Nachdem sich im vergangenen Frühjahr der Naturschutzbeirat des Landkreises Kassel schon einmal an die Presse gewandt hat mit den nicht unbegründeten Sorgen, die sich unser Gremium angesichts der verfehlten Umweltpolitik von K+S macht, wenden wir uns nun, im Frühjahr 2017, erneut an die Öffentlichkeit, um mit der beigefügten Erklärung eben diesen Sorgen Ausdruck zu verleihen. Am meisten bedrückt uns, dass die Option eines 140 Kilometer langen Salzwasserkanals quer durch Nordhessen nicht unrealistisch ist für den Fall, dass sich K+S am Ende als unfähig oder unwillig erweisen sollte, bis ca. 2021 wirksame Strategien einzuschlagen bzw. in vorhandene Umwelttechnik zu investieren, um einen dauerhaften Salznotstand im Weser-Werra-Gebiet in letzter Minute noch abzuwenden. Zum Horrorszenario dieses Monsterkanals zur Weser würden, im Ernstfall, noch riesige, viele Hektar große Salzwasserbecken – möglicherweise in empfindlichen und abgelegenen Teilen des Reinhardtswaldes – hinzukommen!
Im Dezember 2016 waren die Mitglieder unseres Gremiums auf Einladung von Herrn Willecke, einem der Pressesprecher von K+S, ins Werk in Heringen zu einer Besichtigung eingeladen. Unsere beigefügte Erklärung behandelt die während dieser Besichtigung gewonnenen Einsichten ebenso wie unsere Sicht der Dinge, die mit der Salz-Produktion von K+S zusammenhängen. Unsere Sorgen sind in den Monaten, die zwischen unseren beiden Erklärungen liegen, also zwischen Frühjahr 2016 und heute, leider nicht geringer geworden. Alles andere lässt sich in diesem leider etwas lang geratenen Text nachlesen.
Die Belohnung für’s Durchhalten beim Lesen ist ein spannender Einblick in ein ausgesprochen relevantes, leider hier bei uns immer noch ungelöstes Umweltproblem. Und auch das wird der Text den LeserInnen nahe bringen: Das Problem ließe sich durchaus aus der Welt schaffen, wenn denn von K+S in Problemlösungstechniken investiert werden würde, in Techniken, die es durchaus schon gibt und die in anderen europäischen Ländern erfolgreich angewendet werden.
E. Jochum
Erklärung des Naturschutzbeirates des Landkreises Kassel zu K+S, zu den Belangen des Grundwasserschutzes, der Gewässerreinheit und den Salzabfallhalden:
Besuch des Beirats am 13. Dezember 2016 in der „Höhle des Löwen“ und Aufruf zu Kundgebungen
Im April 2016 ist der Naturschutzbeirat des Landkreises Kassel schon einmal mit einer deutlichen Erklärung an die Presse und die Öffentlichkeit getreten, um gegen die Haltung des Salzkonzerns K+S zu protestieren. Unsere Auffassung ist, dass die jahrzehntelange, kaum veränderte Beibehaltung der Entsorgungswege durch
• die Aufhaldung der Rückstände,
• die Verpressung von Fabrikationsabwässern in den Plattendolomit und
• die Direkteinleitung von Fabrikationsabwässern und Laugen aus den Auswaschungsprozessen der Halden in die Werra,
zu nicht mehr tolerierbaren Belastungen der betroffenen Ökosysteme führte. Diese Auffassung hat sich durch unseren Besuch im Werk Heringen noch vertieft. Daran hat auch die Einladung zu einem Werksbesuch, ausgesprochen durch den Pressesprecher von K + S, Herrn Willecke, nichts geändert. Auch wenn Herr Willecke und seine KollgInnen alles in ihrer Macht Stehende taten, um den Mitgliedern unseres Gremiums vor Ort das Funktionieren des großen Kaliwerkes in Heringen zu demonstrieren und sie in jeder Hinsicht gute Gastgeber waren, sehen wir uns alles andere als überzeugt in Bezug auf die Bemühungen des Konzerns, den Anforderungen der EU und ihrer Wasserrahmenrichtlinie aus dem Jahr 2000 (WRRL) gerecht zu werden. Wir treten deshalb, auch wegen der dort gewonnenen Erkenntnisse, mit dieser aktualisierten Erklärung erneut an die Presse und die Öffentlichkeit:
Natürlich gab es, ganz objektiv, an diesem Dezembertag 2016 einiges zu bestaunen in Heringen. Das ist, angesichts der 19,1 Millionen Tonnen pro Jahr geförderter Salze und 3,1 Mio. Tonnen pro Jahr hergestellter Salzprodukte, schlicht dem Tatbestand geschuldet, dass es kaum einen gesellschaftlich-technischen Bereich gibt, der nicht, direkt oder indirekt, auf die diversifizierte Palette der hier gewonnenen Salze angewiesen wäre: Vom Dünger für die (Welt-) Ernährung, über vielerlei Produkte für die pharmazeutische und chemische Industrie bis hin zu Kosmetik und vielen Dingen des täglichen Bedarfs. Fast nichts geht ohne Salze. Keine Farbe, kein Waschmittel, keine Hautcreme lässt sich ohne eine Prise Salz herstellen. Für nahezu alles braucht man das, was hier in Heringen mühsam aus den Salzschichten unter der Erde nach oben geschafft, auf Förderbändern transportiert, zerkleinert und in verschiedenen, recht energieaufwändigen und komplizierten chemischen und physikalischen Prozessen aufgespalten und danach über den halben Planeten verschickt und verteilt wird.
In Anbetracht der Tatsache, dass dem Konzern offensichtlich die Zeit davon läuft, um die für eine längerfristige Produktion am Standort Heringen dringend gebotenen und EU-rechtlich vorgegebenen Reduzierungsmaßnahmen von Salzabwässern zu erreichen, warb Herr Willecke in seiner Funktion als Pressesprecher ganz offen dafür, „draußen im Land“ darauf hin zu weisen, was der Konzern alles unternimmt, um die Salzfracht in den Flüssen Werra und Weser zu minimieren.
Nach den allgemeinen Vorträgen über die Salzproduktion wurden wir eingeführt in die Strategie des Konzerns, die zur Einhaltung der Vorgaben von EU und anderen Umweltbehörden in Bezug auf die Reinhaltung von Oberflächengewässern und Grundwasser führen soll.
Aus der Sicht von K+S sind das im Wesentlichen 5 Pfade:
1. Durch Begrünung der Halden auf einem Substrat aus Müllverbrennungsasche (sogenannte Schlacke) soll Regenwasser zurückgehalten und zur Verdunstung gebracht werden, um dadurch die Sickerwassermenge drastisch zu verringern.
2. Bau einer Kainit-Kristallisations-Flotationsanlage (KKF) zum Eindampfen von Produktionsabwässern, was ebenfalls die Abwässer verringern soll. Ab Ende 2017 bzw. 2018, nach Fertigstellung der Anlage, sollen dann ca. 1,5 Mio. m³/Jahr Salzabwässer mit dieser Methode beseitigt werden.
3. Ob das Einstapeln von flüssigen Rückständen unter Tage eine Option für die Zukunft sein kann, hat K+S 2016 begonnen zu prüfen.
4. Bau eines Salzabwasserkanals (sog. Werra-Bypass) inkl. riesiger Auffangbecken im Reinhardswald oder an der Oberweser, um Abwässer – je nach geführter Wassermenge der Weser – dosiert in den Fluss einleiten zu können.
5. Entgegen aller Bedenken von Umweltexperten und Anliegergemeinden hat das RP Kassel Ende 2016 erneut weitere Verpressungen von Salzabwässern in den Plattendolomit genehmigt.
Bevor wir unsere Einschätzung zu den eben aufgeführten Entsorgungspfaden darstellen, zuerst unser Gesamteindruck:
Es ist klar erkennbar, dass K+S ganz offenbar keine Vision für eine Salzproduktion ohne Abfälle mit konkret benennbaren Zielen und Zeithorizonten hat, geschweige denn ein kurzfristiges Ziel dafür. Es ist lediglich die Rede davon, dass bis 2070 nur noch 1,5 Millionen Tonnen Abwässer pro Jahr an die natürlichen Ressourcen abgegeben werden sollen. Während an vielen Orten in der Welt und selbstverständlich auch in Europa genau dieses Ziel und damit die grundsätzliche Umweltverträglichkeit der Salzproduktion fest ins Visier genommen wird, bleibt es hier im Werrarevier im Prinzip beim Alten: Flüsse, Untergrund und Grundwasser dienen als Reservoir für eine in dieser Form inzwischen absolut unverträgliche Salzproduktion. Das alles nur, um die gewinnbringende Produktion unter Umgehung und Missachtung der WRRL der EU mit einem Minimalaufwand an Investitionen in wirksame Umwelttechnik aufrecht erhalten zu können.
Zu den o.a. Punkten, die von K+S den wohlklingenden Titel „Masterplan Salzreduzierung“ (Punkte 1 bis 4) erhalten haben, lässt sich Folgendes sagen:
1. Nirgends auf der Welt gibt es bisher positive Erfahrungen mit Haldenbegrünungen bzw. der Rekultivierung – Substratauftrag und Begrünung – bei derartig gigantischen und steilen Salzhängen. Im Gegenteil: Auch bei K+S ist 2010 der Versuch einer Haldenabdeckung gescheitert, als die Flanke der Halde in Bokeloh nach Regenfällen abgerutscht ist. Das Abdeckmaterial hat die Sicherheitsbarrieren durchbrochen und eine Kreisstrasse überflutet – mitsamt seinen giftigen Inhaltsstoffen. Und die von K+S gerne angeführten Beispiele in Niedersachsen, mit Hangneigungen zwischen 18 und 20°, haben mit der herausfordernden Begrünungsaufgabe der Haldenhänge in Heringen nicht viel gemein.
Die sehr überschaubare Anzahl der uns vorgeführten Experimente auf nur einer einzigen horizontalen, schwach geneigten Fläche, wird der eigentlichen Mammutaufgabe nicht gerecht und verkennt die Mannigfaltigkeit der Herausforderungen. Unserer Meinung nach wird hier Augenwischerei betrieben, um Zeit zu gewinnen. Ob die Asche aus Müllverbrennungsanlagen nicht neue Probleme mit sich bringt, weil in der Regel in dieser Asche zahlreiche Gifte, Schwermetalle etc. enthalten sind, ist genau so wenig erforscht, wie und ob die angestrebten Planziele technisch überhaupt erreichbar sind. Denn selbst bei erfolgreicher Umsetzung der Methode wird immer nur ein Teil der Halde abgedeckt sein, da an anderer Stelle weiterhin neue Salzabfälle aufgetürmt werden sollen. Genehmigungen für den Plan, mit dieser Methode das Haldensickerwasser um bis zu 80% zu reduzieren, sind nicht in Sicht und werden von uns als nicht realistisch eingeschätzt.
2. Die bis Ende 2017 lt. Plan, vermutlich aber erst 2018 fertig gestellte Kainit-Kristallisations-Flotationsanlage (KKF) soll nach Konzernangaben die Gesamtmenge von salzhaltigen Abwässern um 1,5 Mio. m³/Jahr reduzieren, was jedoch keine Aussagen über den allein relevanten Abstoß von Salzmengen erlaubt. Ausschließliche Angaben zu den Salzwassermengen sind irreführend. Selbst wenn das anvisierte Ziel erreicht werden sollte, ist das im Verhältnis von einer z.Z. vorhandenen Gesamtabwassermenge von 7,0 Mio. m³/Jahr unverantwortlich wenig und von daher eine Investition in die falsche Technik. Hinzu kommt, dass z.B. die Fachleute von der Weser-Werra-Anrainerkonferenz der Meinung sind, dass die Erwartung von K+S viel zu hoch angesetzt ist. Nach deren Schätzungen wären sogar 0,5 Mio. m³ noch zweifelhaft.
3. Zur Untersuchung des Einstapelns flüssiger Rückstände unter Tage ist im vergangenen Jahr bei K+S ein Projektteam gegründet worden. Alles andere ist völlig offen bzw. rechtlich und technisch ungeklärt. Mit dieser Methode könnten laut Konzern max. 3 Mio. m³ Salzabwässer pro Jahr entsorgt werden, jedoch steht selbst K+S der Sache skeptisch gegenüber. Die alles entscheidende Frage: Kann flüssige Salzlauge in leere Stollen eingebracht werden, wo das Risiko besteht, dass die Salzbrühe die zur Stabilität der Deckgebirge stehen gelassenen Salzsäulen auflöst? Darauf gibt es bislang keine Antworten und vieles spricht dafür, dass die dabei möglicherweise zu erwartenden Risiken in keiner Weise eingegangen werden können. Nur soviel: K+S selbst hat das Einstapeln von flüssigen Laugen im eigenen Bergwerk aus Sicherheitsgründen abgelehnt.
4. Die unsäglichste aller von K+S beabsichtigen Maßnahmen zur Reduzierung der Salzabwässer (welche angeblich nur als Reserve angedacht ist, falls die oben genannten Methoden nicht greifen sollten) ist jedoch der sogenannte Werra-Bypass. Weil bereits einmal „entsorgte“ Abwässer aus dem Untergrund und von den Halden in die Werra fließen und dort die gültigen Grenzwerte fast ausgeschöpft sind, wird tatsächlich an der Realisierung eines Plans gearbeitet, um die Salzfracht mit einem gigantischen, 140 km langen 400er Leitungssystem quer durch Nordhessen in Richtung Oberweser zu verfrachten. Die „Oberweserpipeline“ ist somit nur eine Behelfsmaßnahme wegen eines gescheiterten Entsorgungskonzepts, an dem das Unternehmen hartnäckig festgehalten hatte. Eine Entlastung der Werra wird damit nicht wirklich erreicht. Hinzu kommt: Vor der Einleitung soll die konzentrierte Salzbrühe im Großraum Reinhardswald in mehreren riesigen Auffangbecken zwischengelagert werden, um sie dann, je nachdem wie viel Wasser die Weser gerade führt, entsprechend dosiert einleiten zu können. 2022 soll das Ganze fertig sein. Der Widerstand gegen das Projekt ist gewaltig.
5. Auch wenn das Regierungspräsidium Kassel (RP) bedauerlicher Weise erneut zugelassen hat, die Verpressung in den Plattendolomit mit einer Jahresmenge von 1,5 Mio. m³ noch bis Ende 2021 weiterhin zu erlauben, ist auch das weder eine gute langfristige Lösung noch ist sie verantwortbar. Es gibt keinen Beweis, dass das sog. 3-D-Modell, das eine Prognose über den Verbleib der verpressten Salzwassermenge erlauben soll, sichere Aussagen zulässt. Die jetzt schon geschlossenen Trinkwasserbrunnen in der Umgebung sprechen eine gänzlich andere Sprache. Außerdem teilt die hessische Fachbehörde HLUG schon 2007 mit, dass große Mengen der verpressten Salze bereits wieder an der Erdoberfläche angekommen sind, wo sie Werra und Grundwasser gleichermaßen belasten. So wird die Entscheidung des RP von der Gemeinde Gerstungen z.B. bereits beklagt. Und wir fragen uns, ob diese Genehmigung des RP im Einklang mit Artikel 20 a des Grundgesetzes steht, der vom Staat den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen in Verantwortung für die künftigen Generationen verlangt.
Die Summe aller Salzreduzierungsvorhaben von K+S zeigt, dass wir mit unserer vorangestellten Einschätzung richtig liegen: Der Konzern scheint, auch nach Jahrzehnten, immer noch auf Zeit zu spielen, statt endlich Grundsatzentscheidungen zu einer im Prinzip abfallfreien Produktion zu treffen. Dies würde bedeuten, die von der Firma K-UTEC entwickelte und nach Expertenmeinung (u.a. das deutsche Umweltbundesamt) auch auf das Werk in Heringen anwendbare Vakuumkristallisationstechnik, im erforderlichen Umfang einzusetzen.
Unsere erneute Kritik am Verhalten von K+S verbinden wir mit den Glückwünschen für die Bewohner der Region Barcelona. 2014 hat dort der Kalihersteller Iberpotash mit dem Bau einer hochmodernen Vakuumkristallisationsanlage begonnen.
Diese ist Mitte 2016 fertig gestellt worden und läuft seit Ende 2016 im Regelbetrieb. Nach Angaben der Ausführungsfirma ist dies die erste Anlage, mit der Natriumchlorid und Kaliumchlorid aus den Salzabwässern und Halden zurückgewonnen werden können. Die Anlage dient auch dazu, die beiden großen Rückstandshalden innerhalb der kommenden 20 Jahre abzubauen. Flüssige Produktionsrückstände fallen bei diesem Prozess nicht mehr an. In der Region Barcelona können damit ab sofort die Früchte der langjährigen Bemühungen geerntet werden, den Salzabbau dieses Werkes mit den Anforderungen eines modernen, zeitgemäßen Umweltrechts in Einklang zu bringen. Seit wenigen Wochen kommt das Werk mit einem superreinen, begehrten und hochpreisigen Salz auf den Weltmarkt, das aus den recycelten bzw. erneut ausgebeuteten Reststoffen der Ablagerungen gewonnen wird. Damit ist der Investitionsplan Phönix aus dem Jahr 2014 aufgegangen und die Region kann aufatmen: Die natürlichen Ressourcen werden geschützt und die Arbeitsplätze sind langfristig gesichert. Es hat sich, ganz anders als in Heringen bei K+S im Werrarevier, als positiv erwiesen, dass die EU mit der Drohung einer Klage vor dem EuGH gegen Spanien entsprechenden Druck aufgebaut und sich letztlich gegen den dortigen Rohstoffkonzern durchgesetzt hat.
Während also andernorts, auf der Basis genau derselben rechtlichen Grundlagen, die eigentlich für alle Länder der EU gleichermaßen anzuwenden wären, Umwelterfolge gefeiert werden, wehrt sich K+S seit Jahrzehnten mit unterschiedlichen Methoden dagegen, in vorhandene und erfolgversprechende technische Möglichkeiten zu investieren. Unterstützt wurde und wird K+S dabei bis heute von Politikern aller Parteien, zuständigen Behörden und der Belegschaft mit ihren Gewerkschaften. Aber man darf Wahltermine und vordergründige Belegschaftsinteressen nicht mit einer nachhaltigen Umweltpolitik verwechseln, die, wenn sie denn klug gemanagt wird, Arbeitsplatzsicherheit und Ressourcenschutz durchaus unter einen Hut bringen kann.
Vor dem Hintergrund der jahrzehntelangen Gewinnausschüttungen – so sind allein in den vergangenen 7 Jahren 3,07 Mrd. Euro an Dividende an die Aktionäre geflossen bzw. Gewinne nach Steuern erwirtschaftet worden – nehmen sich die bescheidenen 400 Mio. Euro K+S-Investitionen in den Gewässerschutz in den letzten 20 Jahren nachgerade lächerlich aus. Damit ist aber nur die abgestoßene Wassermenge verringert worden, der Salzabstoß und damit die Umwelt- und Entsorgungsprobleme haben sich nicht geändert. Wenn man in die Zukunft schaut, sollen bis 2070 – ebenfalls nach Konzernangaben – noch einmal 400 Mio. Euro dazu kommen. Es ist offensichtlich, dass Konzerngewinne einerseits und Investitionen in eine umweltverträgliche Salzproduktion andererseits in einem krassen Missverhältnis stehen. Außerdem fehlen überprüfbare Hinweise, um welche Investitionen es sich hier handeln soll und in welchem Ausmaß sie den Salzabstoß vermindern könnten. Auch das so genannte „360-Mio.-Euro Maßnahmenpaket zum Gewässerschutz“ hat ja die Belastung der Werra mit Salzabfällen nicht vermindert.
Statt mit Phasen- und Masterplänen und mit diversen Pipelines und Stapelbecken zu jonglieren, die lediglich zur Feinsteuerung eines nicht mehr tolerierbaren Zustandes dienen, statt die Region weiterhin mit unnötigen Bauprojekten zu belasten, die nur zu Problemverlagerungen führen, muss jetzt eine Wende eingeleitet werden. Ansonsten werden wissentlich und unnötigerweise bis weit in die 70iger Jahre hinein (und mit unbekanntem Ende) untragbare Zustände legitimiert und Umweltbelastungen aufrecht erhalten.
Wir, die Mitglieder des Naturschutzbeirats des Landkreises Kassel, sehen uns in unserer Verantwortung in eben dieser Funktion genötigt, auf die beschriebenen Missstände hinzuweisen und wollen dazu nicht mehr stillhalten. Wenn die Kinder der heute im Werrarevier Beschäftigen noch eine Zukunft haben und wenn sie darüber hinaus auch noch das Wasser der Region trinken sollen, muss K+S endlich in die notwendigen Techniken zur abfallfreien Produktion investieren.
Dafür wollen in diesem Jahr vor der Konzernzentrale in Kassel und vor dem Büro des EU-Umweltministers, Karmenu Vella, in Brüssel kleinere Kundgebungen abhalten. Wir werden diese rechtzeitig ankündigen, damit wir weder vor den Konzerntoren von K+S noch vor dem Büro des EU-Umweltministers alleine stehen.