Nachdem sich im vergangenen Frühjahr der Naturschutzbeirat des Landkreises Kassel schon einmal an die Presse gewandt hat mit den nicht unbegründeten Sorgen, die sich unser Gremium angesichts der verfehlten Umweltpolitik von K+S macht, wenden wir uns nun, im Frühjahr 2017, erneut an die Öffentlichkeit, um mit der beigefügten Erklärung eben diesen Sorgen Ausdruck zu verleihen. Am meisten bedrückt uns, dass die Option eines 140 Kilometer langen Salzwasserkanals quer durch Nordhessen nicht unrealistisch ist für den Fall, dass sich K+S am Ende als unfähig oder unwillig erweisen sollte, bis ca. 2021 wirksame Strategien einzuschlagen bzw. in vorhandene Umwelttechnik zu investieren, um einen dauerhaften Salznotstand im Weser-Werra-Gebiet in letzter Minute noch abzuwenden. Zum Horrorszenario dieses Monsterkanals zur Weser würden, im Ernstfall, noch riesige, viele Hektar große Salzwasserbecken – möglicherweise in empfindlichen und abgelegenen Teilen des Reinhardtswaldes – hinzukommen!

Im Dezember 2016 waren die Mitglieder unseres Gremiums auf Einladung von Herrn Willecke, einem der Pressesprecher von K+S, ins Werk in Heringen zu einer Besichtigung eingeladen. Unsere beigefügte Erklärung behandelt die während dieser Besichtigung gewonnenen Einsichten ebenso wie unsere Sicht der Dinge, die mit der Salz-Produktion von K+S zusammenhängen. Unsere Sorgen sind in den Monaten, die zwischen unseren beiden Erklärungen liegen, also zwischen Frühjahr 2016 und heute, leider nicht geringer geworden. Alles andere lässt sich in diesem leider etwas lang geratenen Text nachlesen.

Die Belohnung für’s Durchhalten beim Lesen ist ein spannender Einblick in ein ausgesprochen relevantes, leider hier bei uns immer noch ungelöstes Umweltproblem. Und auch das wird der Text den LeserInnen nahe bringen: Das Problem ließe sich durchaus aus der Welt schaffen, wenn denn von K+S in Problemlösungstechniken investiert werden würde, in Techniken, die es durchaus schon gibt und die in anderen europäischen Ländern erfolgreich angewendet werden.

E. Jochum

Erklärung des Naturschutzbeirates des Landkreises Kassel zu K+S, zu den Belangen des Grundwasserschutzes, der Gewässerreinheit und den Salzabfallhalden:

Besuch des Beirats am 13. Dezember 2016 in der „Höhle des Löwen“ und Aufruf zu Kundgebungen

Im April 2016 ist der Naturschutzbeirat des Landkreises Kassel schon einmal mit einer deutlichen Erklärung an die Presse und die Öffentlichkeit getreten, um gegen die Haltung des Salzkonzerns K+S zu protestieren. Unsere Auffassung ist, dass die jahrzehntelange, kaum veränderte Beibehaltung der Entsorgungswege durch

• die Aufhaldung der Rückstände,
• die Verpressung von Fabrikationsabwässern in den Plattendolomit und
• die Direkteinleitung von Fabrikationsabwässern und Laugen aus den Auswaschungsprozessen der Halden in die Werra,

zu nicht mehr tolerierbaren Belastungen der betroffenen Ökosysteme führte. Diese Auffassung hat sich durch unseren Besuch im Werk Heringen noch vertieft. Daran hat auch die Einladung zu einem Werksbesuch, ausgesprochen durch den Pressesprecher von K + S, Herrn Willecke, nichts geändert. Auch wenn Herr Willecke und seine KollgInnen alles in ihrer Macht Stehende taten, um den Mitgliedern unseres Gremiums vor Ort das Funktionieren des großen Kaliwerkes in Heringen zu demonstrieren und sie in jeder Hinsicht gute Gastgeber waren, sehen wir uns alles andere als überzeugt in Bezug auf die Bemühungen des Konzerns, den Anforderungen der EU und ihrer Wasserrahmenrichtlinie aus dem Jahr 2000 (WRRL) gerecht zu werden. Wir treten deshalb, auch wegen der dort gewonnenen Erkenntnisse, mit dieser aktualisierten Erklärung erneut an die Presse und die Öffentlichkeit:

Natürlich gab es, ganz objektiv, an diesem Dezembertag 2016 einiges zu bestaunen in Heringen. Das ist, angesichts der 19,1 Millionen Tonnen pro Jahr geförderter Salze und 3,1 Mio. Tonnen pro Jahr hergestellter Salzprodukte, schlicht dem Tatbestand geschuldet, dass es kaum einen gesellschaftlich-technischen Bereich gibt, der nicht, direkt oder indirekt, auf die diversifizierte Palette der hier gewonnenen Salze angewiesen wäre: Vom Dünger für die (Welt-) Ernährung, über vielerlei Produkte für die pharmazeutische und chemische Industrie bis hin zu Kosmetik und vielen Dingen des täglichen Bedarfs. Fast nichts geht ohne Salze. Keine Farbe, kein Waschmittel, keine Hautcreme lässt sich ohne eine Prise Salz herstellen. Für nahezu alles braucht man das, was hier in Heringen mühsam aus den Salzschichten unter der Erde nach oben geschafft, auf Förderbändern transportiert, zerkleinert und in verschiedenen, recht energieaufwändigen und komplizierten chemischen und physikalischen Prozessen aufgespalten und danach über den halben Planeten verschickt und verteilt wird.

In Anbetracht der Tatsache, dass dem Konzern offensichtlich die Zeit davon läuft, um die für eine längerfristige Produktion am Standort Heringen dringend gebotenen und EU-rechtlich vorgegebenen Reduzierungsmaßnahmen von Salzabwässern zu erreichen, warb Herr Willecke in seiner Funktion als Pressesprecher ganz offen dafür, „draußen im Land“ darauf hin zu weisen, was der Konzern alles unternimmt, um die Salzfracht in den Flüssen Werra und Weser zu minimieren.

Nach den allgemeinen Vorträgen über die Salzproduktion wurden wir eingeführt in die Strategie des Konzerns, die zur Einhaltung der Vorgaben von EU und anderen Umweltbehörden in Bezug auf die Reinhaltung von Oberflächengewässern und Grundwasser führen soll.

Aus der Sicht von K+S sind das im Wesentlichen 5 Pfade:

1. Durch Begrünung der Halden auf einem Substrat aus Müllverbrennungsasche (sogenannte Schlacke) soll Regenwasser zurückgehalten und zur Verdunstung gebracht werden, um dadurch die Sickerwassermenge drastisch zu verringern.
2. Bau einer Kainit-Kristallisations-Flotationsanlage (KKF) zum Eindampfen von Produktionsabwässern, was ebenfalls die Abwässer verringern soll. Ab Ende 2017 bzw. 2018, nach Fertigstellung der Anlage, sollen dann ca. 1,5 Mio. m³/Jahr Salzabwässer mit dieser Methode beseitigt werden.
3. Ob das Einstapeln von flüssigen Rückständen unter Tage eine Option für die Zukunft sein kann, hat K+S 2016 begonnen zu prüfen.
4. Bau eines Salzabwasserkanals (sog. Werra-Bypass) inkl. riesiger Auffangbecken im Reinhardswald oder an der Oberweser, um Abwässer – je nach geführter Wassermenge der Weser – dosiert in den Fluss einleiten zu können.
5. Entgegen aller Bedenken von Umweltexperten und Anliegergemeinden hat das RP Kassel Ende 2016 erneut weitere Verpressungen von Salzabwässern in den Plattendolomit genehmigt.

Bevor wir unsere Einschätzung zu den eben aufgeführten Entsorgungspfaden darstellen, zuerst unser Gesamteindruck:

Es ist klar erkennbar, dass K+S ganz offenbar keine Vision für eine Salzproduktion ohne Abfälle mit konkret benennbaren Zielen und Zeithorizonten hat, geschweige denn ein kurzfristiges Ziel dafür. Es ist lediglich die Rede davon, dass bis 2070 nur noch 1,5 Millionen Tonnen Abwässer pro Jahr an die natürlichen Ressourcen abgegeben werden sollen. Während an vielen Orten in der Welt und selbstverständlich auch in Europa genau dieses Ziel und damit die grundsätzliche Umweltverträglichkeit der Salzproduktion fest ins Visier genommen wird, bleibt es hier im Werrarevier im Prinzip beim Alten: Flüsse, Untergrund und Grundwasser dienen als Reservoir für eine in dieser Form inzwischen absolut unverträgliche Salzproduktion. Das alles nur, um die gewinnbringende Produktion unter Umgehung und Missachtung der WRRL der EU mit einem Minimalaufwand an Investitionen in wirksame Umwelttechnik aufrecht erhalten zu können.

Zu den o.a. Punkten, die von K+S den wohlklingenden Titel „Masterplan Salzreduzierung“ (Punkte 1 bis 4) erhalten haben, lässt sich Folgendes sagen:

1. Nirgends auf der Welt gibt es bisher positive Erfahrungen mit Haldenbegrünungen bzw. der Rekultivierung – Substratauftrag und Begrünung – bei derartig gigantischen und steilen Salzhängen. Im Gegenteil: Auch bei K+S ist 2010 der Versuch einer Haldenabdeckung gescheitert, als die Flanke der Halde in Bokeloh nach Regenfällen abgerutscht ist. Das Abdeckmaterial hat die Sicherheitsbarrieren durchbrochen und eine Kreisstrasse überflutet – mitsamt seinen giftigen Inhaltsstoffen. Und die von K+S gerne angeführten Beispiele in Niedersachsen, mit Hangneigungen zwischen 18 und 20°, haben mit der herausfordernden Begrünungsaufgabe der Haldenhänge in Heringen nicht viel gemein.

Die sehr überschaubare Anzahl der uns vorgeführten Experimente auf nur einer einzigen horizontalen, schwach geneigten Fläche, wird der eigentlichen Mammutaufgabe nicht gerecht und verkennt die Mannigfaltigkeit der Herausforderungen. Unserer Meinung nach wird hier Augenwischerei betrieben, um Zeit zu gewinnen. Ob die Asche aus Müllverbrennungsanlagen nicht neue Probleme mit sich bringt, weil in der Regel in dieser Asche zahlreiche Gifte, Schwermetalle etc. enthalten sind, ist genau so wenig erforscht, wie und ob die angestrebten Planziele technisch überhaupt erreichbar sind. Denn selbst bei erfolgreicher Umsetzung der Methode wird immer nur ein Teil der Halde abgedeckt sein, da an anderer Stelle weiterhin neue Salzabfälle aufgetürmt werden sollen. Genehmigungen für den Plan, mit dieser Methode das Haldensickerwasser um bis zu 80% zu reduzieren, sind nicht in Sicht und werden von uns als nicht realistisch eingeschätzt.

2. Die bis Ende 2017 lt. Plan, vermutlich aber erst 2018 fertig gestellte Kainit-Kristallisations-Flotationsanlage (KKF) soll nach Konzernangaben die Gesamtmenge von salzhaltigen Abwässern um 1,5 Mio. m³/Jahr reduzieren, was jedoch keine Aussagen über den allein relevanten Abstoß von Salzmengen erlaubt. Ausschließliche Angaben zu den Salzwassermengen sind irreführend. Selbst wenn das anvisierte Ziel erreicht werden sollte, ist das im Verhältnis von einer z.Z. vorhandenen Gesamtabwassermenge von 7,0 Mio. m³/Jahr unverantwortlich wenig und von daher eine Investition in die falsche Technik. Hinzu kommt, dass z.B. die Fachleute von der Weser-Werra-Anrainerkonferenz der Meinung sind, dass die Erwartung von K+S viel zu hoch angesetzt ist. Nach deren Schätzungen wären sogar 0,5 Mio. m³ noch zweifelhaft.

3. Zur Untersuchung des Einstapelns flüssiger Rückstände unter Tage ist im vergangenen Jahr bei K+S ein Projektteam gegründet worden. Alles andere ist völlig offen bzw. rechtlich und technisch ungeklärt. Mit dieser Methode könnten laut Konzern max. 3 Mio. m³ Salzabwässer pro Jahr entsorgt werden, jedoch steht selbst K+S der Sache skeptisch gegenüber. Die alles entscheidende Frage: Kann flüssige Salzlauge in leere Stollen eingebracht werden, wo das Risiko besteht, dass die Salzbrühe die zur Stabilität der Deckgebirge stehen gelassenen Salzsäulen auflöst? Darauf gibt es bislang keine Antworten und vieles spricht dafür, dass die dabei möglicherweise zu erwartenden Risiken in keiner Weise eingegangen werden können. Nur soviel: K+S selbst hat das Einstapeln von flüssigen Laugen im eigenen Bergwerk aus Sicherheitsgründen abgelehnt.

4. Die unsäglichste aller von K+S beabsichtigen Maßnahmen zur Reduzierung der Salzabwässer (welche angeblich nur als Reserve angedacht ist, falls die oben genannten Methoden nicht greifen sollten) ist jedoch der sogenannte Werra-Bypass. Weil bereits einmal „entsorgte“ Abwässer aus dem Untergrund und von den Halden in die Werra fließen und dort die gültigen Grenzwerte fast ausgeschöpft sind, wird tatsächlich an der Realisierung eines Plans gearbeitet, um die Salzfracht mit einem gigantischen, 140 km langen 400er Leitungssystem quer durch Nordhessen in Richtung Oberweser zu verfrachten. Die „Oberweserpipeline“ ist somit nur eine Behelfsmaßnahme wegen eines gescheiterten Entsorgungskonzepts, an dem das Unternehmen hartnäckig festgehalten hatte. Eine Entlastung der Werra wird damit nicht wirklich erreicht. Hinzu kommt: Vor der Einleitung soll die konzentrierte Salzbrühe im Großraum Reinhardswald in mehreren riesigen Auffangbecken zwischengelagert werden, um sie dann, je nachdem wie viel Wasser die Weser gerade führt, entsprechend dosiert einleiten zu können. 2022 soll das Ganze fertig sein. Der Widerstand gegen das Projekt ist gewaltig.

5. Auch wenn das Regierungspräsidium Kassel (RP) bedauerlicher Weise erneut zugelassen hat, die Verpressung in den Plattendolomit mit einer Jahresmenge von 1,5 Mio. m³ noch bis Ende 2021 weiterhin zu erlauben, ist auch das weder eine gute langfristige Lösung noch ist sie verantwortbar. Es gibt keinen Beweis, dass das sog. 3-D-Modell, das eine Prognose über den Verbleib der verpressten Salzwassermenge erlauben soll, sichere Aussagen zulässt. Die jetzt schon geschlossenen Trinkwasserbrunnen in der Umgebung sprechen eine gänzlich andere Sprache. Außerdem teilt die hessische Fachbehörde HLUG schon 2007 mit, dass große Mengen der verpressten Salze bereits wieder an der Erdoberfläche angekommen sind, wo sie Werra und Grundwasser gleichermaßen belasten. So wird die Entscheidung des RP von der Gemeinde Gerstungen z.B. bereits beklagt. Und wir fragen uns, ob diese Genehmigung des RP im Einklang mit Artikel 20 a des Grundgesetzes steht, der vom Staat den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen in Verantwortung für die künftigen Generationen verlangt.

Die Summe aller Salzreduzierungsvorhaben von K+S zeigt, dass wir mit unserer vorangestellten Einschätzung richtig liegen: Der Konzern scheint, auch nach Jahrzehnten, immer noch auf Zeit zu spielen, statt endlich Grundsatzentscheidungen zu einer im Prinzip abfallfreien Produktion zu treffen. Dies würde bedeuten, die von der Firma K-UTEC entwickelte und nach Expertenmeinung (u.a. das deutsche Umweltbundesamt) auch auf das Werk in Heringen anwendbare Vakuumkristallisationstechnik, im erforderlichen Umfang einzusetzen.

Unsere erneute Kritik am Verhalten von K+S verbinden wir mit den Glückwünschen für die Bewohner der Region Barcelona. 2014 hat dort der Kalihersteller Iberpotash mit dem Bau einer hochmodernen Vakuumkristallisationsanlage begonnen.

Diese ist Mitte 2016 fertig gestellt worden und läuft seit Ende 2016 im Regelbetrieb. Nach Angaben der Ausführungsfirma ist dies die erste Anlage, mit der Natriumchlorid und Kaliumchlorid aus den Salzabwässern und Halden zurückgewonnen werden können. Die Anlage dient auch dazu, die beiden großen Rückstandshalden innerhalb der kommenden 20 Jahre abzubauen. Flüssige Produktionsrückstände fallen bei diesem Prozess nicht mehr an. In der Region Barcelona können damit ab sofort die Früchte der langjährigen Bemühungen geerntet werden, den Salzabbau dieses Werkes mit den Anforderungen eines modernen, zeitgemäßen Umweltrechts in Einklang zu bringen. Seit wenigen Wochen kommt das Werk mit einem superreinen, begehrten und hochpreisigen Salz auf den Weltmarkt, das aus den recycelten bzw. erneut ausgebeuteten Reststoffen der Ablagerungen gewonnen wird. Damit ist der Investitionsplan Phönix aus dem Jahr 2014 aufgegangen und die Region kann aufatmen: Die natürlichen Ressourcen werden geschützt und die Arbeitsplätze sind langfristig gesichert. Es hat sich, ganz anders als in Heringen bei K+S im Werrarevier, als positiv erwiesen, dass die EU mit der Drohung einer Klage vor dem EuGH gegen Spanien entsprechenden Druck aufgebaut und sich letztlich gegen den dortigen Rohstoffkonzern durchgesetzt hat.

Während also andernorts, auf der Basis genau derselben rechtlichen Grundlagen, die eigentlich für alle Länder der EU gleichermaßen anzuwenden wären, Umwelterfolge gefeiert werden, wehrt sich K+S seit Jahrzehnten mit unterschiedlichen Methoden dagegen, in vorhandene und erfolgversprechende technische Möglichkeiten zu investieren. Unterstützt wurde und wird K+S dabei bis heute von Politikern aller Parteien, zuständigen Behörden und der Belegschaft mit ihren Gewerkschaften. Aber man darf Wahltermine und vordergründige Belegschaftsinteressen nicht mit einer nachhaltigen Umweltpolitik verwechseln, die, wenn sie denn klug gemanagt wird, Arbeitsplatzsicherheit und Ressourcenschutz durchaus unter einen Hut bringen kann.

Vor dem Hintergrund der jahrzehntelangen Gewinnausschüttungen – so sind allein in den vergangenen 7 Jahren 3,07 Mrd. Euro an Dividende an die Aktionäre geflossen bzw. Gewinne nach Steuern erwirtschaftet worden – nehmen sich die bescheidenen 400 Mio. Euro K+S-Investitionen in den Gewässerschutz in den letzten 20 Jahren nachgerade lächerlich aus. Damit ist aber nur die abgestoßene Wassermenge verringert worden, der Salzabstoß und damit die Umwelt- und Entsorgungsprobleme haben sich nicht geändert. Wenn man in die Zukunft schaut, sollen bis 2070 – ebenfalls nach Konzernangaben – noch einmal 400 Mio. Euro dazu kommen. Es ist offensichtlich, dass Konzerngewinne einerseits und Investitionen in eine umweltverträgliche Salzproduktion andererseits in einem krassen Missverhältnis stehen. Außerdem fehlen überprüfbare Hinweise, um welche Investitionen es sich hier handeln soll und in welchem Ausmaß sie den Salzabstoß vermindern könnten. Auch das so genannte „360-Mio.-Euro Maßnahmenpaket zum Gewässerschutz“ hat ja die Belastung der Werra mit Salzabfällen nicht vermindert.

Statt mit Phasen- und Masterplänen und mit diversen Pipelines und Stapelbecken zu jonglieren, die lediglich zur Feinsteuerung eines nicht mehr tolerierbaren Zustandes dienen, statt die Region weiterhin mit unnötigen Bauprojekten zu belasten, die nur zu Problemverlagerungen führen, muss jetzt eine Wende eingeleitet werden. Ansonsten werden wissentlich und unnötigerweise bis weit in die 70iger Jahre hinein (und mit unbekanntem Ende) untragbare Zustände legitimiert und Umweltbelastungen aufrecht erhalten.

Wir, die Mitglieder des Naturschutzbeirats des Landkreises Kassel, sehen uns in unserer Verantwortung in eben dieser Funktion genötigt, auf die beschriebenen Missstände hinzuweisen und wollen dazu nicht mehr stillhalten. Wenn die Kinder der heute im Werrarevier Beschäftigen noch eine Zukunft haben und wenn sie darüber hinaus auch noch das Wasser der Region trinken sollen, muss K+S endlich in die notwendigen Techniken zur abfallfreien Produktion investieren.

Dafür wollen in diesem Jahr vor der Konzernzentrale in Kassel und vor dem Büro des EU-Umweltministers, Karmenu Vella, in Brüssel kleinere Kundgebungen abhalten. Wir werden diese rechtzeitig ankündigen, damit wir weder vor den Konzerntoren von K+S noch vor dem Büro des EU-Umweltministers alleine stehen.

„Schön“ zu hören resp. kürzlich in der HNA zu lesen: Norbert STEINER, seit 2007 Aufsichtsratsvorsitzender der K+S AG, kümmert sich auch – über den Arbeitskreis der Wirtschaft für Kommunalfragen (AfK) – um die kommunalen Finanzen des nordhessischen Oberzentrums Kassel. Anlässlich des Tatbestandes, dass sich Kassel nicht mehr unter dem sogenannten Schutzschirm des Landes befindet, fühlt Steiner sich berufen, darauf hinzuweisen, dass „die eigentliche Arbeit, den Sparkurs weiterhin einzuhalten und die Entschuldung voranzutreiben, … ohne Schutzschirm weitaus schwerer (wird)“. Der erneuten schwarzen Null beim aktuellen Haushalt stünden über 450 Millionen Euro Schulden gegenüber. Außerdem kämen dazu noch die Schulden der städtischen Eigenbetriebe. Und da die kommunale Finanzwelt natürlich voller Risiken und Unwägbarkeiten stecke, da die Steuereinnahmen auch wieder sinken bzw. die Zinsen wieder steigen könnten, sei die Stadt gut beraten, wenn sie seiner Empfehlung, mit den 3 Tugenden SPAREN, KONSOLIDIEREN, ENTSCHULDEN fortzufahren, weiter folge. Die von der Stadt in den vergangenen Jahren brav umgesetzte kommunale Sparorgie bezeichnet Steiner als „eine Jahrzehnte alte Forderung der Wirtschaft“.

Das ist alles Klartext und nicht wirklich verwunderlich. Der Chef eines globalen Konzerns, der jetzt auch den AfK „führen“ darf, möchte natürlich, dass die Stadt ihren Haushalt wie ein Wirtschaftsunternehmen betreibt. Schwarze Zahlen, rote Zahlen – Strich drunter. Verlust, Gewinn! Basta! Menschen? Interessieren Herrn Steiner offensichtlich nicht so sehr, so wie ihn nicht interessiert, dass viele hochverschuldete Kommunen wie Kassel diese Sparwut nicht nur auf dem Rücken des ärmeren Teils der Stadtgesellschaft ausgetobt haben, sondern auch unter Hinnahme des Verfalls vieler Schulgebäude, der Schließung von Schwimmbädern und Stadtteilbibliotheken. Für die Schicht, der Herr Steine angehört, mit eigener Bibliothek o.ä., ist das mit der Schließung von Bibliotheken natürlich nicht ganz so schlimm: Andere trifft es da schon härter!

Wie schräg ist es eigentlich, einen Konzernchef als obersten Einflüsterer für eine hochverschuldete Kommune im Kreuz zu haben, der aber dort, wo er eigene Zuständigkeiten und Verpflichtungen hat, selbst ausgesprochen kläglich versagt und geltendes Recht seit vielen Jahren bricht? Während andere Salzkonzerne, wie z.B. ICL, der auch das Werk von Iberpotash bei Barcelona betreibt und inzwischen aus den Rückständen der Halden und den Produktionsabwässern besonders hochwertige Salze herstellt, belastet K+S im vollen Widerspruch zu europäischem Recht Flüsse, Boden und Grundwasser. Es interessiert Herrn Steiner kein bisschen, dass sein Konzern ‚allszus‘ gegen die im Jahr 2000 erlassene Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) der EU verstößt. Unverdrossen belastet seine Firma die Flüsse Werra und Weser, unbekümmert durch Bedenken von Umweltschützern und Wissenschaftlern und bislang noch unangefochten von gerichtlichen Klagen presst K+S weiterhin Millionen Kubikmeter belasteter Salzabwässer ins Gestein und ruiniert damit viele Grundwasserbrunnen der Region. Auch das Auftürmen des salzhaltigen Abraummaterials dauert an. Dieses Salzgebirge, das infolge von Regen wiederum große Mengen salzhaltige Laugen erzeugt, die den Untergrund, die beiden Flüsse und damit letztlich das Grundwasser schädigen, wächst immer weiter an…

Auf der konzerneigenen Internetseite kann man lesen, dass Steiners Aktionäre in den vergangenen 9 Jahren 3,07 Mrd. Euro an Dividende erhalten haben. In den vergangenen 20 Jahren sollen jedoch nur (und das ohne jeden nachvollziehbaren Nachweis) 400 Mio. in den dringend nötigen Umweltschutz investiert worden sein.

Solche Ratgeber, die die eigenen Hausaufgaben in keiner Weise im Griff haben und sich schuldig machen nicht nur an der Natur, sondern an den zukünftigen Generationen, die auch ein Recht auf sauberes Trinkwasser haben, kann weder die Stadt Kassel noch sonst jemand brauchen. Und Steiners Ratschläge sind ja weder innovativ, noch neu, weder phantasievoll noch hilfreich. Hilfreich wären vielmehr Gesetze, die dem Grundgesetz folgten, wonach die Kommunen so mit Mitteln auszustatten sind, dass sie die ihnen übertragenen gesetzlichen Aufgaben auch wirklich erfüllen können. An solchen Gesetzen, die eine Tendenz zur dringend notwendigen Umverteilung hätten, ist jedoch jemand wie Steiner nicht interessiert und deshalb gehen seine Ratschläge, wie wir gesehen haben, über sozialen Kahlschlag und rigorose Spartipps nicht hinaus!

Denn eins steht fest: Das Geld, um die kommunalen Aufgaben in den Städten und Landkreisen zu lösen, ist da. Es ist nur falsch, skandalös falsch verteilt oder einfach nur in den falschen Händen, wie man es überall seriös nachlesen kann. Würde dieser Verteilungsskandal, dieser hässliche „Schönheitsfehler des Systems“, der sich noch fatal auswirken kann und vermutlich auch wird, beseitigt, erübrigten sich solche überflüssigen Rollenspiele, in denen Konzernherren unaufgeforderte Ratschläge an verschuldete Städte wie Kassel erteilen. Der o.a. „schöne“ HNA-Artikel vom 07.02.2017 geht dann im Übrigen wie folgt zu Ende: Die Gewerbesteuern dürfen auf keinen Fall nicht erhöht werden, vielmehr müsse die Stadt dafür sorgen, dass Unternehmen ausreichend Anreize zum Investieren erhielten. Dann wachse die Wirtschaft wieder oder weiter und das Geld fließe wie früher sprudelnd in die kommunalen Haushalte. Und der Wolf frisst auch überhaupt keine kleinen Geißlein!

Am 27. Januar 2017 erinnert die HNA resp. Herr Steinbach unter Stadtteile (?) und unter der Überschrift „Kassel gedenkt der Nazi-Opfer“ an die sich an diesem Tag erneut jährende Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz.

Zwei irritierende Details veranlassen mich zu diesem nur 286 Worte umfassenden Artikel:

Warum findet Herr Steinbach eigentlich keinen Platz, obwohl in dem 24 mal 24 cm großen Artikel dafür eigentlich genug Raum hätte sein dürfen, daran zu erinnern, dass es die Rote Armee war, die die Befreiung durchführte? Und warum überschreibt er den Hintergrund (zur Erläuterung des Gedenktages) mit „BEREITS seit dem Jahr 1996 Gedenktag“? Auch wenn es den Fakten entspricht, dass dieser Tag in Deutschland seit 1996 offizieller Gedenktag ist und auch wenn es richtig ist, dass die Vereinten Nationen ihn seit 2005 zum Internationale Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust (International Holocaust Remembrance Day) erhoben haben: Was um alles in der Welt soll im Titel des Hintergrunds BEREITS heißen?

Wenn am 27. Januar 1945 russische Soldaten der Roten Armee die Jüdinnen und Juden befreit haben, die den mörderischen Vernichtungswahn der Nazis gerade so überlebten und Deutschland sich ab 1996 herablässt, diesen Tag durch die Einrichtung eines offiziellen, gesetzlich verankerten Gedenktages zu würdigen, kann doch die Überschrift nicht lauten BEREITS, vielmehr nur ERST 1996!!

Denn im Klartext heißt das doch, dass die Deutschen tatsächlich gute 50 Jahre brauchten, diesem Tag seine späte Würde zu verleihen, wenn das die richtigen Worte für so einen Gedenktag sind? BEREITS klingt demgegenüber so: Was sind wir doch für tolle deutsche Super-Gedenker, die noch fast 10 Jahre vor den Vereinten Nationen der Befreiung von Auschwitz gedenken!

Ein Stadtbaurat muss für sein gutes Image in erster Linie selbst sorgen. Er ist allerdings immer in ein Team eingebunden, das nach der Hessischen Gemeindeordnung und damit auch in Kassel nun mal der Magistrat ist. Und dieses Team eröffnet einem Stadtbaurat Möglichkeiten oder es schränkt ihn ein – mal mehr, mal weniger. Und was alle wissen: Der Kasseler Magistrat ist das genaue Gegenteil von einem Kuschelzoo, für Stadtbauräte schon eher ein Raubtiergehege. Kaum einer, auch die guten nicht, blieb hier länger als ein paar Jahre, was für wichtige städtebauliche Entwicklungen, die nach Jahrzehnten gemessen werden, zu kurz ist. Gerade die GRÜNEN, wenn sie auch nur ein einigermaßen funktionierendes Gedächtnis besäßen, müssten das vor allen anderen wissen. Gilt doch der Satz vom Kuschelzoo vor allem dann, wenn die SPD in selbigem den Taktstock führt…

Was aber erregt z.Z. die Gemüter in der „causa Nolda“ nun derart? Ist es vielleicht die wenig liebevolle, eher schadenfrohe Berichterstattung in der HNA über die „grandios gescheiterte“ Bewerbung von Stadtbaurat Nolda in Potsdam? Oder ist es die Empörung über die SPD, die – wie seit Jahrzehnten – die (mögliche) Qualität von städtebaulicher Entwicklung mal wieder banalem parteipolitischem Kalkül opfert? Oder ist es vielleicht sogar Verärgerung über die GRÜNEN selbst, die – wie man beim Gezerre um den letzten Haushalt wunderbar beobachten konnte – in vorauseilendem Gehorsam ihren von der SPD in der Tat nicht sonderlich geschätzten Stadtbaurat durch die Aufgabe der Stellplatzsatzung lieber gleich zur Verfügung stellen und eigenhändig demontieren, nur um weiterhin als (ungeliebter) Juniorpartner mit der SPD die Geschicke Kassels mitbestimmen zu dürfen? Und wie erklärt es sich, dass ausgerechnet der Boss der Innenstadtkaufleute, der vielfältig mit der Stadt und dem Land verflochtene Parkhaus-, Hotel- und Königsgaleriechef Jochinger sich so laut und überaus deutlich zu Nolda bekennt??

Viele Fragen, wenig Antworten. Aber man kann ja mal versuchen, sich an die eine oder andere Antwort heranzupirschen…

Fangen wir mit dem Leichtesten an – der Berichterstattung in der HNA: Wer vor der eigentlichen Wahl in Potsdam ausgeplaudert hat, dass Nolda angesichts seiner im Moment nicht so guten Chancen, als Stadtbaurat 2017 in Kassel erneut gewählt zu werden, ein Angebot von dort erhalten hat, ist unwichtig.Die HNA, als ein wichtiger politischer Faktor in Kassel und der Region, hat einfach ihrer Schadenfreude nach- und Raum gegeben, vermutlich weil ihr Nolda mit seiner ansatzweise umweltorientierten Verkehrspolitik zu ‚grün‘, zu wenig autoverbunden und zu wirtschaftsunfreundlich schien? Und das war es dann auch schon.

Was einige Grüne dann in bestimmten Verteilern rumgeschickt haben, um Solidarität und Einmischung für und mit ihrem Stadtbaurat einzufordern, wie es z.B. Herr Schleissing, Ortsbeiratsvorsitzender der Unterneustadt und aktueller städtebaulicher Sprecher der Fraktion der Grünen mit seinem „Zwischenruf“ getan hat, geht an der Sache leider völlig vorbei. In seinem Statement bleiben Ross und Reiter unbenannt; wer da was betreibt bzw. hintertreibt, bleibt gänzlich im Dunkeln. Mit blanken Solidaritätsadressen kann aber niemand gegen das anschreiben, was die HNA in eigenem Interesse verkündet. Die Zeitung schreibt nun mal mit in der Kommunalpolitik. In Kassel ganz besonders, weil es hier eben nur den einen Ippen gibt. Ob einem das gefällt oder nicht, spielt keine Rolle.

Was genau in Potsdam passiert ist und warum es letztlich nicht geklappt hat dort für Nolda, ist in Kassel nicht wirklich von Belang. Alles spricht dafür, dass es eher um parteipolitisches Gerangel, denn um seine Qualifikation ging. Dass Nolda jedoch der Ausgang der Potsdam-Wahl hier nicht stärkt, davon darf und muss ausgegangen werden. Das Lager derer in der Stadtverordnetenversammlung, die vor Häme nun fast nicht mehr aufrecht gehen können, ist groß. Und auch darüber sollte Klarheit herrschen: Diese Häme reicht bis weit und tief in die Reihen der SPD Fraktion hinein, in der immer noch welche von der Sorte sitzen, die schon einmal eine rosa-grüne Kooperation gegen die Wand haben rauschen lassen: mit berechnendem Kalkül und voller Absicht!

Nun wollen aber auch einige ausgesprochen bekannte SPD- und GRÜNEN-nahe Architekten um die überaus bekannte BDA-Vorsitzende (Frau Ettinger-Brinckmann) und Herrn Schaake (Herausgeber der StadtZeit) unbedingt, dass Nolda seinen Sitz im Magistrat behält. Zentrales Argument, auch weil Rom ja nicht an einem Tag erbaut worden sei: Kontinuität. Als wäre es mit Kontinuität getan! Es müsste doch erst mal Klarheit darüber herrschen, mit welchen Konzepten und Ideen langfristig weitergearbeitet werden soll? Genau die aber gibt es doch hier in Kassel gar oder fast gar nicht. Und was diverse andere Hinweise genau meinen, da ist von einer „positiven Stimmung für innovative Städteplaner“ die Rede und von einem „Klima für mutige Entwürfe“: Was soll denn damit konkret gemeint sein? Welche Fraktionen in der Stadtverordnetenversammlung stehen denn hinter so etwas, wer organisiert für so etwas die erforderlichen Mehrheiten und wer sorgt dafür, dass sie stabil bleiben und halten? Ohne für vorgenannte Essentials zu sorgen bzw. offenherzig darüber zu schreiben, woran sie möglicherweise und immer wieder scheitern, sind aber derartige blumige, im Prinzip natürlich richtige Forderungen, nicht das Papier wert, auf dem sie stehen.

Die meisten von denen, die zusammen mit der HNA über das Scheitern von Nolda in Potsdam frohlockten, haben Nolda schon lange vorher nicht gemocht. Der brachte es fertig, nicht nur per Rad bei vielen seiner Termine vorzufahren, sondern ein Verkehrsgutachten in Auftrag zu geben, den sog. Verkehrsentwicklungsplan/VEP, in dem die beauftragten Planer es doch tatsächlich wagten, über Tempo 30 auf den Kasseler Hauptverkehrsstraßen nachzudenken! Was für ein Sakrileg! Dass große Teile von CDU und SPD über den Stadtbaurat allein für diese Idee, die – umgesetzt und realisiert – vielen tausend StadtbewohnerInnen an eben diesen Straßen Erleichterung in Sachen Lärm und Luftverschmutzung gebracht hätte, hergefallen sind und ihn der Lächerlichkeit preisgegeben haben, zeigt, worum es bei den ganzen „Nolda-Debatte“ wirklich geht:

Es soll und darf allem Anschein nach nicht sein, dass in Kassel qualifiziert über Zukunftsfragen – und Städtebaufragen sind immer Zukunftsfragen – nachgedacht wird. Auch ein Stadtbaurat, der dafür ja eigentlich bezahlt wird, darf und soll das offenbar nicht. Traurige Realität, aber wahr: Dieses qualifizierte und gründliche Nachdenken gibt es zumindest seit Anfang der 90iger Jahre, konkret seit Eichels Weggang nach Wiesbaden, hier in Kassel nicht mehr. Denn seit dieser Zeit sind langfristige umwelt-, verkehrs- und städtebaupolitische Leitideen und Konzepte, die sich ableiten lassen aus einer Vision für mehr soziale Gerechtigkeit, für mehr Rücksicht auf Umweltbelange und für einen besseren, qualitätsvolleren Städtebau der Zukunft regelrecht verpönt. Das o.a. kleine Detail mit der Tempo-30-Frage ist dafür ein sehr einleuchtendes Beispiel. Auf dem Rückflug aus China hat Hilgen, vermutlich ohne vorher ein Wort mit Nolda darüber zu wechseln, der HNA im Interview erklärt, dass mit der SPD Fraktion sowas wie Tempo 30 auf der Holländischen Straße etc. nicht zu machen sei. Das macht klar, wie in Kassel die Dinge stehen. Es wird nicht nur nicht über Zukunftsfragen der Mobilität und des Städtebaus debattiert, jedenfalls nicht im Rathaus, es unterbleiben auch alle anderen visionären und auf eine gute Stadt-Zukunft gerichteten politischen Gespräche: zumindest in den kommunalen Zentren der Macht!

Eine solche Städtebau-Debatte gab es in den letzten Jahrzehnten nur einmal – in dem kurzen Zeitfenster vor und nach der Wiedervereinigung, zusammen mit dem Visionär Hellweg auf dem Sessel des Stadtbaurats. Und das sollte direkte Folgen haben: Eine davon war die neue Unterneustadt, die Kassel allein im Jahr 2002 drei wichtige Städtebaupreise hintereinander eingebracht hat.

Die Erkenntnis, dass diejenigen, die in Kassel und im Rathaus das Sagen haben, sinnvolle, langfristige Planung nicht wollen und deshalb auch keine Stadtbauräte schätzen, die zur Entwicklung einer solchen Planung in der Lage wären: Das allein ist des Pudels Kern. Genau deshalb ist der Hinweis des ehemaligen SPD-Stadtverordneten Hoppe, z.Z. unter der Flagge der Piraten und Freien Wähler segelnd, durchaus weiterführend, wenn er sagt: In der „causa Nolda“ bedürfe es doch eigentlich nur entsprechender Signale der beiden Faktionen, die fast und immer noch die Mehrheit und das Sagen haben in Kassel: SPD und GRÜNE. Wo aber sind die Signale der SPD für den von ihr einst mit in den Sessel des Stadtbaurats gehobenen Herrn Nolda? Es gibt sie einfach nicht!

Wer nun aber damit hadert, dass Nolda das Städtebau-Dezernat, in dem die wichtigen Entscheidungen über Mobilität, Flächennutzung, Wohnen, Gewerbe, Luftqualität und Durchgrünung ebenso vorbereitet und getroffen werden wie die über Stadtgestalt und Projekt-Mitbestimmung, vielleicht nicht wird behalten dürfen, der muss offen benennen, warum das so ist, statt mit offenen Briefen u.ä. am Thema vorbei zu schwadronieren. Es nützt gar nichts, wenn sich GRÜNE Würdenträger die Finger wund schreiben. Es nützt auch nichts, wenn Edel-Sozialdemokraten die Kontinuität einer Stadtentwicklung, deren Konturen weder erkennbar, noch beschlossen, noch gewollt sind, einfordern und es hilft nicht weiter, wenn in Stadtentwicklungsfragen bewanderte Autoren Noldas Kompetenz in den höchsten Tönen hervorheben! All das hilft nicht weiter, solange keiner sagt, schreibt, kritisiert, warum das Thema überhaupt auf der Tageordnung steht! Dabei ist es doch ganz einfach: Die SPD will Nolda nicht mehr und die Grünen haben ihn selbst wohl auch schon halb abgeschrieben. Es ist zu schade: Statt dass die Vielen, denen es um eine gute Stadtentwicklung in Kassel geht, denen das am Herzen liegt, was man eine lebens- und liebenswerte, eine sozial ausgewogene und umweltgerechte Stadt nennt, den Bossen der SPD im Rathaus massiv auf die Pelle rückten, offene und harsche Kritik übten am Gemauschel um den Sessel von Nolda, wird folgenlos nebulös ins Blaue fabuliert und davon geredet und geschrieben, wie schön es wäre, wenn wir eine Stadtregierung hätten, die einen GRÜNEN wie Nolda Stadtbaurat bleiben ließe! Eins ist sicher: Das wird nicht reichen.

Warum, so muss man fragen, wird nicht die allseits bekannte Parteischiene genutzt und Druck gemacht auf die SPD Fraktion? Aber offensichtlich soll die SPD und ihre seit Jahren in diesen Fragen erbärmliche Politik geschont, aus der Schusslinie gehalten werden. Wer aber wirklich möchte, dass sich hier etwas ändert, darf die SPD nicht schonen. Nur mit eindeutiger Kritik käme man hier weiter. Wer die aber nicht üben will, sollte sich aus der Kommunalpolitik dann ehrlicher Weise lieber heraus halten.

Und so kommen wir zur Überschrift zurück und stellen fest, dass es bei der Geschichte um Noldas Wiederwahl gar nicht darum geht, ob er für weitere Jahre vielleicht ein guter Stadtbaurat wäre oder sein könnte. Um das nämlich zu sein, bedarf es vor allem eines politischen Umfeldes, das es in Kassel heute leider (noch!) nicht gibt. Und hätte er wirklich das Zeug zum guten Stadtbaurat, hätte er sich in den vergangenen Jahren von der SPD und Hilgen nicht dauernd die Butter vom Brot nehmen lassen. Das Beispiel Salzmann, wo Hilgen mal wieder Stadtentwicklung zur Chefsache machte und dabei mehr als kläglich scheiterte, zeigt, was gemeint ist: Ein Stadtbaurat ist Planungschef im Rathaus und eben nicht nur der willige Erfüllungsgehilfe eines ambitionierten Oberbürgermeisters, der nichts vom Thema versteht und ganz offensichtliche dem eigenen Stadtbaurat nichts zutraut. Wäre es Nolda in den zurückliegenden Jahren gelungen, sich gegen die SPD und deren entweder nicht vorhandenen oder gestrigen Planungsvorstellungen ernsthaft durchzusetzen, dann hätten wir diese Debatte heute nicht!

Zum Schluss: Der einzige, der ganz offen Klartext geredet hat, wenn die HNA ihn richtig zitiert, ist der Boss der Innenstadtkaufleute, Jochinger. Der geneigte Leser darf erfahren, dass Nolda bei ihm und möglichweise bei seiner Klientel, ganz hoch im Kurs stand. Jochinger reiht ihn ein bei den erfolgreichen Stadtbauräten der letzten Jahrzehnte und nennt Nolda in einem Atemzug mit Thalgott und Hellweg. Wer dann aber erwartet, dass nun Hinweise auf große Visionen oder bedeutsame städtebauliche Entwicklungen folgen, wird enttäuscht. Nolda hat lediglich, so Jochinger, „Wünsche und Anregungen der Kaufleute bei entsprechenden Planungen mit einbezogen“ und „im Zuge der Umgestaltung der Königsstraße wichtige Gebäude beleuchten“ lassen, genau so, wie es sich die City-Kaufleute wünschten. Das ist in Ordnung und erklärt natürlich, warum Jochinger gerne mit Nolda weiter zusammenarbeiten möchte. Aber reicht so ein verständliches Kompliment, Nolda noch einmal für eine weitere Periode in den Ring zu schicken?

Die Frage muss hier aber nicht beantwortet werden, weil sie sich aus den erläuterten Gründen gar nicht stellt. Selbst wenn sich die SPD Fraktion, wie man es auf den Rathausfluren raunen hört, bei der von Hoppe beantragten Probeabstimmung für eine Wiederwahl Noldas am 23. Januar enthielte, gibt es in Anbetracht der Tatsache, dass er vermutlich von der CDU, der FDP und der AfD nicht eine einzige Stimme bekäme, keine echte Chance für Nolda. Die Kasseler Linke, die GRÜNEN und Hoppes Piraten mit den Freien Wählern (wenn die Parlamentarier dieser drei Fraktionen denn alle für Nolda stimmten) reichen nicht aus für eine Mehrheit. Und die ewig „unterdrückten“ und sonst wie unglücklichen SPD Stadtverordneten, die es manchmal gerne anders hätten als ihre Leitwölfe, eben mehr links oder vielleicht sogar richtig grün: Ob die sich trauen, in einer (geheimen) Abstimmungen gegen ihre Anführer zu stimmen? Glaubt das jemand? Wir werden sehen…

Ja, zugegeben: Vieles innerhalb der großen Menge dessen, womit sich so ein armer Durchschnittspolitiker tagtäglich herum schlagen muss, ist in der Tat kompliziert. Deswegen sollte man für den Fall, dass man da oder dort Durchblick und/oder Fachwissen besitzt und vorhat, sich kritisch über mangelndes Fachwissen eben solcher Politiker zu äußern, immer daran denken, wie komplex die Dinge manchmal sind und wie wenig Zeit, Kraft, Muße, Phantasie, Lernfähigkeit und eben Fachwissen so ein geplagter Durchschnittspolitiker oft hat.

Wen ich im Heer der Vielen der eben Angesprochenen konkret meine? Ja, genau: die Herren Decker und Frankenberger, ihres Zeichens Landtagsabgeordnete der SPD. Und wohin die Kritik zielt: Die beiden Herren, zusammen mit der nicht weniger inkompetenten SPD-Frau im Europaparlament, Martina Werner, zeigen sich solidarisch mit den Kumpels von K+S, vor allem aber mit dem Vorstand von K+S, wenn sie in der HNA vom 08. Sept. 2016 die Genehmigungsbehörden auffordern, die „übergangsweise ausgesprochene Versenkgenehmigung von lediglich 725.000 Kubikmetern“ Salzabwässer nicht weiter aufrechtzuerhalten. Diese Menge sei viel zu gering, schränke die Produktion ein und gefährde die Arbeitsplätze.

Wer die Probleme des hier angesprochenen Themas auch nur ein bisschen kennt und wer begreift, um welche Dimension von Umweltgefährdung es hier geht, ist erschüttert, wie unbeleckt von allem die beiden hier in Kassel so einflussreichen Sozialdemokraten daherreden. Natürlich sind immer irgendwo Wahlen, natürlich muss die SPD inzwischen sogar in Nordhessen bei ihrer Kernwählerschaft hinter jeder Stimme herhechten, natürlich sitzt der SPD die Angst im Nacken, wenn sie in allen Umfragen für die nächste Bundestagswahl unter 20% gehandelt wird: Aber hilft es wirklich, wenn man ohne jede Kenntnis des großen Problemfeldes Salzabbau und seine Folgen in diesem Revier einfach fordert, dass weiter und unbegrenzt Salzabfälle in den Untergrund verpresst werden sollen? Natürlich hilft das nicht, weil genau dieses Weitermachen wie bisher, dieses Nicht-Eingehen auf die gigantischen Umweltprobleme, die K+S bis heute dort hinterlassen hat, dieses Nicht-Beachten neuer Produktionstechniken die Umweltprobleme verschärft und die Arbeitsplätze letztlich unsicher macht.

Es ist festzustellen, dass die Herren Frankenberger und Decker den K+S-KollegInnen, denen gegenüber sie per Zeitung Solidarität bezeugten, genau genommen in den Hintern treten bzw. ihnen einen Bärendienst erweisen mit ihrem ahnungslosen „Weiter so“! Außerdem übersehen sie zeitgleich die vielen Protestierenden, die vielen Bürgerinitiativen und Umweltaktivisten, vor allem aber die BewohnerInnen der Region, die gegen K+S und die Folgen der rücksichtslosen Kali-Produktion auf die Straße gehen, sich informieren, sich kundig machen über mögliche technische Alternativen und die vor allem eines eint: Die Angst, in Zukunft kein sauberes Trinkwasser mehr zu haben. Was so apokalyptisch klingt, ist bereits Realität: Das Thüringer Landesverwaltungsamt hat im Juli 2016 die Nutzung des Grundwassers im Bereich der Rückstandshalde Hattorf der K+S Kali GmbH untersagt, weil davon eine Gefahr für die Allgemeinheit ausgeht. Das Grundwasser ist mit Haldenwässern verunreinigt und enthält deshalb auch beträchtliche Mengen an Schwermetallen wie Blei, Cadmium, Kupfer und Nickel. Das Problem ist den Behörden seit mindestens 2011 bekannt. Was aber wieder ein ganz anderes Thema ist…

Bevor ich auf das hiesige Revier etwas näher eingehe, erzähle ich dem geneigten Leser zunächst die Geschichte von einem anderen Werk, in einem anderen Land. Aber nicht dort, wo Aladin mit seiner Wunderlampe unterwegs ist, sondern hier bei uns, mitten in Europa: in der Nähe von Barcelona in Spanien! Das Werk dort heißt Iberpotash, gehört dem Bergwerk-Konzern ICL und produziert, wie K+S, Dünge- und andere Salze. Es ist derselben Umweltgesetzgebung wie Deutschland und damit K+S unterworfen. Eben dieses Werk, das ist kein Märchen, sondern Fakt, wird – lieber Leser, halten Sie sich fest – ab dem nächsten Jahr, also ab 2017, abstoßfrei produzieren. Was das heißt, werden Sie gleich sehen…

Im Jahr 2000 beschließt die EU, u.a. um den gigantischen Umweltschäden, vor allem aber der Gefährdung des Trinkwassers durch die Salzproduktion in verschiedenen Ländern der EU zu Leibe zu rücken, die Richtlinie 2000/60/EG (WRRL). Das Europäische Parlament und der Rat haben mit diesem Beschluss vom 23. Oktober 2000 endlich gehandelt und dem u.a. bei der Salzgewinnung europaweit betriebenen jahrzehntelangen Raubbau an Natur, Gewässern, Boden und Landschaft endlich Paroli geboten. Die erwähnten europäischen Institutionen haben mit der sog. Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) Qualitätsziele definiert und Methoden beschrieben, wie eine gute Wasserqualität in allen Oberflächengewässern hergestellt werden kann.

Das Werk in Barcelona hat, nach langen gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen der spanischen Zentralregierung und der EU, mit einem 2014 beschlossenen Investitionsplan, der auf den vielsagenden und erfolgversprechenden Namen Phönix hört, inzwischen durchschlagende Erfolge erzielt, die in wenigen Monaten schon eine ganze Fülle positiver Folgen haben werden:

Mit Hilfe der deutschen Firma K-Utec, deren Gründung zurückgeht auf die Initiative von DDR-Ingenieuren, die nach dem Zusammenbruch des Landes und der Übernahme ihrer Salzwerke in Thüringen durch K+S eine High-Tech-Firma zur Vermeidung von Umweltschäden bei der Salzproduktion aufbauten, gelang es dem spanischen Werk Iberpotash, die Salzgewinnung derart zu modernisieren, dass weder weitere Aufhaldungen noch Abwassereinleitung in die Oberflächengewässer notwendig sein werden. Es wird zukünftig auch keine Verpressungen mehr in den Boden geben. Mit dieser neuen Technik ist es sogar möglich, die Restanteile der Salze in den gebirgsähnlichen Halden auszubeuten und dabei hochreines Salz zu erzeugen, das interessierte Abnehmer weltweit findet.

Nachlesen kann man das und mehr u.a. auf der äußerst informativen Internetseite der Weser-Werra-Anrainerkonferenz: http://www.wasser-in-not.de

Warum es der EU gelungen ist, über Druck auf die spanische Zentralregierung den dortigen Konzern letztlich – in mehreren Prozessen – zum Umdenken und Einlenken zu zwingen, kann man nur erraten. Vermutlich ist Deutschland (im Verhältnis zu Spanien) einfach zu stark und die politischen Verbindungen zwischen EU-Kommission und Bundesregierung bzw. Hess. Landesregierung zu gut, als dass es sich die EU Kommission ernsthaft trauen würde, auf der Durchsetzung bzw. Einhaltung der Vorgaben ihrer WRRL zu bestehen. Ähnliches konnte ja schon bei den Abgasregelungen für große, leistungsfähige PKW’s beobachtet werden, wo die Bundesregierung bzw. Kanzlerin Merkel höchstpersönlich und ganz direkt durch ein schlichtes Veto per Telefon „Schlimmeres“ für BMW, Audi und Mercedes verhindern half. Wie auch immer es sich mit dieser politisch bedeutsamen Ungleichbehandlung zweier EU Länder resp. der Ungleichbehandlung zweier Salzgewinnungskonzerne verhält: „Hier bei uns“ bleibt seit Langem alles beim Alten.

Die Situation in „unserem“ Revier lässt sich wie folgt beschreiben: Die Aufhaldung gigantischer Mengen von Salzabfällen zu gebirgsähnlichen Halden nimmt weiter zu, die Belastung der Flüsse Werra und Weser durch große Mengen an Salzlaugen bleibt unverändert bestehen, die Verpressung von Produktionsrückständen in tiefe Gesteinsschichten (Plattendolomit ist der Fachausdruck) soll sogar wieder erhöht werden und die Auswaschung großer Mengen Salzlauge aus den Salzgebirgen, die wiederum Boden, Grundwasser und Gewässer zusätzlich belasten, besteht in erhöhtem Umfang fort, weil immer neue Produktionsrückstände aufgehaldet werden.

Vor dem Hintergrund dieses traurigen Szenarios dürfen Sie jetzt das tapfere, hochsolidarische Verhalten der beiden SPD-Genossen selbst einschätzen: Der Konzern, dem seit dem unwürdigen Gezerre am sogenannten runden Tisch, die Goldmedaille für die beste Hinhalte- und Investitionsvermeidungstaktik gebührt, bringt es fertig, gerade durch seine allen Gesetzen, Verordnungen und Richtlinien spottende Ignoranz der Umwelt und den hier lebenden Menschen gegenüber, in großem Umfang die Trinkwassergewinnung zu gefährden und die Flüsse Weser und Werra weiterhin zu verseuchen. Von der Verschandelung des Landschaftsbildes, der Minderung der Zukunftschancen durch die Verhinderung des Einsatzes von leistungsfähiger Technik ganz zu schweigen. Landesregierung und Genehmigungsbehörden machen alles mit!

Derartiges Handeln einer sturen Konzernspitze verdient keine Solidarität, von niemandem – auch nicht von Sozialdemokraten. Was es braucht ist vielmehr geharnischte und qualifizierte Kritik. Davon jedoch sind die Herren Decker und Frankenberger leider weit entfernt, vermutlich auch gar nicht fähig. Wenn K+S, angesichts fallender Aktienkurse und Salzpreise auf dem Weltmarkt, sich am Ende nach Kanada wegmacht, bleiben wir alle hier auf Ewigkeitslasten sitzen.

Auf die Presseerklärung der Herren Frankenberger und Decker, wenn es vielleicht bald soweit kommt, bin ich dann sehr gespannt!

E. Jochum

Die letzten Wahlen haben die parlamentarische Szenerie in der Kasseler Stadtverordnetenversammlung aufgemischt und grundlegend verändert. Die Wähler*innen haben sich unmissverständlich für eine neue Zusammensetzung ihres Parlaments ausgesprochen. Das hat nicht nur mit dem (erwarteten) Einzug der AfD zu tun, sondern mit vielen anderen Faktoren darüber hinaus.

Alle Parteien verlieren nicht nur Wähler*innen, sie verlieren vielmehr die Bindung zu ihren Wähler*innen – und/oder umgekehrt. Und so kommt’s, dass die bei den nächsten Wahlen schlicht das genaue Gegenteil wählen können. Die SPD, um mit der alten Tante zu beginnen, befindet sich Jahren in einem desolaten Zustand und das nicht nur in Kassel. Hier aber ganz besonders seit 1993. Von dem damaligen Absturz nach der unsäglichen dreifachen Verfehlung (der Erhebung einer Bier- und Getränkesteuer, dem arroganten Treppenwitz auf dem Königsplatz und der großen Lollie-Coladosen-Show zur Verkehrsberuhigung) hat sie sich bis heute nicht erholt. Die CDU würde es gerne besser machen, hat aber weder inhaltlich noch personell seit dem Rausschmiss von Holler (die Nachwirkungen dieser Aktion halten bis heute an) auch nichts zu bieten. Die Grünen sind stark und teils – durch Kretschmann und andere Effekte – richtig im Kommen. Auch wenn sie im Prinzip bei diesen Wahlen in Kassel wieder da angekommen sind, wo sie – Fukushima-bereinigt – hingehören, sind und bleiben sie ein wichtiger Faktor in der Politik. Dass sie der SPD ihre Haut nicht deutlich teurer verkauft und nichts Eigenes, wirklich Substanzielles durchgesetzt haben in den vergangenen 5 Jahren (wenn man vom Erhalt der beiden Sitze im Magistrat mal absieht), hat bestimmt auch zum aktuellen, niedrigeren Ergebnis der Grünen beigetragen. Die Grünen sind so was wie die neue FDP, deren Verbleib in den bundesdeutschen Parlamenten ja alles andere als sicher ist. Piraten und ähnliche Parteien oder Grüppchen kommen und gehen, sowieso.

Die Kasseler Linke gehört, und das sicher „zurecht“, mit zu den Gewinnern der letzten Wahl. Ideenreich und fleißig, oft in Verbindung mit außerparlamentarisch zum Ausdruck gebrachter Unzufriedenheit, hat sie – mit einer riesigen Zahl von Anträgen, Anfragen und Presseerklärungen und mit vielen Artikeln in ihrer nicht sonderlich auflagenstarken Zeitung – die Stimme erhoben für die vielbemühten kleinen Leute und gegen viele von der rosa/grünen Koalition ausgeheckten Unsinnigkeiten, Ungerechtigkeiten bzw. Unterlassungen. Das im Einzelnen aufzuzählen, geht weit über den Willen und das Interesse auch geneigter Leser*innen hinaus…

Die AfD hat so abgeschnitten, wie es die meisten erwarteten. Eine Mischung aus Fehlern der großen Parteien bei dem, was man gemeinhin als Flüchtlingsfrage bezeichnet, ein im Prinzip immer schon vorhandener Bodensatz an völkischem und rassistischem Denken vereint mit einer mehr oder weniger begründeten Angst vor sozialem Absturz, haben zu diesem unschönen Wahlergebnis beigetragen. Diese Partei, die im Westen und im Osten vollkommen unterschiedlich auftritt und agiert, hat deshalb auch ganz unterschiedliche Wähler hinter sich versammelt. Und auch wenn es heute mit der AfD die Falschen sagen: Einer großen gesamtgesellschaftlichen Debatte, in allen Parteien und Gruppierungen um den Islam, mit seinem totalitären Anspruch (der Islam ist eben deutlich mehr als eine Religion, wie man im Iran und anderen Ländern sehr genau studieren kann) kommt niemand mehr vorbei. Natürlich hat die übergroße Mehrheit der Muslime in Kassel und andernorts direkt nichts zu tun mit Islamismus und Terror, in allen seinen Schattierungen. Aber alle Terroristen berufen sich nun mal auf den Islam und entsprechende Textstellen im Koran. Das zu verschweigen führt auf die Dauer nicht wirklich weiter. Neue Denkansätze müssen her, sonst können aus dieser Unterlassung wahrhaft große Probleme erwachsen…

Dass die SPD nun, da es zu keinen stabilen Mehrheiten für eine entsprechende, bei den SPD-Chefs Zufriedenheit auslösende Koalition gekommen ist (über eine rechnerisch mögliche rosa-rot-grüne Kooperation wollte niemand ernsthaft sprechen, weil man auf der Basis so unterschiedlicher Politikkonzepte nicht wirklich zusammenarbeiten kann), wird nun mit wechselnden Mehrheiten regiert. Führte das, wie die Kasseler Linke und andere es schon öfter vorgeschlagen hatten, zu einem Wettstreit der besten Konzepte: Diesen Wettstreit hätte am meisten die SPD und die grünen Würdenträger zu fürchten. Es steht allerdings zu befürchten, dass es in Kassel schlicht so weiter geht wie bisher. Der bisher verantwortliche politische Kern aus ausgemergelter, ideenloser SPD und duckmäuserischen Grünen wird das politische Geschäft weiter führen. Mal darf die, mal jene kleine Wählergruppe, vielleicht sogar auch mal der Ex-SPD’ler (Herr Hoppe) mit seiner „Demokratie erneuern“-Gruppe seine Stimme mit in die Waagschale werfen: Es wird im Prinzip aber bei rosa/grün bleiben. Mit der Kasseler Linken wird man genau so wenig reden (wenn’s um Entscheidendes geht) wie mit der AfD. Also: Es bleibt erst mal alles, wie es ist…

Am Donnerstag, den 28.04.2016, hat sich der Naturschutzbeirat des Landkreises Kassel einstimmig und eindeutig zu den Problemen geäußert, die mit der Politik des Konzerns K+S zusammenhängen. Vor dem Hintergrund der in Jahrzehnten im Wortsinne angehäuften Umweltbelastungen und der inzwischen vorhandenen technischen Lösungsmöglichkeiten, die weltweit zum Einsatz kommen, verlangt der Beirat eine Wende in der Politik diesem großen und rücksichtslosen Konzern gegenüber. Statt sich gegenseitig ausspielen zu lassen, sollten alle politischen Ebenen an einem Strang ziehen und dem Konzern klare, umweltverträgliche Ziele aufgeben: Und das zeitnah!!!

Presseerklärung vom Naturschutzbeirat des Landkreises Kassel zum Thema K+S, zu den Belangen des Grundwasserschutzes, der Gewässerreinheit und den Salzabfallhalden

Unabhängig von den aktuellen Gerichtsverfahren gegen K+S sowie dem Stand der laufenden Planverfahren erklärt der Naturschutzbeitrat des Landkreises Kassel, dass die Region dringend eine Wende in der Form der Salzgewinnung und im Umgang mit den dabei in großem Stil anfallenden Reststoffen benötigt.

Das Ziel aller politischen Bemühungen und Aktivitäten muss sein, dass es zügig zur Anwendung der vorhandenen, ausgereiften Techniken kommt. Diese erlauben eine nahezu rückstandsfreie Produktion sowie den sukzessiven Abbau der Halden durch intensivere Ausnutzung der Rohstoffe. EU, Bund, die Länder Thüringen und Hessen, die Region, das Regierungspräsidium Kassel und die betroffenen Gemeinden müssen an einem Strang ziehen, um eine solche Form der Produktion rasch und zwingend durchzusetzen.

Mit der bis heute andauernden Art der Produktion hat K+S immense Schäden an den Oberflächengewässern, Werra und Weser, am Grundwasser und am Landschaftsbild hinterlassen. Die jahrzehntelange Beibehaltung der Entsorgungswege im Fulda- und Werrarevier durch

• die Aufhaldung der Rückstände,
• die Verpressung von Fabrikationsabwässern in den Plattendolomit und
• die Direkteinleitung von Fabrikationsabwässern und Laugen aus den Auswaschungsprozessen der Halden in die Werra

haben schon lange zu nicht mehr tolerierbaren Belastungen für die betroffenen Ökosysteme und die Bevölkerung der Region geführt.

Wenn sich die Politik konsequent daran hält, von K+S dasselbe zu verlangen, was die EU im Streitverfahren mit dem spanischen Unternehmen Iberpotash mit gerichtlichem Druck durchsetzt hat, ließen sich auch bei uns die andauernden Schädigungen der Umwelt rasch und nachhaltig beenden. Dazu gehört vor allem, von K+S zu fordern, dass endlich der aktuelle Stand der Technik zur Kenntnis genommen und konsequent angewendet wird. Somit käme das K-UTEC Verfahren in Frage, welches inzwischen weltweit erfolgreich angewendet wird. Spanien* und zahlreiche andere Salzabbaustandorte an verschiedenen Stellen in der Welt belegen die Anwendung. Darüber hinaus dokumentieren konkrete Gutachten die günstigen Bedingungen für die Anwendung dieser Technik auch im hiesigen Salzabbaurevier. Dann gehörten Direkteinleitung, Verpressung und Aufhaldung nicht nur bald der Vergangenheit an, sondern es würden auch die vorhandenen Schäden und Probleme langsam aber konsequent zurückgeführt.

Auf keinen Fall darf sich die Politik der Drohkulisse mit gefährdeten Arbeitsplätzen beugen. Denn in Wirklichkeit sind die Arbeitsplätze nur durch konsequente Einhaltung der Umweltgesetze auch langfristig an diesem Standort zu sichern.

Für die Menschen dieser Region gibt es hierzu keine wirklich nennenswerten Alternativen: Wenn es nicht geschafft wird, dem Konzern ein zukunftsorientiertes und langfristig an den Interessen der Region orientiertes Handeln abzutrotzen, besteht die Gefahr, dass die Zeitvergeudung weitergeht. So könnte es bald schon zu dem Punkt kommen, wo K+S den Standort hier ganz aufgibt, um sich lukrativeren Geschäften, z.B. in Kanada, zuzuwenden. Die Region bliebe dann auf sogenannten Ewigkeitslasten sitzen: ruiniertes Grundwasser, zerstörte Flussflora und –fauna und ein belastetes Landschaftsbild. Der Auswaschungs-prozess der Salzhalden durch Regen wird Expertenschätzungen zufolge noch hunderte von Jahren andauern.

Statt Phasen- und Masterpläne mit diversen Pipelines und Stapelbecken aus dem Hut zu zaubern, die lediglich zur Feinsteuerung eines längst nicht mehr tolerierbaren Zustandes dienen, statt die Region weiterhin mit unnötigen Bauprojekten zu belasten, die keine Vor-Ort-Lösung erlauben, sondern nur zu Problemverlagerungen führen, muss jetzt die Wende eingeleitet werden. Ansonsten werden wissentlich bis weit in die 70iger Jahre hinein untragbare Zustände legitimiert und Umweltbelastungsszenarien künstlich aufrecht erhalten.

Nicht mehr und nicht weniger erwarten die Mitglieder des Naturschutzbeirates des Landkreises Kassel von der Politik. Und von K+S erwarten wir, dass jetzt ernst gemacht wird, mit einer modernen, umweltverträglichen und die Interessen der Menschen der Region respektierenden Gewerbestrategie.

Für den Naturschutzbeirat, Theodor Arend

*Der spanische Kalihersteller Iberpotash, Tochterunternehmen des Chemie- und Bergbaukonzerns ICL, wird bis 2017 weitere 350 Mio. Euro in modernste Technik investieren, um den Anforderungen des europäischen Umweltrechts gerecht werden zu können und um Produktion und Produktivität zu steigern. Dies wurde nach einer Tagung des Vorstands der ICL Iberia am 12. November 2014 bekannt. Die Investitionen für den „Phönix-Plan“ sind bestimmt für den Bau einer weiteren Vakuumkristallisationsanlage, mit der die Salzrückstände aufgearbeitet und die Rückstandshalden abgetragen werden können.

Kaum sind sie rum, die spannenden Kommunalwahlen in Kassel, kaum ist der Spott darüber verraucht, dass es im öffentlichen Dienst noch so was gibt wie einen Feierabend, kaum ist der Schreck verklungen darüber, dass mehr als 10 Prozent der braven Wahlberechtigten in Kassel die rassistische AfD gewählt haben: Und schon geht es genau so weiter wie bisher. Business as usual, sagt man neudeutsch dazu, Pfründe verteilen bzw. die Plätze an den Futtertrögen einnehmen, sagt man aber auch. Was ist damit gemeint?

Von Sonntag, dem Wahltag (6. März, 18.00 Uhr) bis Dienstagmittag (8. März) musste man warten, bis die kumulierten und panaschierten Stimmen ausgezählt waren. Erst dann war klar, welche Partei bzw. Gruppe wie viele Sitze errungen hatte und wer zukünftig für welche Gruppierung in der Stadtverordnetenversammlung wird sitzen dürfen. Wenn man genauer auf die Ergebnisse sieht und sich nicht nur darauf konzentriert, welche Wanderungsbewegungen es von wo nach wohin gegeben hat, sind nur ein paar Dinge wichtig:

• Es haben nur noch so um die 40 Prozent der WählerInnen an den Wahlen teilgenommen
• SPD und CDU verlieren in großem Stil WählerInnnen. Traditionelle Bindungen an Parteien werden bald der Vergangenheit angehören
• Die Grünen haben den unverdienten Fukushima – Bonus wieder zurück geben müssen und konkurrieren jetzt, mitglieder- und strukturbedingt ganz logisch, mit der FDP zur Beschaffung neoliberaler Mehrheiten und
• Die rassistische AfD hat über 10 Prozent geholt, weil das schlicht dem Anteil rassistisch denkender WählerInnen in Kassel entspricht. Die werden unter normalen Bedingungen von den beiden großen (Volks-)Parteien „stillschweigend“ eingebunden, nicht aber in bewegten Zeiten, wenn so große Flüchtlingszahlen den deutschen Wähler durcheinander bringen….

Dass das kleine und wackere Bündnis Kasseler Linke für ihr Oppositions-Projekt jetzt ein paar mehr Stimmen erhalten hat und dafür mit 2 zusätzlichen Parlamentariern zukünftig mehr Druck wird ausüben können als bisher, das ist genau so sicher wie die Tatsache, dass mit den Linken niemand das Gespräch suchen wird. Das verwundert nicht, obwohl es doch so viel dazuzulernen gäbe für die z.Z. regierende rosa-grüne Koalition: Und so viele Fehler in der letzten Legislaturperiode hätten gar nicht erst gemacht werden müssen, wäre die häufig arrogante rosa-grüne Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung ab und mal positiv auf die Ideen und Vorschläge der Kasseler Linken eingegangen!!

Um zu den oben erwähnten Futtertrögen zurückzukommen: Wenn man die Überschriften und Bilder in der HNA vom Mittwoch, den 09. März, richtig deutet, darf das kommunalpolitisch interessierte Publikum nun davon ausgehen, dass sich über die selbigen nun die Akteure aus 3 Parteien – SPD, Grüne und FDP – beugen werden. Ganz ohne prophetisches Talent darf von einer verstärkten Hinwendung zu neoliberalen Maßnahmen und Praktiken ausgegangen werden, also von weiteren Privatisierungen bis hin zu rückwärtsgewandten Verkehrskonzepten…

Um dem in den kommenden 5 Jahren einen Riegel vorzuschieben, bräuchte es viel Druck auch von außen.

Als die Verhandlungen mit dem Iran im Juli 2015 den berühmten Punkt erreichten, wo „alle Welt“ erleichtert aufatmete – obwohl den gut informierten Zeitgenossen die Rede Netanjahus vor dem amerikanischen Kongress im März 2015 durchaus noch in den Ohren hätte klingen können – sollte eigentlich das Gegenteil passieren. Alle,

• die es gut mit Israel meinen,
• die den iranischen Terror in allen seinen Facetten kennen und ablehnen,
• die gegen die dort massenhaft verhängten Todesurteile sind,
• die für einen demokratischen und laizistischen Iran eintreten und
• die wissen, wer in Teheran tatsächlich regiert,

alle die hätten aufschreien und protestieren müssen. Aber außer Netanjahu – und der hat es ja im Vorhinein für die aufgeklärte Welt getan – hat sich kaum jemand wirklich erregt, erkannten viel zu wenige, welchem Risiko sich die Weltgemeinschaft (wenn es so was überhaupt gibt) mit diesem Vertrag aussetzt. Statt großer Sorge breitete sich wohlige Erleichterung aus. Motto: ein Krisenherd weniger und gute Geschäfte am wirtschaftlichen Horizont.

Wer jedoch die Blutspur des Iran seit der Machtergreifung der Mullahs betrachtet, wer die jüngere (im Übrigen vielfältig mit Deutschland verflochtene) Geschichte dieses Landes kennt, dem kann zu recht Angst und Bange werden. Wer sich außerdem daran erinnert, dass wichtige Unterhändler in diesem Deal, an dem sich neben dem Iran die USA, Russland, China, Frankreich, England und Deutschland beteiligten, auch schon beim Vertrag mit Nordkorea am Verhandlungstisch saßen, weiß wie gefährlich dieses Abkommen just zu dem Zeitpunkt schon war, als die Tinte noch Feuchtigkeitsspuren aufwies: Ganz ähnlich sah das Abkommen von 1994 zwischen den damaligen Hauptkontrahenten – Nordkorea und USA – auch aus: Mit dem allseits bekannten Ergebnis, dass Nordkorea heute die Atombombe hat. Nur knapp 10 Jahre später, 2005 verkündet Nordkorea den Besitz von Kernwaffen, also nur 10 Jahre nach Abschluss des damals ebenfalls laut bejubelten Vertrages, hatte Nordkorea genau das, was mit dem Vertrag eigentlich hatte verhindert werden sollen.

Hier ist nicht der Platz, darüber zu spekulieren, warum die beteiligten Länder sich auf diesen Deal eingelassen haben. Vermutlich sind es insgesamt sehr unterschiedliche, überaus komplexe und teils divergierende Zielsetzungen bei den am Verhandlungstisch versammelten Länder gewesen. Aber über eins muss nicht spekuliert werden: Was der Iran mit der Bombe anfangen will, wenn er sie denn, wie zu befürchten ist, trotz oder gerade wegen dieses Vertrag bald fertig haben wird:

Er möchte, wie 1000-fach verlautbart, tausend Mal diskutiert, 1000 mal offensiv bekannt, 1000 fältig in Interviews erläutert – Israel angreifen und alle Juden, alle Israelis vernichten. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Vorerst.

Das ist insgesamt alles andere als eine anheimelnde Geschichte. Keine aus 1000 und einer Nacht, eher eine mit Abgrund… Und die Weltgemeinschaft? Still ruht der See. Der Iran hingegen testet am 09. März 2016, nur wenige Monate nach dem gefeierten Vertragsabschluss, neue Mittelstreckenraketen und erklärt eiskalt: Niemand müsse sich Sorgen machen – der Test gelte nur Israel.

Ein hochrangiger Kommandeur räumte in diesem Zusammenhang ein, dass sich das Raketenprogramm gegen Israel richte. „Wir haben unsere Raketen mit einer Reichweite von 2000 Kilometern gebaut, um unseren Feind, das zionistische Regime, aus sicherer Entfernung treffen zu können“, zitierte eine iranische Nachrichtenagentur Brigadegeneral Amir Ali Hadschisadeh.

Wie beruhigend!

Es ist eine Kette nicht enden wollender Fehlschläge und Ärgernisse, wenn man – zumindest unter städtebaulichen Gesichtspunkten – auf die Zusammenarbeit zwischen der Stadt Kassel und dem Land Hessen blickt. Um die Leserschaft nicht zu langweilen, sei nur auf die beiden allerletzten dieser misslungenen Kooperationsprojekte hingewiesen: Das langweilige Finanzamt in privilegiertester Lage, direkt an der Fulda, das ab 16.30 Uhr in der dunklen Jahreszeit öde, dunkel und verlassen am Flussufer liegt. Und der nicht minder bedauerliche Büroklotz für den RP am Lutherplatz. Beide Projekte sind suboptimal, beide Projekte halten sich nicht an grundsätzliche Erkenntnisse des Städtebaus heutiger Tage wie z.B. Mischung verschiedener Nutzungen und beide Projekte lassen in Anbetracht der herausragenden Bedeutung des Ortes eine entsprechende bzw. (ansprechendende) Architekturqualität schmerzhaft vermissen.

....hier gegenüber soll vielleicht ein riesiger ebenerdiger Parkplatz entstehen?

….hier gegenüber soll vielleicht ein riesiger ebenerdiger Parkplatz entstehen?

 

Und in beiden Fällen hätte die Stadt eine ganze Reihe von Möglichkeiten gehabt, derartige Städtebaufehler zu verhindern, weil sie die Planungshoheit hat, d.h. sie kann mit Bau- und Planungsrecht bestimmte Qualitätsstandards im Vorfeld durchsetzen bzw. solches nur unter bestimmten Bedingungen gewähren. Im Falle des Projekts am Lutherplatz waren die Stadt resp. die Städtischen Werke sogar Eigentümer des Grundstücks. In beiden Fällen wäre also durchaus mehr drin gewesen.

Nun darf der interessierte Leser bzw. Lerserin in der HNA vom 03.03.16 erfahren, dass das Land plant, im Zuge des Umbaus des ehemaligen Finanzamtes in der Goethestraße zu einem weiteren Justizzentrum (mit Verwaltungsgerichtshof, Verwaltungsgericht und Sozialgericht), das unbebaute Nachbargrundstück zu einem möglicherweise ebenerdigen Parkplatz für Bedienstete auszubauen.

Statt ein Aufschreis der Stadt, statt einer klaren Ansage, so etwas mit allen denkbaren Mitteln und unter allen Umständen zu verhindern: Schweigen. Das lässt Schlimmes vermuten.

Gerade hat die Stadt einen wichtigen und anerkennenswerten Schritt in die richtige Richtung getan und Teile Friedrich Ebert- und Goethestraße zeitgemäß so umgebaut, dass man davon sprechen kann: hier sind alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt im Straßenraum unterwegs. Anstelle daran anzuknüpfen und nun – bei einem so gewichtigen Baustein im Bereich der neu gestalteten Goethestraße – klare Vorgaben für die in Rede stehende Baulücke zu machen, hört man von solchen städtischen Vorgaben nichts. Und der geneigte Leser muss wissen: Wenn die HNA derartige Pläne beschreiben kann, darf oder soll, sind längst Gespräche zwischen den städtischen Ämtern und den Dienststellen des Landes am Laufen….

Wie vorangegangene Projekte beeindruckend zeigen, ist es dringend nötig, dem Land Hessen gegenüber glasklare Positionen zu beziehen und zu erläutern, welche Vorstellungen die Stadt hat.

An dieser Stelle muss es ein eindeutiges Bekenntnis zu einer am historischen Vorbild sich orientierenden Wohnbebauung geben, wobei öffentlich geförderter Wohnungsbau klar im Vordergrund stehen sollte. Es ist aber durchaus auch eine Mischung von gefördertem Wohnungsbau und Eigentumswohnungen denkbar, wie es erfolgreich in Teilen der neuen Unterneustadt praktiziert worden ist. Darüber hinaus gibt es europaweit praktizierte, anerkannte und verträgliche Möglichkeiten, unabdingbaren Bedarf an Stellplätzen so zu organisieren, dass auf teure Tiefgaragen-Lösungen verzichtet werden kann. Das Haus könnte dann sozusagen über einem schön kaschierten Parkplatz stehen. Vorbedingung ist jedoch, dass der Arbeitgeber (Land Hessen) seine Bediensteten auf die Möglichkeit des vorhandenen, optimalen Nahverkehrs verweist und den Umstieg mit einem Jobticket tatkräftig und zielgerichtet unterstützt: U.a. mit dem Hinweis, dass nur ganz wenige Stellplätze vorhanden sind, die nahezu allein für Dienstfahrzeuge etc. reserviert sind!

Also: Keine Hemmungen, Herr Nolda! So etwas durchzusetzen, das ist die Aufgabe des Stadtbaurats. Das ist nicht delegierbar und wie Sie selbst wissen, muss man dem Land gegenüber Durchsetzungsvermögen an den Tag legen, sonst machen „die“, was sie wollen. Und das – wie die Beispiele weiter oben zeigen – deckt sich durchaus nicht mit den Interessen der Stadt. Wofür haben wir denn einen grünen Stadtbaurat, wenn er nicht offensiv für eine solche Lösung eintritt?? Hier in Kassel und im Land; denn da sitzen die Grünen ja auch in hohen Positionen, man könnte sogar sagen, an den „Hebeln der Macht“?