Multifunktionshalle auf der Zielgeraden?

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In der neuen Halle – noch hat sie keinen Namen – sollen die Huskies und die Melsunger Handballer spielen, dazu soll es Konzerte und viele andere hochkarätige Veranstaltungen geben. Auch und vor allem solche, die wegen einer passenden, sprich anspruchsvollen, attraktiven Spielstätte bisher an Kassel vorbeigezogen sind. Das soll Kassel voran bringen, gut fürs Image sein und auch ökonomisch Sinn machen. So weit so gut.

 

Die Vorgängerfraktion der Kasseler Linken ASG hat im Frühjahr und Herbst 2005 zwei recht kritische Artikel in ihrem Infoblatt veröffentlicht. Die meisten der dort aufgeworfenen Fragen sind auch für die neue Fraktion der Kasseler Linken aktuell: Wo ist das städtische Konzept für den gesamten Bereich, warum trägt der Investor die unmittelbar zur Halle gehörenden Investitionen nicht allein und warum wird und wurde überhaupt nicht darüber debattiert, was die Stadt ggf. alternativ mit den 11,5 Mio. Euro hätte anfangen können?

 

Fehlendes Gesamtkonzept

Die Frage nach dem Gesamtkonzept ist unseres Wissen nach immer noch nicht beantwortet, geschweige denn zufriedenstellend gelöst. Der Bebauungsplan bildet jedenfalls bestimmte Areale des vom Betrieb der neuen Halle unmittelbar tangierten Bereichs gar nicht ab. Oder anders formuliert: was passiert, wenn infolge der neuen Halle Kimm pleite geht und die Eisporthalle, direkt an der Kreuzung Ludwig-Mond-Straße/Frankfurterstraße, direkt an einem so bedeutenden städtebaulichen Ort der Stadt, langsam vor sich hin gammelt? Aus unserer Sicht hätte die Stadt die Kooperation der beiden Hallenbetreiber zwingend zur Basis ihrer koordinierenden und Baurecht schaffenden Aktivitäten machen müssen! Das aber ist nicht geschehen, wie die in letzter Zeit über den Extra Tip ausgetragenen Konflikte überdeutlich zeigen. Zumindest liegen Konzepte für die Zukunft des gesamten Areals, von allen Seiten positiv bestätigt, bis heute nicht auf dem Tisch.

 

Millionen für VIP’s und Investoren

Was die Finanzierung des Gesamtprojekts angeht, darf man sich durchaus wundern: Während das Land den Kommunen all die Aktivitäten verbieten will, die potentiell Gewinn abwerfen können (das sollen sie gefälligst den Privaten überlassen), soll sich beim privaten Bau und Betrieb einer Multifunktionshalle die Stadt mit rund 18 Mio. Euro beteiligen! „Beteiligen“ klingt so harmlos, heißt aber nichts anderes als Schenkung. Diese Schenkung setzt sich aus 11,5 Mio. Euro Zuschuß für die Herrichtung des Hallenumfeldes und runden 6,5 Mio. DM für das Grundstück zusammen, für das die Investoren auch nichts locker machen müssen. Und das angesichts eines Berges von Schulden, auf dem die Stadt sitzt und einer unendlichen Liste erfolgter Streichungen zu Lasten wichtiger sozialer Projekte. Daß innerhalb dieser 18 Mio. 1 Mio. Euro (in Worten: eine Million Euro!!!) allein dafür bereitgestellt wird, damit die Reichen und Schönen aus Stadt und Landkreis unmittelbar vor dem einen der beiden Haupteingänge einen separaten Parkplatz gebaut bekommen, ist instinkt- und geschmacklos. Wenn sich die VIP’s ihre extrem teueren Logenplätze selbst kaufen können, warum muß ihnen dann die arme Stadt Kassel noch einen aus städtischen Mitteln finanzierten Parkplatz hinterher werfen?? Wir verstehen das nicht und werden für so eine schamlose Finanzierung nicht unsere Stimmen hergeben….

 

Auch wenn wir nicht – wie die anderen Parteien – glauben, daß diese Halle die Stadt rasch und zwingend aus „ihrem Elend“ und zu neuen Ufern führen wird, so könnten mit dem Betrieb der Halle doch durchaus positive Effekte verbunden sein. Positiv an diesem Hallenprojekt ist z.B. auch, daß sich der Landkreis an den Kosten für das Projekt beteiligt, das er so lautstark gefordert hat. Der Landkreis trägt allerdings nur die – recht geringen- Kosten für die sogenannten Ausgleichsmaßnahmen.

 

Keine Alternativen?

Ganz verständnislos stehen wir dem Tatbestand gegenüber, daß vom OB und seiner „Truppe“ zu keinem Zeitpunkt die Frage gestellt worden ist, was man alternativ mit den 11,5 Mio. Euro hätte anfangen können? Auch wenn wir bei dieser Frage außer acht lassen, daß der „kleine“ Mann vom RP in anderem Zusammenhang schon deutlich gemacht hat, daß er die Unterstützung für die Kinder weniger begüterter Eltern mit zusätzlichen Mitteln nicht finanziert sehen möchte, so fallen uns darüber hinaus noch eine ganze Reihe von Projekten und Maßnahmen ein, die wir zu gerne mit den 11,5 Mio. Euro gebaut oder sonstwie realisiert gesehen hätten…..

 

Wichtige Verträge vor dem Abschluß

Der z. Z. offengelegte Bebauungsplan ist für uns nicht der Stein des Anstoßes, zumindest nicht in erster Linie. Dieser Plan legt lediglich fest, welche Nutzung in welcher Intensität (Fläche, Höhe etc.) wo stattfindet. Also: wo liegt die Halle genau, wo die Parkplätze und wie sieht es mit der verkehrlichen und ökologischen Verträglichkeit aus. Ob sich das Projekt allerdings am Ende als gut oder schlecht, ganz schlecht oder gar verheerend für die Stadt und ihre Finanzen auswirkt, wird sich viel mehr in den noch zur Abstimmung anstehenden Verträgen zeigen. Im Kleingedruckten und in den vielen wichtigen Details dieser Verträge wird sich letztendlich zeigen, ob die Halle eher ein Geschenk an einen großen Bau- und Planungskonzern und die dahinter stehenden Banken war und ist oder ob auch die Stadt und ihre verantwortlichen Politiker etwas „Lohnendes“ für die Stadt und ihre Bürgerinnen und Bürger herausgeholt haben. Wir jedenfalls werden die weitere Entwicklung aufmerksam im Auge behalten.

 

Eckhard Jochum
(aus LinksZeitung Jg. 1/07 S. 4)