Der Niedergang einer einst großen Partei

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Ich bin nicht der Einzige, der den Niedergang der SPD im Allgemeinen, in Nordhessen im Besonderen und mit 100-prozentiger Treffsicherheit für die Kasseler SPD schon vor vielen Jahren vorhergesagte. Und ich weiß natürlich, dass sich – vielleicht mit der Ausnahme der beiden iberischen Parteien (PSOE in Spanien und PS in Portugal, bei deren „Geburt“ 1973 die SPD übrigens zahlkräftige Hebamme gespielt hat) – auch viele andere sozialdemokratische Parteien im Niedergang bzw. im freien Fall befinden. Wenn für den Niedergang der sich sozialistisch nennenden Parteien ein Bild benötigt wird: Schon 2017 musste sich die Sozialistische Partei Frankreichs (PS) von ihrem noblen Hauptquartier am linken Ufer der Seine in der noch nobleren „Rue de Solférino“ trennen. Geldmangel aufgrund katastrophaler Wahlergebnisse und radikalem Bedeutungsverlust! Damit will ich nicht sagen, dass die SPD bald aus dem Willy-Brandt-Haus ausziehen muss: Aber bald wird massiv gespart werden müssen … Das wird noch spannend. Denn wenn die SPD bei den nächsten Wahlen im Bund vielleicht sogar unter die 10 Prozent-Marke fällt, wird sie vermutlich viele ihrer noblen Karossen nicht mehr weiterfahren können.

Das ist mehr als eine Analyse wert, führt aber hier zu weit. Sagen kann man nur jetzt schon: Wenn sich die SPD nicht bald auf Inhalt und Begriff ihres eigentlich so schönen Namens besinnt, sondern weiter irrlichtert in neoliberalen Sackgassen und weiter versucht, in der Mitte und rechts von der Mitte auf Stimmenfang zu gehen, wird sie bald in der kompletten Bedeutungslosigkeit versinken. Ob die Armen mit Bürgergeld erniedrigt werden oder mit Hartz IV, ist letztlich egal: Es käme vielmehr darauf an, dass sich SPD auf die besinnt, die hart und oft ungesichert arbeiten, die mit 1-Euro-, Minijobs, Mindestlohn und anderen unregulierten Formen der Ausbeutung gequält werden, gar keine Arbeit haben, studieren oder krank sind: Also auf alle diejenigen, die in diesem neoliberalen Land ökonomisch an den Rand gedrängt werden und die es schwer haben, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Völlig unabhängig davon, wie die Politiker, die Medien, die großen Unternehmen und die trotz weitverbreiteter öffentlicher Armut wachsende Zahl an Super-Reichen über die tiefe Spaltung der bundesdeutschen Gesellschaft so reden: Der Zustand der BRD ist katastrophal! Die früher mal als Partei der kleinen Leute geltende SPD traut sich nicht einmal mehr, die Vokabel Vermögenssteuer in den Mund zu nehmen oder sie in ihre Programme zu schreiben …

Das Wahlergebnis bei den letzten hessischen Wahlen im Oktober 2023 zeigt ein Bild des Jammers: Ganz Hessen, das ja mal ein rotes Bundesland war, ist nun tiefschwarz. Von den 55 Wahlkreisen gingen 52 an die CDU, 3 an die Grünen. In Kassel, wo über Jahrzehnte ohne die Zustimmung der SPD kein Sack Reis umfallen durfte, kräht kein Hahn mehr nach ebendieser SPD. Kassel ist insofern allerdings eine Besonderheit, das muss man in Erinnerung rufen, als hier der letzte Oberbürgermeister eigenhändig die Säge an den Stamm der Partei angesetzt hat. Ohne diesen Herrn Geselle, den Unsäglichen, wäre die Niederlage hier vielleicht nicht ganz so dramatisch ausgefallen. Was aber auch kein wirklicher Trost ist.

Ohne allzu weit in die Geschichte der SPD einzutauchen, also nicht bis zur Zustimmung zu den Kriegskrediten für den 1. Weltkrieg 1914 oder den Berufsverboten in den 70igern (wo Willy Brandt ja mehr Demokratie wagen wollte!): Bei der SPD muss auf jeden Fall ein radikaler Kurswechsel stattfinden. Der wird das Land noch intensiv beschäftigen und er muss – wenn die furchtbaren Kriege gegen die Ukraine und gegen Israel dann vorbei sind – rasch in Angriff genommen werden. Gründlich, mutig, intelligent: Sonst landet die Parteizentrale doch noch in der Spree!

Für das gesamtdeutsche Projekt dieses notwendigen Wandels wage ich jetzt noch keine Prognose, auch weil Leute wie Kevin Kühnert sich jetzt noch vor allem und nahezu ausschließlich mit dem Konfliktmanagement in der trostlosen Berliner Ampel beschäftigen müssen. Aber auch diese Etappe geht vorbei und dann stehen die angesprochenen SPD-Entscheidungen über ihre Zukunft auf der Tagesordnung …

Was die notwendigen Reformen hier bei uns in der Region anbetrifft, kann ich schon mal so was wie eine Mini-Prognose wagen: Und die sieht düster aus. Das Bild dafür stammt aus der letzten Vollversammlung des Zweckverbandes Raum Kassel (ZRK*), die am 20.09.2023 im Kasseler Rathaus stattfand. Angesichts des Tatbestandes, dass in den ehemaligen nordhessischen SPD-Hochburgen par excellence, Kassel und Landkreis Kassel, die Wahlergebnisse in den vergangenen Jahren immer magerer ausgefallen sind, während die CDU z.B. immer stärker wird, leider auch die AfD, hätte die SPD die Möglichkeit gehabt, bei der Nachwahl für einen stellvertretenden Vorstandsposten der CDU ein Angebot zu machen. Aber nix da! Mit ihrer aktuell noch vorhandenen Mehrheit besetzt die immer noch machtbesoffene SPD den freien Platz wieder mit einer Genossin, der SPD-Bürgermeisterin von Baunatal, Frau Manuela Strube. Obwohl die SPD genau weiß, dass das den aktuellen Machtverhältnissen in der Region überhaupt nicht mehr entspricht.

Ich, als Parteiloser auf dem Ticket der Linkspartei in diesem Parlament, habe mich darüber genauso geärgert wie die CDU-Fraktion, die mit einem respektablen Gegenkandidaten ins Rennen gegangen ist: Mit Herrn Bürgermeister Karsten Schreiber.

Daran erkennt man deutlich, wie es im Inneren der Partei aussieht: Die schwarz-grüne Welle rollt heran (Hessen hat sie ja gerade unter Wasser gesetzt!), aber hier im ZRK wird schnell noch „eine Rote“ in ein Amt gehievt. Kein Gespür für Wandel und kollegiale Gesten. Nur Klüngel und Machterhalt – wenn auch für nur noch kurze Zeit.

Was gibt es Tröstliches? Der nächste Vorstand des ZRK wird vollkommen anders aussehen. Ganz anders!

*Der Zweckverband Raum Kassel (ZRK) ist eine durchaus bedeutsame kommunalpolitische Institution und Instanz. Nach seiner Satzung und Geschäftsordnung hat dieser Verband nicht nur die Aufgabe, für alle Gemeinden und Städte, die ihm angehören – als da sind Kassel, Ahnatal, Baunatal, Calden, Fuldabrück, Fuldatal, Kaufungen, Lohfelden, Niestetal, Schauenburg und Vellmar – den Kommunalen Entwicklungsplan, den Flächennutzungsplan, den Landschaftsplan und sonstige gemeindeübergreifenden Entwicklungsmaßnahmen aufzustellen und fortzuschreiben. Der ZRK ist darüber hinaus auch mit der Wahrnehmung von interkommunalen Aufgaben und Projekten dann zuständig, wenn er hierfür einen Auftrag erhält. Hierzu gehörte z.B. das interkommunale Projekt des Güterverkehrszentrums. Auch beim Flughafen Calden ist der ZRK eingebunden gewesen, u.a. bei der Entwicklung eines neuen, rund 80 Hektar großen Gewerbegebiets im Bereich des alten Flughafens. Man kann sagen, dass praktisch bei allen relevanten raumgreifenden oder raumbeanspruchenden Maßnahmen der ZRK, meist über die Flächennutzungsplanung, mit im „Geschäft“ ist. Neben den beiden Ausschüssen, Finanzen und Planung, in denen zu fassende Beschlüsse vorbereitet werden, ist die Verbandsversammlung (VV) der Ort, quasi die Legislative, in der die Entscheidungen über die Inanspruchnahme bestimmter Flächen letztlich fallen. Der Vorstand bereitet viele dieser Beschlüsse vor und hat letztendlich das Sagen .

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