Dazu sind auch viele Kommunen und vorneweg der Landkreis Kassel mit dem Vorhaben über Kreuz und alles andere als begeistert. Sie alle wollen nicht einsehen, dass diese Leitung quer durch Nordhessen geführt wird, Bad Hersfeld streift, an Felsberg, Gudensberg, Niedenstein, Schauenburg und Istha vorbeiführt und weiter nach Wolfhaben, Breuna, Hofgeismar, Trendelburg, um dann endlich bei Gieselwerder die salzige Fracht der Weser anzuvertrauen…

Unbeeindruckt von Dutzenden guter Argumente für eine Einstellung des Raumordnungsverfahrens wird der Anhörungstermin aber „regelkonform“ durchgezogen, obwohl so viele Regeln dabei verletzt werden. Und so muss leider damit gerechnet werden, dass weder K+S noch die Politik die Pferde wechseln werden und endlich auf eine abstoßfreie Produktion setzen. Dass erst eine solche die Arbeitsplätze langfristig sichern würde, wollen K+S und diejenigen, die ihre Hand schützend über K+S halten, nicht einsehen.

Und so ging an einem Montag im März in der Mehrzweckhalle Frommershausen ein Anhörungstermin seinem Ende entgegen, ohne dass die Hoffnung aufkommen wollte, dass der Region dieses Irrsinnsprojekt erspart werden könnte. Eine Einsicht beim Antragsteller K+S war jedenfalls nicht zu erkennen. Sonst wären ja die K+S Spezialisten nicht in Geschwaderstärke angerückt. Der finanzielle Aufwand dafür muss es wert gewesen sein. Den meisten Aktionären, die sich am 15. Mai in der Stadthalle wieder mal einfinden werden, um sich vom Vorstand erläutern zu lassen, wie es mit der Dividende aussieht, wird das ganze Verfahren und ihre unschönen Nebenwirkungen unbeeindruckt lassen, weil sie sich nun mal nur für ihre Rendite interessieren.

Wer will, dass diese Leitung nicht gebaut wird, muss aufhören, die Füße still zu halten. Vielmehr muss er oder sie sich überlegen, wen er oder sie auf welche Weise in seinem Engagement gegen die Politik von K+S unterstützen möchte.

Auch wenn Sie als Aktionäre verständlicherweise anders auf die Aktivitäten ihres Konzerns schauen: Vielleicht haben Ihnen die obigen Zeilen ja doch geholfen, das Handeln von K+S mit anderen Augen zu sehen und die negativen Konsequenzen für die betroffene Natur, die Flüsse, den Boden, das Trinkwasser dieser Region …

Flugblatt-Text Ende. (V.i.S.d.P: E. Jochum/Dr. A. Kuntzsch für den Naturschutzbeirat des Landkreises Kassel, am 15.05.2018)

Am 9. April 2018 war von ihnen in der HNA zu lesen: „…zu sagen, Muslime sind antisemitisch und muslimische Flüchtlinge bringen eine antisemitische Grundstimmung mit, ist idiotisch und führt zu nichts“. Was für ein selten dämlicher Satz. Wie krass er die Faktenlage auf den Kopf stellt, zeigt die jüngste Attacke einer arabischen Jung-Männer-Gang in Berlin, im Stadtteil Prenzlauer Berg, die dort zwei junge Männer mit Kippa massiv angegriffen hat. Der Haupttäter, ein 19 jähriger Araber, hat sich inzwischen der Polizei gestellt. Er war derjenige, der, wie in einem Video im Netz nachgeschaut werden kann, mit einem Ledergürtel auf den jungen Israeli mit Kippa eingeschlagen hat: Mit hasserfüllten, antisemitischen Kommentaren und Ausrufen – nur weil sein Gegenüber als Jude erkennbar war. Wie kann man/frau, denn diese Vorfälle sind ja keine seltsamen Einzeltaten (oder ist der Mord eines Arabers an einer jüdischen Holocaust-Überlebenden in Paris schon wieder vergessen?), ob dieser und vieler anderer Übergriffe von Muslimen solche uneingeschränkten Sätze wie den da oben von sich geben? Es ist nicht zu fassen. Dieser ihr Satz, Frau Dr. Amirpur, leugnet die Wirklichkeit und der sollten sie sich endlich stellen.

Ich habe ihnen mit meinem Artikel vom 12. April 2018 hier in der Kassel Zeitung aber nicht nur deswegen, also nicht nur wegen dieses einen besonderen Satzes widersprochen, vielmehr wegen vieler weiterer Tatbestände, die einen erheblichen Realitätsverlust verraten. Das trifft, ohne dass ich meine Argumente hier noch einmal wiederholen möchte, ganz besonders zu auf ihre ‚gesundbeterische‘ Haltung im Verhältnis zum Iran, wie sie in der Abendveranstaltung „StreitZeit“ im Foyer des Kasseler Opernhauses zum Ausdruck kam. In der von Wolfram Bremeier (Ex SPD-OB) moderierten Debatte, die wegen der Auswahl der Gesprächspartner zum fast liebevollen Austausch islamfreundlicher Argumente geriet, auch weil die Fragen des Moderators ganz auf einer Linie mit den Positionen der Vortragenden lagen, haben sie eine Chance verspielt, obwohl das an diesem Abend eine gute Gelegenheit gewesen wäre, kritisch über den Iran zu informieren, zu sprechen und auf Distanz zu diesem mörderischen Regime zu gehen. Gerade dieses Nicht-Sprechen über die grauenhafte Vollstreckung hunderter Todesurteile (hierbei ist der Iran Weltmeister!!) und die massenhaften Folterungen von Regimegegnern etc., ist erschütternd. So werden Frauen für Ehebruch schon gesteinigt bzw. gehängt, was sie, Frau Amirpur bereits als Fortschritt priesen! Schwule und Lesben werden brutal verfolgt und zur Abschreckung teils an Baukränen aufgehängt. Alles kein Grund für Kritik? Alles kein Grund, zu der dort praktizierten Form eines islamistischen Gottesstaates mit seinen gefährlichen Ausbreitungstendenzen im ganzen Nahen Osten Stellung zu beziehen? Alles kein Grund, die offene Unterstützung gefährlicher, terroristischer Organisationen wie die der Hisbollah und der Hamas anzuprangern? Offensicht nicht für sie. Es scheint alles in Ordnung zu sein im Iran, in ihren Augen!

Unter diesem Link kann das Video betrachtet werden mit der muslimischen Attacke auf einen jungen Israeli in Berlin, der nicht glauben wollte, dass das Tragen einer Kippa dort heute gefährlich werden kann. Dass er damit oder dafür in anderen Teilen dieses herrlichen Landes von deutschen Neonazis angegriffen werden kann, macht die ganze Sache nicht weniger hässlich.

https://www.tagesspiegel.de/berlin/antisemitische-attacke-in-berlin-adam-armush-ich-wollte-mir-das-nicht-gefallen-lassen/21188018.html

Selbst wenn ich nicht in der Lage bin, die Stichhaltigkeit der Berechnungen des Umweltbundesamtes „aus dem Stand“ auf ihre mathematisch-statistische Korrektheit und Prägnanz zu überprüfen (es gibt Statistikexperten, die da so ihre methodischen Zweifel hegen), gehe ich davon aus, dass besagtes Amt im Grundsatz richtig damit liegt und dass es in der Tat einige tausend Menschen sind, die in den Ballungsräumen stickoxidbedingt etwas früher sterben müssen als sie es ohne diese Belastungen müssten. Das sind, so wird entgegnet, Personengruppen, die ohnehin ein größeres Sterberisiko haben: Kranke, Alte, kleine Kinder, Personen mit Vorschädigungen und insbesondere natürlich solche mit Atemwegerkrankungen. Aber das macht ihren Tod nicht weniger beklagenswert. Und es sind darüber hinaus Millionen, die gesundheitlichen Schaden dadurch davon tragen, dass in 70 Großstädten der BRD die EU- Grenzwerte in Sachen Stickoxide immer noch nicht eingehalten werden. Und auch wenn die Dieselfahrzeuge nicht die einzigen Verursacher sind: So stellen sie hierbei doch das Kernproblem dar.

Im Focus steht nun seit geraumer Zeit, dass die Konzerne in Bezug auf den Schadstoffausstoß die Gesetzgebung und die entsprechenden Grenzwerte der EU nicht nur nicht einhalten bzw. dass sie viel zu niedrige Abgaswerte betrügerisch vorgegaukelt haben, um die Vorgaben zumindest auf dem Papier und den Verkaufsprospekten einzuhalten. Über das Ausmaß an Manipulation, Betrug, irreführender Werbung etc. hat sich insbesondere VW weltweit einen Namen gemacht. Das lässt sich kaum toppen. Und die Folgen werden noch lange für Gesprächsstoff in unterschiedlichen Zusammenhängen sorgen…

Auch wenn es ausgesprochen peinlich für die bundesdeutschen Ämter und natürlich auch den VW-Konzern ist, dass es „gerade“ die USA, ihre Umweltbehörden und ihre Justiz waren, die das groß angelegte Betrugsmanöver aufgedeckt haben und die VW viele Milliarden an Strafen, Erstattungen und Wiedergutmachungen abgetrotzt haben, stehen VW und die anderen deutschen Automobilkonzerne, die ja alle mehr oder weniger intensiv bei den Betrügereien mitgemacht haben, zurecht immer noch am Pranger. Allerdings fehlt hierzulande jegliche politische Konsequenz in der Verfolgung des verbrecherischen Handelns der Autokonzerne. Ihre Systemrelevanz, wie einst die der Banken, ihre schiere ökonomische Macht und die hohe Effizienz der Lobbyarbeit scheinen Früchte zu tragen und die Politik nahezu handlungsunfähig zu machen. Die einzige Konsequenz aus dem ganzen Drama ist die allgemeine, mantramäßig vorgetragene Feststellung, dass es unter gar keinen Umständen zu Fahrverboten kommen dürfe. Was auch immer die Gerichte im Vorfeld dazu an Möglichkeiten aufgezeigt und ermöglicht haben: Zu Fahrverboten darf es hier bei uns für all die Fahrzeuge, die aufgrund der Betrugsmanöver der Autokonzerne das Zigfache des Erlaubten an Stickoxiden ausstoßen bzw. die die versprochenen Abgaswerte beim Verkauf nicht einhalten, auf keinen Fall kommen. Das erinnert an die Weigerung aller bisherigen Regierungen, das unnötige Sterben auf den Autobahnen, einem vollkommen idiotischen Geschwindigkeitswahn geschuldet wie auch der hocheffektiven Lobbyarbeit von Herrn Wissmann und seiner Truppe, endlich zu beenden bzw. zu begrenzen…

Dass es überhaupt die Tüchtigkeit und Gründlichkeit der US-Behörden brauchte (hält man doch hierzulande ausgerechnet Deutschland für so was wie den gefühlten Umwelt-Weltmeister unter den entwickelten Ländern), die unbeschreibliche Dreistigkeit von VW aufzudecken, ist ausgesprochen peinlich. Dass die Bundesregierung ihren eigenen Bürgern den Schutz für den ihnen durch betrügerische Verkaufsmethoden entstandenen Schaden zu ersetzen und dazu noch Millionen Bürgerinnen und Bürger seit Jahren den gesundheitsgefährdenden Belastungen durch zu hohe Stickoxidkonzentrationen auszusetzen, ist in Worte fast nicht zu fassen: Inakzeptabel, verbrecherisch, kaltschnäuzig. Was auch immer: Aber in Ordnung ist es nicht.

Während man duldet, dass einer Kassiererin bei Lidl wegen der Unterschlagung eines Kassen- bzw. Getränke-Bons gekündigt wird, können die deutschen Autokonzerne ihre gigantischen Betrugsmanöver unbeschadet jeglicher Konsequenz durchziehen und sich – zumindest bis jetzt – vor technisch sehr wohl möglichen Umbaumaßnahmen drücken, obwohl ihre ökonomische Situation es durchaus möglich machte. Nicht dass der Umbau einer großen Dieselflotte so einfach aus der Portokasse zu zahlen wäre, nicht dass die deutschen Autokonzerne große Zukunftsaufgaben zu meistern hätten: Aber für die Dieselnachrüstung reichen die Gewinne und Ressourcen allemal. Da müssen die Aktionäre noch nicht mal zur Ader gelassen werden dafür.

Wenn man nach einer Erklärung für ein derartiges Verhalten sucht, muss man, um die ganze Dimension des Skandals, des verbrecherischen Handelns der besagten Konzerngruppen zu erfassen, ein wenig in der Zeit zurückgehen: Seit ungefähr Ende des vorigen Jahrtausends gab es von verschiedenen Umweltorganisationen und auch Behörden einschließlich der in diesen Dingen nicht inkompetenten Autoclubs deutliche Hinweise darauf, dass seit Jahren schon insofern getrickst und gefälscht wird, als die angestrebten Werte bei den Abgasnormen grundsätzlich nur unter Labor- resp. Testbedingungen eingehalten werden. Die sind aber für das, was die Menschen in den Städten einatmen müssen, gänzlich uninteressant.

Auf diese Weise wird das Dieselgate in der Bundesrepublik am Ende so ausgehen wie (fast) immer: Die Bürger und die Autofahrer werden die Zeche bezahlen. Diese Regierung, diese jetzt schon angeschlagene GROKO, wird alles unterlassen, wie just diese Tage verkündet, was die Autokonzerne ökonomisch belasten könnte. Denn dafür ist die Regierung in allererster Linie da, genau dafür zu sorgen. Auch wenn‘s klingt wie aus dem frühen vorigen Jahrhundert: Es ist trotzdem richtig. Die Regierung ist im Prinzip der geschäftsführende Ausschuss eben dieser großen Konzerne. Die von der EU „garantierten“ Rechte werden serienweise missachtet und genauso kaltlächelnd werden die von der EU in Sachen Autoabgase vorgeschriebenen Grenzwerte gerissen. Das sieht bei der Versalzung der Flüsse Werra und Weser nicht anders aus. Auch da interessiert es die Bundesregierung und das Land Hessen kein bisschen, dass die in der entsprechenden EU-Richtlinie für Gewässereinhaltung (Wasserrahmenrichtlinie / WRRL) aus dem Jahr 2000 vorgeschriebenen Werte seit Jahren nicht eingehalten werden. Aber das führt hier zu weit… Solche Werte interessieren die deutsche Regierung offensichtlich einen Scheiß. Die Einfärbung der jeweiligen Koalition spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle.

In Anbetracht der Tatsache, dass man vermutlich lange und vergeblich darauf wird warten müssen, dass in Sachen Dieselgate Bundes- oder Landesregierungen wirksam handeln, sind wohl die Städte am Zug. Für Kassel, wenn sie ihren Bürgerinnen und Bürgern eine bessere Atemluft gönnen wollen, müsste das u.a. heißen:

• Die Straßenbahn nach Harleshausen (über Rothenditmold natürlich) sollte rasch ausgebaut werden. An dieser Trasse wohnen über 20.000 Personen.
• Ebenso rasch oder kurz danach sollten Straßenbahnverbindungen nach Lohfelden und Ihringshausen hergestellt werden. Der Widerstand der beiden Gemeindevertretungen gegen diese sinnvollen Projekte sollte aufgegeben werden.
• Für den Ausbau und die Verbesserung der Radwege-Infrastruktur sollte die Stadt endlich ordentlich Geld in die Hand nehmen: 3 – bis 4 Millionen jährlich!
• Alle Straßenbahn-Hauptkorridore sollten, wie die Holländische Straße, so ausgebaut werden, dass die Straßenbahnen mit Anhänger befahren werden können.
• Die Parkraumbewirtschaftung und die Stellplatzsatzung müssen dringend ökologisch auf die neuen Verkehrsanforderungen hin ausgerichtet und angepasst werden. Die dabei generierten Zusatzerlöse werden dem Ausbau des ÖPNV’s zugeführt.
• Wie die Stadtverordnetenversammlung bereits vor vielen Jahren beschlossen hat, sind alle oberirdischen Stellplätze auf den städtebaulich relevanten Plätzen abzubauen. Dafür gibt es die Tiefgarage unter dem Friedrichsplatz. Die Plätze sind anschließend nachhaltig zu begrünen.
• Die Busflotte ist sofort auf Gasbetrieb umzustellen. Die Fahrzeug-Flotten der öffentlichen Unternehmen sind auf E-Fahrzeuge umzustellen. Die Ladeinfrastruktur für E-Autos ist konsequent auszubauen.
• Dach- und Fassadenbegrünung sind grundsätzlich in allen Bebauungsplänen festzusetzen und entsprechend zu fördern. Das verbessert das Mikroklima, vergrößert die Verdunstungskälte und bindet Staub.
• Statt immer wieder neue Flächen im Außenbereich zu verbraten und zu versiegeln, ist konsequent auf Innenentwicklung zu setzen. Es reicht nicht, immer und überall darüber zu reden. Es muss gemacht werden!
• Die Frischluft-Schneisen müssen konsequent freigehalten und Hindernisse aller Art müssen beseitigt werden.
• Alle Diesel unter der Euro Norm 6 sind aus Kassel so lange zu verbannen, bis sie entsprechend nachgerüstet worden sind und höchsten Reinheitsanforderungen resp. den EU-Vorgaben genügen.

Damit schließt sich der Kreis und wir sind wieder beim Diesel angelangt.

Diese kurze Liste erhebt natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die Reihenfolge ist nicht gewichtet. Aber es wäre gut, wenn rasch entsprechende Entscheidungen in dieser Richtung fallen würden!

Michel Houllebecq’s Roman Unterwerfung war für das Kasseler Staatstheater Anlass – die bisherigen Vorstellungen waren offensichtlich alle gut besucht – zum 2. Mal innerhalb der Reihe Streitzeit zur Diskussion zu laden. Über das Buch und das im TIF laufende Stück wurde nicht diskutiert. Das lag, wie vieles andere auch, an der Auswahl der Vortragenden, die sich trefflich ergänzten, sich in keinem einzigen Punkt widersprachen, obwohl das ganze Land mehr als zerrissen ist in der Frage, die zur Debatte stand: Ist das „Alles nur ‚Angstgerede‘?“, was da so diskutiert wird über den Islam?

Wie es um die Positionen von Frau Dr. Amirpur steht, konnten die geneigten HNA- Leser/innen schon am Vortag lesen: Während die Massaker des sogenannten Islamischen Staates, die Rolle von Hamas und Hisbollah im Nahen Osten unter dem Terror-Sponsoring des Iran genau so wenig eine Rolle spielten, wie all die vom Islam und vom Koran motivierten islamistischen Attentate in Europa, in London, Madrid, Paris, Berlin, Brüssel etc., wurde den gespannt lauschenden Zuhörern in geschliffener Rede offenbart, dass es keinen Zweifel gebe daran, dass westliche Demokratie, Frauenrechte und Geschichtsauffassung sehr wohl kompatibel mit dem Islam und den MuslimInnen seien. Hätte sie ihre Auffassungen wenigstens im Konjunktiv formuliert, wäre es mit der Kompatibilität zumindest ein klein wenig offener geblieben. So aber legte sich Frau Dr. Amirpur in jeder Hinsicht fest: Burka, Niqab, Hidschab und Tschador seien im öffentlichen Raum kein Problem. Dem Antisemitismus in den Köpfen der in den letzten Jahren nach Europa Geflüchteten, ebenso wie dem Antisemitismus bei denen, die schon länger hier leben, wie z.B. den vielen Türken, die von der AKP-gelenkten DITIB indoktriniert werden, müsse man zwar entgegentreten – dieser Antisemitismus sei aber ursprünglich ein europäischer. Das aber entspricht nicht den Tatsachen.

Die Protokolle der Weisen von Zion erreichen seit Jahrzehnten in den arabischen Ländern unfassliche Auflagen, die Bücher von Hassan Al-Banna, dem Gründer der Muslimbrüderschaft und Sayyid Qutb („Unser Kampf mit den Juden“) ebenfalls. Die Frau Doktor erwähnt dies mit keinem Wort und behauptet stattdessen, der bei Migranten und MuslimInnen vorzufindende Antisemitismus gehe auf arabische Übersetzungen europäischer antisemitischer Werke zurück. Hinzuzufügen wäre, dass es schon während Mohammeds Leben ganz unterschiedliche Phasen in der Einstellung zu Juden gab. Die Phase, in der Mohammed sich neutral und z.T. lobend über das Judentum äußerte, endete bereits im Jahr 624. Da fand die Schlacht von Badr bei Medina gegen die jüdischen Stämme statt, die sich Mohammeds Herrschaftsanspruch nicht beugen wollten. In deren Folge wurden die drei jüdischen Stämme in und um Medina ausgelöscht bzw. vertrieben. Aus dieser Phase stammen auch die Suren und Bestandteile des Koran, die Juden als Enkelkinder von Affen und Schweinen bezeichnen. Aber das spielt für Frau Doktor keine Rolle, da lächelt sie mild und spricht von Surenpingpong. Es kann halt jeder im Koran finden, was er will. Ist doch im Alten und Neuen Testament genauso. Na dann… Wer sich aber an die Demonstration im Sommer 2014 u.a. in Kassel erinnert, wo der muslimische Mob mit Unterstützung von Linken und Rechten brüllend die Königstraße füllte, sieht vor seinem geistigen Auge immer noch die Plakate mit den Schweinen, die Juden darstellen sollen, von den Blut trinkenden Juden und anderem ganz abgesehen. Und das geht nicht auf europäischen Antisemitismus zurück, vielmehr auf den arabischen…

Eine häufige Erfahrung aufmerksamer Besucher des Nahen Ostens und der arabischen Länder ist die Begeisterung, auf die man trifft, wenn man arabischen Menschen mitteilt, man sei aus Deutschland. Oh, Deutschland! Hitler war ein guter Mann… Und die angeblich so geschundenen und entrechteten „Palästinenser“ verdanken all die Durchschlagskraft ihrer irren Forderungen dem unermüdlichen Bemühen eines Muftis aus Jerusalem – Amin el-Husseini -, der die palästinensische Frage und Nationalbewegung im Alleingang erfunden hat, vor den Engländern nach Berlin zu Adolf Hitler flüchtete und später in Bosnien für die Nazis zwei muslimische Regimenter kommandierte, bevor er sich rechtzeitig, Nürnberg entrinnend, wieder in den Nahen Osten begab. Alles kein Thema für die Dame Amirpur und auch nicht für ihren Mitdiskutanten, Herrn Professor Leggewie, Urgestein der 68er und Multi-Kulti-Ideologe. Aber angesichts solcher Zusammenhänge macht sich bei der Linken ein Schweigen breit, das kein vernunftbegabter Mensch begreifen kann.

Abzustreiten, dass nicht wenige der hierher kommenden Flüchtlinge ein durchaus verfestigtes antisemitisches Weltbild mitbringen, ein durchaus rückwärtsgewandtes Bild der Frau und noch viel gefährlichere Vorstellungen von einem Staat, in dem Politik und Religion nicht klar voneinander getrennt sind, kann man nur als ignorant bezeichnen. Solche Probleme derart kleinzureden, deutet bei Frau Dr. Amirpur auf eine Art Realitätsverlust hin. So äußerte sie in der HNA wörtlich: „…zu sagen, Muslime sind antisemitisch und muslimische Flüchtlinge bringen eine antisemitische Grundstimmung mit, ist idiotisch und führt zu nichts“. Dieser Satz ist grundfalsch. Er widerspricht der Faktenlage eklatant. Und die Gefahr, die darin liegt, dass sich derartige Grundhaltungen verbinden mit dem in Deutschland auch ohne Muslime schon vorhandenen vielfältigen Antisemitismus (bei den vielen Gruppen ultrarechter und völkischer Organisationen und Parteien, bei relevanten Teilen der Linken und auch bei Gruppen, die tief in der sogenannten Mitte der Gesellschaft verankert sind) darf nicht übersehen und kleingeredet werden, auch und vor allem nicht von einer Frau, die weit umher reist und sich als große Iranversteherin gibt.

Während Frau Dr. Amirpur nicht müde wird, überall zu verbreiten, dass sich die Geduld mit den Mullahs im Iran lohne und sich die Situation u.a. für die Frauen bald verbessere, dass sich Israel keine Sorgen machen müsse (auch wenn die Raketen des Landes bei Tests überaus deutliche Aufschriften tragen) und dass die Reformer sich am Ende mit substantiellen Reformen durchsetzen würden: Die Menschen im Iran wissen es besser. Sie wussten es besser im Jahr 2009 und so auch bei den jüngsten Demonstrationen und Erhebungen. Auch Frau Shirin Ebadi, die für ihren Mut und ihren Widerstand als Menschenrechtsanwältin den Nobelpreis erhielt, war über lange Jahre der Meinung, dass alle Bestrebungen von außen, einen „Regime Change“ zu verlangen und darauf hin zu arbeiten, nicht der richtige Weg seien. Heute, wie kürzlich in einem Interview mit dem Nahostexperten Thomas von der Osten-Sacken zu lesen war, spricht Frau Shirin Ebadi Klartext: „Das iranische Regime ist unreformierbar“. Zu gern hätten wir von Frau Dr. Amirpur so etwas oder etwas Ähnliches gehört: leider Fehlanzeige.

Herr Dr. Leggewie, der es wichtig fand, sich als Anhänger des rheinländischen Katholizismus zu bezeichnen, gab den ideologischen Begleitschutz für Frau Dr. Amirpur ab. Eigentlich müsste er es besser wissen, verbinden ihn doch seine frühen politischen Bezüge mit Algerien. Algerien ist das Land, in dem der Islamismus schon in den Neunzigern einen mörderischen Bürgerkrieg entfesselte, der sich auch explizit gegen Gewerkschafter, Linke und Frauen richtete und über Hunderttausend Menschen das Leben kostete. Aber auch er sieht keinerlei Problem darin, den Islam, in allen seinen Spielformen, in Europa optimal zu integrieren. Und er hat durchaus den Arbeitsmarkt im Blick, wenn er sagt, dass ausgesprochen gute Chancen bestünden, die vielen, gut ausgebildeten Syrer in die deutsche Wirtschaft einzubinden…

In der sich anschließenden Diskussion wurde immer wieder hervorgehoben, dass man eigentlich nur Fragen erwarte. Außerdem sollten diese dann möglichst kurz und knapp sein. Kritische Statements waren eher nicht erwünscht. Dazu gab es bedauerlicherweise nur ein Saalmikrofon, das vom Theaterintendanten, Herrn Bokelmann, persönlich herumgereicht wurde. Und so wurde aus den überaus einmütigen, in keiner Weise zum Disput anregenden Eingangsreferaten des Beschwichtigungs-Duos Amirpur/Leggewie eine fast ebenso brave Debatte.

Zu Beginn fragte eine Besucherin kritisch nach, wie es sein könne, dass man ein Streitgespräch zu einem in der Gesellschaft derart kontrovers diskutierten Thema ankündige und dann zwei Referenten einlade, deren Positionen zum Thema nahezu identisch sind. Der AfD – Mann, Manfred Mattis, Rechtsanwalt und Bundestagskandidat der AfD im Wahlkreis 168, machte dann den Versuch, seine eigenen, kritischeren Auffassungen vom Islam vorzutragen, auch wenn man ihn dabei mehrfach unterbrach. Dann gab es noch ein paar differenziertere Anmerkungen einiger ZuhörerInnen, u.a. vom Autor dieses Artikels. Er fragte, was wohl aus Israel werden würde, eingekreist wie es sei von judenhassenden Nachbarn? Und Jürgen Petzoldt berichtete von der Arbeit mit Flüchtlingen an einer Landkreisschule und erzählte, dass sie alle gegen Israel konditioniert seien.

Es war ganz offensichtlich kein Raum und kein Abend für eine kritische Sicht auf das, was der Islam für Europa darstellt: eine große Gefahr. Michel Houllebecq jedenfalls – und damit wären wir wieder bei den Eingangszeilen und bei seinem Roman bzw. dem gleichlautenden Theaterstück im TIF (wie auch immer man die literarische Qualität des Romans bewerten mag): Dieser Schriftsteller hat mit seinem Werk auf jeden Fall eine wahrhaft visionäre Weitsicht an den Tag gelegt, wenn er vor den möglichen Entwicklungen durch eine zunehmende Islamisierung – nicht nur in Frankreich – warnt.

Wenn das ein typischer Abend mit deutschen wohlsituierten, betuchten Bildungsbürgern war, dann kann einem Angst und Bange werden. Die Herrschaften leben in einer anderen Welt und pflegen ihre wohlmeinende Gesinnung, völlig unberührt von den Fährnissen der sozialen Realität. In Israel kann sich das nicht einmal diese privilegierte Schicht leisten.

PS: Zu dem Artikel, den Sie auch im Blog des Bündnisses gegen Antisemitismus lesen können (www.bgakassel.de/blog/), haben Jürgen Petzold und Jonas Dörge einige durchaus wichtige Anregungen und Sätze beigetragen!

Warum ich das in der Überschrift Geäußerte derart kurz nach der erneuten Inthronisierung der vierten Regierung von Frau Merkel meine, so formulieren zu sollen? Ganz einfach, weil der neue Gesundheitsminister Spahn ohne Rausschmiss aus eben dieser unseligen Koalition sagen durfte: In Deutschland muss niemand hungern, auch wenn es hier keine Tafeln gäbe, weil Hartz IV doch allemal zum Leben reiche…

Nachdem wir der rot-grünen Schröder-Regierung die entwürdigenden, den Export jedoch deutlich steigernden Hartz IV-Gesetze im Rahmen der Agenda 2010 zu verdanken haben – entwickelt und durchgesetzt schwerpunktmäßig zwischen 2003 bis 2005 – leben erhebliche Teile der weniger begüterten Bevölkerung unter der permanenten Bedrohung, in Armut abzustürzen, wenn sie ihre Arbeit verlieren oder sonst irgendwie aus der Spur geraten: Mit all den entwürdigenden Tatbeständen, die damit verbunden sind – bis hin zum Hunger. Was bekanntlich ein dehnbarer Begriff ist.

Ein Minister, der sich anlässlich der Diskussionen, die von den Beschlüssen der Essener Tafel – keine zusätzlichen bedürftigen Migranten zur Essensausgabe zuzulassen – ausgelöst worden sind, hinstellt und tönt, Hartz IV-Empfänger müssten in Deutschland auch ohne die Tafeln nicht hungern, lebt ganz offensichtlich auf einem anderen Stern. Die Wahrheit ist, und das bestätigen alljährlich die traurigen Berichte der Wohlfahrtsverbände immer wieder neu, dass die Armut in Deutschland zunimmt, nicht trotz, sondern wegen dieser unsäglichen Gesetze, die Sozialdemokraten unter dem Jubel von Wirtschaft und CDU in die Welt gesetzt haben.

Dass die SPD bis heute als Partei wegen dieser im Kern asozialen Gesetzgebung zerrissen ist und „leidet“, dass sie schon zehntausende von Mitgliedern verloren hat und nun schon lange gegen einen rapide zunehmenden Wählerschwund ankämpfen muss (die SPD liegt inzwischen auch im Bund hinter der AfD und folgt damit möglicherweise bald dem Schicksal anderer europäischer, sozialdemokratischer Parteien, die schon ganz von der Bildfläche verschwunden sind!!), sind alles Tatsachen. Wann der Niedergang dieser einst stolzen Partei genau eingesetzt hat, ist eine ausgesprochen komplizierte Frage: Bei der Zustimmung zu den Kriegskrediten vor dem 1. Weltkrieg, als Noske („Einer muss der Bluthund sein“) die Soldateska 1919 auf die streikenden Berliner Arbeiter losgelassen hat, beim Erlass der Berufsverbote durch Willy Brandt oder erst „kürzlich“, als Schröders Ghostwriter Steinmeier, der eigentliche Vater der Agenda 2010 und der Hartz IV-Gesetze, mit diesem Gesetzespaket und dem Generalangriff auf soziale Rechte von Hunderttausenden dem bis dahin rheinisch eingefärbten Kapitalismus den Todesstoß versetzt hat? Aber solche Fragen führen hier zu weit…

In direkter Verknüpfung mit einigen anderen Tatbeständen, die ebenfalls ursächlich in die Schröder’sche Politik- und Agendaphase fallen – entfesselter Neoliberalismus, radikale Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen und Verkauf von öffentlichen Eigentums – ist, als Rückseite der Medaille, eine konsequente Begünstigung des Reichtums in allen seinen Spielarten festzustellen. Sie zieht sich seit der Streichung der Vermögenssteuer (noch unter Kohl), der Senkung des Spitzensteuersatzes von 53 auf 42 % und der Freistellung der „Gewinne aus der Veräußerung inländischer Kapitalbeteiligungen im betrieblichen Bereich“ unter Schröder/Fischer hin bis zum neuen Koalitionsvertrag der neuen (zweiten) Groko hintereinander. Denn dieser Vertrag ist kein Buch mit 7 Siegeln, vielmehr eine 177 Seiten lange Bankrotterklärung in Sachen Armutsbekämpfung bzw. weiterer Umverteilung zugunsten der Reichen und Superreichen. Dieser Vertrag enthält keine Silbe zur Umverteilung oben nach unten, kein Wort zu einer Vermögenssteuer, keinen Satz zur Reform der Erbschaftssteuer, die den Namen wirklich verdiente… Alles Fehlanzeige.

Das wird der SPD am Ende aber das Genick brechen und die Stimmung im Land sicher nicht verbessern, der AfD nicht das Wasser abgraben. Dass 10 % der Reichsten in Deutschland 2/3 des Gesamtvermögens in ihren Händen halten und dass auf der anderen Seite die Armutsquote bei 15,7 % liegt (sie betrifft damit 13 Millionen Menschen, darunter jedes 5. Kind!) zeigt, wie falsch die Dinge laufen. Und ökonomisch ist ein derartiges Ungleichgewicht von Reichtum für gar nichts gut. Einkommensungleichheit in solchen Dimensionen wirkt sich fast nur negativ auf die Konjunktur und andere ökonomische Faktoren aus.

Und wenn sich nun obengenannter Herr Spahn ums Gesundheitswesen kümmern soll, das dringend großer und mutiger Reformen bedürfte, also um die Krankenhäuser, die Kluft in der ärztlichen Versorgung zwischen Stadt und Land, die gruseligen Unterschiede zwischen Privatversicherten und Kassenpatienten, die himmelschreiende Überbelastung und Unterbezahlung der in der Altenpflege Arbeitenden…, dann darf man keine Erwartungen hegen, dass sich da rasch etwas zum Besseren wenden wird, außer dass die privaten Akteure im Gesundheitswesen ihr „Recht auf steigende Renditen“ realisieren werden. Interessiert es Sie überhaupt, Herr Spahn, dass hier bei uns, einem der reichsten Länder der Welt, tatsächlich jedes 5. Kind arm ist? Vermutlich nicht. Und dann wird es sie sicher auch nicht tangieren, dass das eine oder andere davon tatsächlich ab und an mal hungert…!

Aber man kann natürlich besagten Herrn Spahn nicht allein für seinen unsäglichen Satz verantwortlich machen. Vielmehr muss man die ganze Riege der Ministerinnen und Minister der neuen Regierung auf die Anklagebank setzen. Und vor allem darf man den freundlichen Herrn Steinmeier, der als Außenminister zuletzt so überaus hohe Sympathiewerte zu verzeichnen hatte und der inzwischen unser aller Bundespräsident geworden ist, nicht vergessen. Aber ob es die vielen Hartz IV – Empfänger freut, die Zeitarbeiter, die 1 Euro Jobber etc., dass nun der Vater und Erfinder der Gesetze, unter denen sie leiden, der höchste Repräsentant der Deutschen ist, darf dann doch bezweifelt werden. Denn genau er hat die Gesetzes – Arie angeregt und er hat kräftig mitgeholfen, sie durchzusetzen, so wie er zu denen in der SPD gehörte, die sich bis heute erfolgreich gegen ihre Abschaffung gewehrt haben, weil er offensichtlich immer noch an ihre positive Wirkung glaubt. Unter Schröder war er seinerzeit als Kanzleramtsminister tätig. Die, denen er damit Tag für Tag die Würde raubt, sollten ab und an mal dran denken, wenn er uns bei Gelegenheit wieder so treu-brav im Fernsehen anlächelt…

Es war ein langer Tag: Für den 12. März hatte der RP zum großen Anhörungstermin in die Mehrzweckhalle Frommershausen eingeladen. Und der dauerte dann auch viele Stunden… Zahlreiche Behördenvertreter, viele Mitglieder von Bürgerinitiativen und eine ganze Reihe betroffener Einzelpersonen waren der Einladung des RP gefolgt. Ansonsten war keine Öffentlichkeit zugelassen. Diese Behörde war auch gleich mit vielen Fachleuten angerückt und die Firma K+S als Antragstellerin für das Monsterprojekt – was Erstaunen auslöste – rückte gleich in Geschwaderstärke an. So mit ungefähr 25 Experten und Profis! Das alles hätte die räumlichen Verhältnisse beim RP in Kassel wohl gesprengt. Dafür brauchte man dann schon so was wie eine große Mehrzweckhalle…

Und worum ging‘s genau? Dieses Mal nicht um Fischhaltung im Container und auch nicht um die Aufzucht von Salat, genährt und gedüngt mit den Fäkalien ebendieser Fische zu Demonstrations- und Ablenkungszwecken, inszeniert von K+S**. Vielmehr stand der Antrag von K+S zur Debatte, seine im Werra-Revier produzierten Salzabwässer möglichst elegant und kostengünstig wieder los zu werden. Dazu hat sich K+S im Rahmen von Verabredungen insbesondere mit dem Land Hessen – der Plan dazu nennt sich „Bewirtschaftungsplan Salz“ – darauf eingelassen, mit verschiedenen Maßnahmen die Salzbelastung von Werra und Weser zu verringern. Dazu gehören u.a. die Abdeckung der gigantischen Salz-Abfall-Halden und das Einstapeln von Salzabfällen in offengelassenen Salzgruben. Falls damit die Werra aber immer noch am Limit ihrer Salzaufnahmefähigkeit sein sollte, muss eben diese 140 km lange Abwasserleitung quer durch Nordhessen gegraben und zwei riesige Absetzbecken in den Reinhardswald geschlagen werden, bevor die Salzfracht dann bei Gieselwerder in die Oberweser eingeleitet werden kann. Bevor dazu ein entsprechender Bauantrag von K+S nach hessischem Wasserrecht gestellt werden kann, hat der RP im Rahmen eines Raumordnungsverfahrens darüber zu befinden, mit welchen Auflagen ein solcher Antrag versehen werden kann, also welche Hausaufgaben K+S ggf. noch abzuarbeiten hat. D.h. das „Rennen“ um dieses Projekt ist in jeder Hinsicht noch offen. In Anbetracht der langen Vorgeschichte in Sachen Toleranz der angrenzenden Regierungen und Behörden K+S gegenüber, muss jedoch mit dem Schlimmsten gerechnet werden.

In Anbetracht der Tatsache, dass einer der Hauptentsorgungswege für die Salzabfälle von K+S – die Verpressung in tieferes Gestein – ab 2021 nicht mehr zur Verfügung steht und angesichts des Tatbestandes, dass die Abdeckung der riesigen Salz-Abfall-Halden mit ihren bis 45° steilen seitlichen Hängen bislang nirgends erfolgreich realisiert werden konnte, rückt diese Leitung immer näher.

Sie offenbart vor allem eins: Dass sich K+S nie wirklich der Aufgabe gestellt hat, die Vorgaben der EU zum Wasserrecht ernst zu nehmen und die hierzu erlassene Wasserrahmenrichtlinie aus dem Jahr 2000 einzuhalten. Sie hat sich nie ausreichend Gedanken darüber gemacht, wie die gigantischen Schäden, die sie seit Jahrzehnten den Ökosystemen der Region zumutet, endlich vermieden und zurückgeführt werden könnten. Während sich ein ähnliches Salzbergwerk in der Nähe von Barcelona, die Firma dort heißt Iberpotash, unter dem Druck der EU bzw. der spanischen Zentralregierung damit angefangen hat, eine in Ansätzen abstoßfreie Produktion auf die Beine zu stellen – die Technik dazu ist vorhanden und erfolgreich getestet – hat K+S in unserer Region immer auf die Rückendeckung von Politik, Gewerkschaften und direkt angrenzenden Kommunen gesetzt. Das hat bis jetzt gut geklappt.

Und genau dieses Setzen auf politische Unterstützung, das ewige Drohen mit Arbeitsplatzverlusten, falls die Politik ernst machte mit klaren Forderungen nach einer Einhaltung der ökologischen Spielregeln, wie sie in der EU gelten und eigentlich auch im ökonomisch (über-)mächtigen Deutschland (!), war auch am Anhörungstag förmlich und spürbar mitzuerleben. Statt ein aufwändiges Raumordnungsverfahren für die Leitung einfach abzulehnen, einen Antrag dazu also gar nicht erst anzunehmen, weil der Antrag der weiter oben erwähnten Wasserrichtlinie der EU eklatant widerspricht und auch weil im „Bewirtschaftungsplan Salz“ lediglich von einer Leitung mit einer Kapazität von „lediglich“ 0,8 Millionen Kubikmeter die Rede ist, K+S diese Deckelung aber frech missachtet und gleich mal stattdessen 2,8 Millionen Kubikmeter beantragt, wird das Verfahren nach allen Spielregeln der Kunst durchgespielt. Um der Form Genüge zu tun und um damit K+S letztlich den „Segen“ für einen entsprechenden Bauantrag zu geben, selbst wenn der RP am Ende vermutlich nicht darum herum kommen wird, diesen „Segen“ mit einigen Auflagen zu versehen. Gegen einen solchen Bauantrag nach Hessischem Wasserrecht kann dann natürlich wieder Einspruch erhoben und geklagt werden; aber mit jedem Verfahrensschritt rückt das irrsinnige Projekt ein Stück näher…

Dieses Projekt widerspricht aber nicht nur den Vorgaben der EU und es enthält nicht nur die 3,5 fache Salzabwassermenge als Möglichkeit in den Planunterlagen, nein, es verletzt auch zahlreiche andere rechtliche Vorgaben und Schutzgüter, die hier alle im Einzelnen gar nicht aufgezählt werden können. Sie sprengten den Rahmen. Die Landwirte gehen auf die Barrikaden, weil viele Hektar wertvolles Ackerland verloren gehen. Die Naturschützer und ihre Organisationen sind schon dort, weil viele schützenswerte Bereiche tangiert und stark beeinträchtigt werden, sollte es zum Bau dieser Monsterleitung kommen. Vor allem im Reinhardswald müssten für die riesigen Abwasserbecken großflächige Rodungen in empfindlichen Waldarealen stattfinden, für man sich einen Ausgleich kaum vorstellen kann. Dazu sind auch viele Kommunen und vorneweg der Landkreis Kassel mit dem Vorhaben über Kreuz und alles andere als begeistert. Sie alle wollen nicht einsehen, dass diese Leitung quer durch Nordhessen geführt wird, Bad Hersfeld streift, an Felsberg, Gudensberg, Niedenstein, Schauenburg und Istha vorbeiführt und weiter nach Wolfhaben, Breuna, Hofgeismar, Trendelburg, um dann endlich bei Gieselwerder die salzige Fracht der Weser anzuvertrauen. Ein einziger Alptraum!

Unbeeindruckt von Dutzenden guter Argumente für eine Einstellung des Raumordnungsverfahrens wird der Anhörungstermin aber „regelkonform“ durchgezogen, obwohl so viele Regeln dabei verletzt werden. Und so muss leider damit gerechnet werden, dass weder K+S noch die Politik die Pferde wechseln werden und endlich auf eine abstoßfreie Produktion setzen. Dass erst eine solche die Arbeitsplätze langfristig sicherte, wollen K+S und diejenigen, die ihre Hand schützend über K+S halten, nicht einsehen.

Und so ging an einem Montag im März, in die Mehrzweckhalle Frommershausen, ein Anhörungstermin seinem Ende entgegen, ohne dass Hoffnung aufkommen wollte, dass der Region dieses Irrsinnsprojekt erspart werden könnte. Eine Einsicht beim Antragsteller K+S war jedenfalls nicht zu erkennen. Sonst wären ja die K+S Spezialisten nicht in Geschwaderstärke angerückt. Der finanzielle Aufwand dafür muss es wert gewesen sein. Den Aktionären, die sich am 15. Mai in der Stadthalle wieder mal einfinden werden, um sich vom Vorstand erläutern zu lassen, wie es mit der Dividende aussieht, wird das ganze Verfahren tendenziell am Allerwertesten vorbei gehen, weil sie sich nun mal nur für ihre Rendite interessieren.

Wer will, dass diese Leitung nicht Realität wird, muss aufhören, die Füße still zu halten. Vielmehr muss er oder sie sich bald überlegen, wen er oder sie auf welche Weise bei dessen Engagement gegen die Politik von K+S unterstützen möchte. Dafür kann man sich beim BUND, bei der Werra-Weser- Anrainerkonferenz e.V., beim Aktionsbündnis Salzfreies Märchenland e.V. und beim Naturschutzbeirat des Landkreises Kassel z.B. einklinken und mitmachen. Und man kann am 15. Mai vor der Stadthalle mit anderen zusammen demonstrieren gegen K+S. Damit die nicht denken, es interessiert hier niemanden, was sie so treiben…

** vgl. hierzu auch den Artikel vom 7. März 2018 hier in der Kassel-Zeitung:
K+S auf Nebenkriegsschauplätzen unterwegs! Nichts als Tarnung…

Was für eine Überraschung: Just der Konzern, der sich seit Jahrzehnten in unglaublicher Weise als Umweltsünder in die Geschichtsbücher der Region eingegraben hat, genau der Konzern, der seit Jahrzehnten gegen geltendes EU-Recht und die sog. Wasserrahmenrichtlinie vom Oktober 2000 (!) verstößt, der die Werra und die Weser zu salzigen Abwässern gemacht, die Böden und den Untergrund der Region für Jahrhunderte ruiniert, die Trinkwassergewinnung in unvorstellbarem Ausmaß geschädigt und ganze Landschaften mit Salzgebirgen verschandelt hat, die ihrerseits wieder für Jahrhunderte mit ihrer ausgewaschenen Salzlast kommenden Generationen das Leben schwer machen werden: Eben dieser Konzern macht jetzt auf Aquaponik! Es ist zum Kotzen.

Nein, nicht die Aquaponik natürlich, d.h. die mehr oder weniger ausgeklügelte Kombination von Fischzucht in Aquakultur mit Hydrokultur. Diese Form der Produktion von hochwertigem Eiweiß findet seit mindestens 10 Jahren schon an ganz vielen Orten des Planeten experimentell, aber auch schon marktkonform statt – ist also mitnichten eine Erfindung von K+S und auch keine Innovation, die Kassel in den Mittelpunkt moderner Nahrungsmittelproduktion rücken würde, wie es der Artikel in der HNA vom 6. März 2018 glauben machen will.

Vielmehr ist das ein durchsichtiges, leicht zu durchschauendes K+S-Ablenkungsmanöver: Statt endlich in die richtige, durchaus vorhandene und verfügbare Entsalzungstechnik zu investieren, wie sie heute schon vielerorts erfolgreich praktiziert wird, weigert sich K+S stur und beharrlich, mit Rückendeckung unserer Bundesregierung und verschiedener Landesregierungen, diese Investitionen in den Umweltschutz und in den langfristigen Erhalt der Arbeitsplätze zu tätigen. Stattdessen gibt es jetzt einen Container mit Aquaponik in Kassel – enthüllt vom Oberbürgermeister. Nicht zu fassen!

Und dieses lächerliche Manöver fällt genau und ganz zufällig in die Zeit, in der das Regierungspräsidium Kassel die vielen ernsthaften Kritiker der sog. Oberweserpipeline im Rahmen des gesetzlich vorgeschriebenen Raumordnungsverfahrens in die Mehrzweckhalle nach Vellmar-Frommershausen eingeladen hat. Wie soll das ein passendes Bild ergeben? Hier das wahre Gesicht des seit Jahrzehnten uneinsichtigen Konzerns, der gegen geltendes Umweltrecht verstößt und diesen Verstoß jetzt noch mit einem 140 km langen Werrabypass krönen will, ein Bypass, der die Salzfracht lediglich zur Weser weiter transportieren soll, weil die Werra am Ende ihrer Aufnahmekapazität angekommen ist.

Gegen dieses von K+S anberaumte Planungsverfahren laufen nicht nur der BUND, die Werra-Weser-Anrainerkonferenz (WWA) und das „Aktionsbündnis Salzfreies Märchenland“ Sturm, vielmehr viele Kommunen und Landkreise. Insbesondere der Landkreis Kassel bleibt nach eigenen Angaben konsequent dabei, dass diese Fernabwasserleitung mit den dazugehörigen gigantischen Abwasserbecken abgelehnt werden muss.

Was die örtlichen Vertretungen zusammen mit den genannten Umweltverbänden zu Recht fordern, sind wirksame Investitionen in den Umweltschutz und damit Perspektiven für eine abstoßfreie Salzproduktion. Erst eine solche Produktion sichert die Zukunft des Salzbergbaus und die dortigen Arbeitsplätze.

Was die Region braucht, sind wirksame Investitionen und keine lächerlichen PR-Aktionen in Aquaponik. Darum kümmern sich andere!<