Wäre Kommunalpolitik bloß Kirchturm – Politik, müsste man sich als Ahnataler nicht darum kümmern, welchen OB sich die Kasseler BürgerInnen am Sonntag aussuchen. Aber die Kommunalpolitik in Kassel ist wichtig, auch für die BewohnerInnen des Speckgürtels um das Oberzentrum Kassel herum. Fallen hier doch wichtige Entscheidungen in der Mobilitäts-, Klima-, Kultur- und Bildungspolitik, die unmittelbaren Einfluss auf die Umlandgemeinden des Landkreises haben. Deswegen ist es alles andere als egal, wer in den ausgesprochen wichtigen nächsten Jahren in Kassel auf dem OB – Sessel sitzt.

Ich sage es ganz offen, mit Namen und Adresse: Geselle hat auf keinen Fall das Zeug, ein guter Oberbürgermeister für Kassel zu sein und er verdient es nicht, dass man ihm erneut das Vertrauen für ein derart wichtiges Amt ausspricht.

Dazu habe ich mich in den vergangenen zwei Jahren schon verschiedentlich kritisch geäußert. Wer Lust und Zeit, kann das – den beigefügten Links folgend – hier noch einmal nachlesen.

Treten Sie zurück, Herr Geselle und überlassen Sie das Amt einem Profi!

Und sie wollen nicht hören! Debakel in der Verbandsversammlung des Zweckverbandes Raum Kassel/ZRK

Antisemitismusauf der documenta fifteen d15 oder Nachhilfeunterricht für einen Oberbuergermeister

OB-Geselle-überfordert

Das Mobilitätsdrama der Kasseler SPD und kein Ende!

Alle warten auf das Ergebnis eines OB Solos in Sachen documenta Institut

Entscheidend für mich – weil man die lange Liste Geselleschen Versagens gar nicht mehr aufzählen mag – ist sein Handeln in der Umwelt- und Klimapolitik (beispielhaft sei hier nur der unsinnige Versuch erwähnt, die zweite Eisporthalle in eine Frischluftschneise auf den Giesewiesen zu bauen), in der Stadtentwicklung (das Drama um den Standort für das documenta Institut hat man noch gut in Erinnerung) und in der Verkehrspolitik (beispielhaft sei hier nur sein Großversagen in der Radverkehrspolitik erwähnt) … Auch wie Geselle in aller Öffentlichkeit seinen Magistratskollegen Nolda von den Grünen in der Presse durch den Dreck gezogen hat, ist ganz ohne Frage ein Nachweis dafür, dass so ein Politiker-Typ ungeeignet ist für den Job als OB. Sein Verhalten der eigenen Partei gegenüber, als ihm wegen seines üblen Politikstils nicht mal mehr Partei und Fraktion folgen wollten, zeigt ein vollkommenes Unverständnis für parlamentarische Spielregeln und Gepflogenheiten. Er stellt sich schließlich gegen die eigene Partei, ohne die er heute vermutlich noch Polizist wäre. Denn die eröffnet ihm eine kleine Karrieremöglichkeit: vom Kämmerer zum OB Kandidaten. Ohne die SPD wäre er nie OB geworden.

Den allerletzten Beweis für seine geballte Inkompetenz liefert Geselle in der Antisemitismus Krise während der d 15: Hätte er auf die Hinweise des Bündnisses gegen Antisemitismus schon im Januar 2022 gehört, wäre möglicherweise alles anders gekommen. So aber musste er sich, wie ein Klippschüler vom aus Berlin angereisten Bundespräsidenten die Leviten lesen lassen. Ich werde nie vergessen, wie während der Eröffnungszeremonie Geselle angesichts der Kritik des deutschen Staatsoberhaupts die Gesichtszüge entgleisten … Nach der Enthüllung des Taring Padi – Kunstwerks auf dem Friedrichsplatz war es dann ohnehin vorbei mit lustig und Kassel stand monatelang und weltweit in der Kritik.

Und nun, nachdem aufgrund seiner Fehler und seines Versagens auf nahezu allen relevanten Politikfeldern Kassel inzwischen von Grün/Schwarz/Gelb regiert wird, bläst er zum letzten Gefecht und bittet seine UnterstützerInnen um Schützenhilfe. Und das bedauerlicherweise scheint nur mit Diffamierungen zu gehen.

Insgesamt, wenn man Wahlkampf-Schlamm-Schlachten in anderen Teilen der Republik oder gar der Welt anschaut, ging es im Kasseler Wahlkampf eher gemütlich, brav provinziell und alles in allem gesittet zu. Von Schmutzkampagnen, wie in der Hauspostille HNA zu lesen war, kann eigentlich keine Rede sein. Ein einziger anonymer Brief (von einem sog. Frauenwiderstand!?), von dem sich alle Parteien und alle Gegenkandidaten glasklar distanziert haben, ist eigentlich kein Grund, die Geselle-Fans in den Empörungsmodus oder gar in Wallung zu versetzen. So was ignoriert man. Anonym jemanden – egal wen – zu beschimpfen ist zwar ein Zeichen unserer Zeit, weil das im Internet und den sozialen Medien weite Verbreitung gefunden hat, muss aber nicht über Gebühr kommentiert werden.

Ganz anders verhält es sich mit der mit einem Impressum versehenen Internetseite „geselligeWahrheiten.de“. Auf dieser Seite finden sich kritische Würdigungen von Geselles Leistungen, Fehlern, Versäumnissen, Lügen und Halbwahrheiten in seiner Amtszeit. Derartige Kritik ist natürlich erlaubt, nötig und dient der Information von WählerInnen.

Wer irgend die Zeit bis zum Wahltermin noch hat, sollte diese Seite und die dort zusammen getragenen Artikel unbedingt lesen und studieren. Ein sehr interessantes Informationsmaterial zu den OB Wahlen: erstklassig recherchiert und gut in Szene gesetzt. Dass diese ausgesprochen faktenorientierte Seite den Jubel-PerserInnen von Geselle nicht gefällt, ist klar. Statt sich aber mit den auf „GESELLIGE WAHRHEITEN“ ausgebreiten Inhalten und Fakten zu beschäftigen, werden die AutorInnen dieser Seite pauschal und übelst beschimpft.

Ich hoffe, dass mit dem kommenden Sonntag diese unrühmliche OB Episode beendet werden kann und Geselle hoffentlich bald was anderes macht, als die Mehrheit der Kasseler BürgerInnen zu nerven.

Wir haben uns in den letzten Wochen im Umfeld des Flughafens umgesehen und sind
dabei aus dem Staunen nicht mehr herausgekommen. Überall wird die Landschaft von Straßen und Zuwegungen zersägt und zerschnitten!

Nehmen Sie sich doch auch mal die Zeit für einen Sonntagsspaziergang und schauen Sie mal, was da so alles läuft und passiert. Wer die Gegend um Calden bisher für seine Radtouren und Spaziergänge zu schätzen wusste, muss umdisponieren und den Bereich zukünftig großräumig umfahren.

Und das gilt schon für die Bauzeit, nicht nur für die Phase des späteren Betriebes. Wer da wohnt, hat allerdings das Nachsehen.

 

Jahrgang 4, 3/10

In Kassel OB zu sein, scheint auch für Bertram Hilgen nicht ganz so einfach, zumindest schwerer, als er sich das bei seiner Kandidatur und seinem versprechungsreichen Wahlkampf so vorgestellt hat. Und Versprechungen gab’s ja genug. Wir erinnern uns: Regionalreform, anderer Umgang mit den Ortsbeiräten, Bürgerbeteiligung und Mitsprache bis hin zur Haushaltsaufstellung, Lernen aus dem Arroganz-Debakel der SPD von 1993, Regieren mit wechselnden Mehrheiten….. Und jetzt, heute, Frühjahr 2009, wo sich die beiden kommenden und ganz bestimmt spannenden Wahlen in Kassel im Frühjahr 2011 und ……. OB- Wahlen schon abzuzeichnen beginnen, wie sieht es da aus mit der bisherigen Hilgen‘schen Regentschaft? Läßt sich eine positive Bilanz ziehen oder eher nicht?

Wir meinen, und das können und werden wir gut belegen, dass Hilgen faktisch nichts vorzuweisen hat, was überzeugend für eine zweite Amtsperiode spräche. Die Liste, die wir aufmachen werden, spricht eher von Versagen, von nicht eingehaltenen Versprechungen und von ungelösten Problemen in „seinem“ Magistrat. Aber schön der Reihe nach….

  • Es vergeht ein Jahr um‘s andere und Kassel hat immer noch keine Multifunktionshalle. Jetzt bekommt der Investor (Rossing) schon eine Mietgarantie für einige Tausend m2 Rathausflächen über einen langen Zeitraum, zu den 11 Millionen, die das Parlament jedem Halleninvestor schon zugesagt hat, noch obendrauf. Dazu kommen noch Landesmittel aus dem Denkmaltopf (zu deutsch: Steuererleichterungen), aber die Halle ist trotz wiederholter Positivbotschaften in der HNA immer noch nicht in Sicht. Und das, obwohl Herr Hilgen von Anfang an gesagt hat: das mache ich allein. Multifunktionshalle – Fehlanzeige!
  • Der Dezernent, den Hilgen gleich zu Beginn seiner Amtszeit an die Luft setzen wollte (aus vielen guten Gründen), dieser Dezernent ist inzwischen nicht nur Kämmerer, sondern auch Sozialdezernent und für eine weitere Amtsperiode gewählt. Zu den vielen guten Gründen, die es schon beim Amtsantritt von OB Hilgen gab, den Kämmerer außerhalb des Rathauses mit anderen Aufgaben zu betrauen (wir erinnern uns alle, dass die CDU immer wieder betont hat: „Den nehmen wir glatt auf bei uns, wenn ihn die SPD mal nicht mehr haben will“), sind inzwischen viele neue Gründe hinzugekommen. Neben seinem Versagen im gesamten sozialpolitischen Bereich – dazu kommen wir noch gesondert – hat sich Dr. Barthel ohne den geringsten Widerstand im Magistrat, nach dem von ihm selbst verantworteten Kaputtsparen aller Hallen- und Freibäder mit der Schließung von 2 Hallenbädern und dem Ausbau eines mondänen Hallenbades am Auedamm durchgesetzt. Eine grandiose, teure, unsoziale, antiökologische und stadtentwicklungspolitisch fatale Fehlentscheidung!! Damit wird die Innenstadt geschwächt, Baudezernet und OB gleichermaßen blamiert (weil stadtentwicklungspolitische Entscheidungen eindeutig Chef- und Baudezernentensache ist), die Aue unnötig belastet…. Geglückte und gekonnte Bädersanierung – Fehlanzeige!
  • Wie man auch immer man zum Fuldauferweg stehen mag: die Kommunikation mit den traditionsreichen Vereinen und die Art, wie der OB die Gartenamtschefin „von der Kette“ gelassen hat, zeugt nicht von Fingerspitzengefühl und beweist, dass es mit der Einbeziehung der Bürger in wichtige, ihre Interessen tangierende, kommunalpolitischen Entscheidungen – im Wahlkampf noch vollmundig versprochen – nicht weit her ist. Fuldauferweg – Minuspunkte im Handling!
  • Die Grünen sind die neuen Steigbügelhalter für die SPD. Für einen Posten im Magistrat schweigen sie zum Langen Feld (davon ist in den Koalitionsvereinbarungen keine Rede!!!) und sie tolerieren den Flughafenausbau durch immerwährendes Durchwinken des Haushaltes, der natürlich Investitionen zu Calden enthält bzw. seit Jahren schon enthalten hat. Dass eben dieser Flughafen am Ende möglicherweise noch eine Spange von der A 7 direkt nach Calden nach ziehen wird, geht dann auch auf das Konto dieses Oberbürgermeisters und seiner grünen Koalitionspartner. Statt umweltorientierter Mobilitätspolitik und kreativem Flächenrecycling für Gewerbe – ein überflüssiger Flughafen als zukünftiges Millionengrab und die Verschleuderung der letzten ökologisch wertvollen Freiflächen im Süden der Stadt!!
  • Was im Wahlkampf Sympathie und Anerkennung ausgelöst hat, führt zur blamablen Pleite und zum völligen Offenbarungseid. Die Bürgerbeteiligung zum Haushalt. Nicht nur gänzlich unprofessionell vorbereitet und lieblos durchgeführt: Herr Dr. Barthel – da haben wir ihn wieder – will doch mit keinem noch so motivierten und ideenreichen Bürger ernsthaft über „seinen“ Haushalt debattieren!!?? Und wenn man das nicht will, organisiert man die Sache eben so, dass allen Interessierten die Lust schnell vergeht. Damit fährt man so ein an sich sinnvolles Vorhaben schnell gegen die Wand und zukünftig wird kein unbefugter Bürger bei der Haushaltsaufstellung mit diskutieren oder auch nur Fragen zum einen oder anderen Posten stellen können. Haushaltsdebatte öffentlich, bürgerfreundlich vorbereitet – Fehlanzeige!
  • Die HGO ist eindeutig: zuständig für die Verteilung der Aufgaben im Magistrat ist der OB. Und was bitte waren dann seine Motive, den Bock zum Gärtner, den plumpen, kurzsichtigen Sparkommissar zum Sozialdezernenten zu machen? Den Haushalt zu sanieren? Einen noch verschärfteren Privatisierungskurs zu fahren? Wenn dem so ist, dann hat das alles der OB zu verantworten. Denn auch wenn Dr. B. mit der Basis seiner Partei rein gar nichts mehr zu tun hat, ist für sein Handeln dennoch der OB – primus inter pares – verantwortlich. . Soziale Politik mit Dr. B. – Fehlanzeige!
  • Friedrich – Ebert – Straße? Ein Hilgen – Erfolg? Mitnichten. Fast sah es schon so aus, als wollte der OB einknicken vor der Parkplätze-fordernden-Kurzsichtigkeit einiger autoverliebter Gewerbetreibender. Ohne die teilweise mutigen Beschäftigten der Verwaltung, die die Chance zur „Humanisierung“ bzw. Boulevardisierung der Straße endlich gekommen sahen und dem besonnenen und mediationserfahrenen Ortsbeiratsvorsitzenden West – Wolfgang Rudolf – wäre das Projekt an nur scheinbar unvereinbaren Interessenlagen fast gescheitert. Dass hier – wie so oft in letzter Zeit – die HNA mit geköchelt, gestichelt und aufgewiegelt hat, stimmt zwar, aber davon kann und darf man als verantwortungsbewußter Stadtpolitiker seine strategischen Entscheidungen nicht abhängig machen. Und davon, dass Hilgen vorneweg den geplanten Umbau dieser Straße, die es seit Jahren schon so dringend nötig gehabt hätte, verteidigt und durchgefochten hätte, haben wir nichts mit bekommen. Und gerade hier hätten politische Bekundungen in eben der Klarheit wie zum Uferweg auch erwartet werden dürfen. Aber Mut für strategische Entscheidungen und aktives Eintreten dafür – Fehlanzeige! Auch hierzu gibt es in dieser Ausgabe noch einen gesonderten Kommentar.
  • Und da war doch noch was: Ja, genau, die Regionalreform! Das feste Versprechen des Noch-Nicht-Oberbürgermeisters Hilgen vor den Wahlen, wir erinnern ganz genau, die schmerzhaften Versäumnisse der 70iger Jahre mit modernen Methoden und Strukturen um das Oberzentrum Kassel herum zu überwinden und so zu gerechteren und besseren Lösungen für die vielen drängenden Fragen Mobilität, Kultur und Theater, Gewerbeentwicklung etc. zu gelangen. Und was hat Hilgen auf diesem Feld erreicht, wenn man von der Fusion des einen oder anderen Amtes und der VHS absieht?? Gar nichts. Regionalreform – Fehlanzeige!

Unser Fazit: Hilgen wieder zu wählen lohnt nicht. Er ist weit hinter den selbst geweckten Erwartungen zurück geblieben. Und mit den Grünen wird das Ganze auch nicht besser, solange die wirklichen Probleme der Stadt – zumindest teilweise – ausgespart bleiben. Und wie das erst werden soll, gerade mit diesem Kämmerer und Sozialdezernenten, wenn die Milliarden zur Bewältigung der kapitalistischen Wirtschaftskrise, die bislang in erster Linie an die Banken und damit indirekt an die Aktionäre geflossen sind, von uns allen zurückgezahlt werden müssen, wagen wir uns noch gar nicht so richtig vorzustellen.

Von unserer Einschätzung, das wissen wir, wird es allerdings nicht abhängen, ob Hilgen eine zweite Chance bekommen wird. Abhängen wird es davon, ob er u.a. seinen Dr. B. in den Griff bekommt und ihn zurückpfeift, sowohl was die Sozialpolitik angeht als auch die strategischen Entscheidungen der Stadtentwicklung. Fehler darf er auch keine mehr machen und neue Uferwege sollte er erst einmal lassen. Und er sollte vielleicht sein Wahlprogramm noch mal kritisch nachlesen, was da so alles drin steht. Dann kommt vielleicht noch das eine oder andere auf die Agenda, was ihm helfen könnte.

Ganz zum Schluss wird es natürlich davon abhängen, wen die CDU gegen ihn ins Rennen schicken wird. Und wer sich erinnert, wie sehr sich Roland Koch, der große Wahlverlierer und trotzdem weiter regierende hessische Ministerpräsident, über den Verlust von Lewandowskis OB Sessels in 2007 in Kassel geärgert hat, der weiß, dass er sich etwas einfallen lassen wird. Und wenn man sieht, mit welch kluger Voraussicht er „seine“ Frontfrau mit dem publikumswirksamen Kultusministerposten ausgestattet hat und mit welch ruhiger Souveränität sie diesen Job erfüllt, dann kann man sich die Konkurrentin für Hilgen schon lebhaft vorstellen. Und vermutlich hat der dann – mit dieser Bilanz – einen nicht ganz so leichten Stand.

 

Eckhard Jochum
(aus LinksZeitung Jg. 3 1/09 S. 2 + 3)