Schlagwortarchiv für: 13. Mai 2007

In der neuen Halle – noch hat sie keinen Namen – sollen die Huskies und die Melsunger Handballer spielen, dazu soll es Konzerte und viele andere hochkarätige Veranstaltungen geben. Auch und vor allem solche, die wegen einer passenden, sprich anspruchsvollen, attraktiven Spielstätte bisher an Kassel vorbeigezogen sind. Das soll Kassel voran bringen, gut fürs Image sein und auch ökonomisch Sinn machen. So weit so gut.

 

Die Vorgängerfraktion der Kasseler Linken ASG hat im Frühjahr und Herbst 2005 zwei recht kritische Artikel in ihrem Infoblatt veröffentlicht. Die meisten der dort aufgeworfenen Fragen sind auch für die neue Fraktion der Kasseler Linken aktuell: Wo ist das städtische Konzept für den gesamten Bereich, warum trägt der Investor die unmittelbar zur Halle gehörenden Investitionen nicht allein und warum wird und wurde überhaupt nicht darüber debattiert, was die Stadt ggf. alternativ mit den 11,5 Mio. Euro hätte anfangen können?

 

Fehlendes Gesamtkonzept

Die Frage nach dem Gesamtkonzept ist unseres Wissen nach immer noch nicht beantwortet, geschweige denn zufriedenstellend gelöst. Der Bebauungsplan bildet jedenfalls bestimmte Areale des vom Betrieb der neuen Halle unmittelbar tangierten Bereichs gar nicht ab. Oder anders formuliert: was passiert, wenn infolge der neuen Halle Kimm pleite geht und die Eisporthalle, direkt an der Kreuzung Ludwig-Mond-Straße/Frankfurterstraße, direkt an einem so bedeutenden städtebaulichen Ort der Stadt, langsam vor sich hin gammelt? Aus unserer Sicht hätte die Stadt die Kooperation der beiden Hallenbetreiber zwingend zur Basis ihrer koordinierenden und Baurecht schaffenden Aktivitäten machen müssen! Das aber ist nicht geschehen, wie die in letzter Zeit über den Extra Tip ausgetragenen Konflikte überdeutlich zeigen. Zumindest liegen Konzepte für die Zukunft des gesamten Areals, von allen Seiten positiv bestätigt, bis heute nicht auf dem Tisch.

 

Millionen für VIP’s und Investoren

Was die Finanzierung des Gesamtprojekts angeht, darf man sich durchaus wundern: Während das Land den Kommunen all die Aktivitäten verbieten will, die potentiell Gewinn abwerfen können (das sollen sie gefälligst den Privaten überlassen), soll sich beim privaten Bau und Betrieb einer Multifunktionshalle die Stadt mit rund 18 Mio. Euro beteiligen! „Beteiligen“ klingt so harmlos, heißt aber nichts anderes als Schenkung. Diese Schenkung setzt sich aus 11,5 Mio. Euro Zuschuß für die Herrichtung des Hallenumfeldes und runden 6,5 Mio. DM für das Grundstück zusammen, für das die Investoren auch nichts locker machen müssen. Und das angesichts eines Berges von Schulden, auf dem die Stadt sitzt und einer unendlichen Liste erfolgter Streichungen zu Lasten wichtiger sozialer Projekte. Daß innerhalb dieser 18 Mio. 1 Mio. Euro (in Worten: eine Million Euro!!!) allein dafür bereitgestellt wird, damit die Reichen und Schönen aus Stadt und Landkreis unmittelbar vor dem einen der beiden Haupteingänge einen separaten Parkplatz gebaut bekommen, ist instinkt- und geschmacklos. Wenn sich die VIP’s ihre extrem teueren Logenplätze selbst kaufen können, warum muß ihnen dann die arme Stadt Kassel noch einen aus städtischen Mitteln finanzierten Parkplatz hinterher werfen?? Wir verstehen das nicht und werden für so eine schamlose Finanzierung nicht unsere Stimmen hergeben….

 

Auch wenn wir nicht – wie die anderen Parteien – glauben, daß diese Halle die Stadt rasch und zwingend aus „ihrem Elend“ und zu neuen Ufern führen wird, so könnten mit dem Betrieb der Halle doch durchaus positive Effekte verbunden sein. Positiv an diesem Hallenprojekt ist z.B. auch, daß sich der Landkreis an den Kosten für das Projekt beteiligt, das er so lautstark gefordert hat. Der Landkreis trägt allerdings nur die – recht geringen- Kosten für die sogenannten Ausgleichsmaßnahmen.

 

Keine Alternativen?

Ganz verständnislos stehen wir dem Tatbestand gegenüber, daß vom OB und seiner „Truppe“ zu keinem Zeitpunkt die Frage gestellt worden ist, was man alternativ mit den 11,5 Mio. Euro hätte anfangen können? Auch wenn wir bei dieser Frage außer acht lassen, daß der „kleine“ Mann vom RP in anderem Zusammenhang schon deutlich gemacht hat, daß er die Unterstützung für die Kinder weniger begüterter Eltern mit zusätzlichen Mitteln nicht finanziert sehen möchte, so fallen uns darüber hinaus noch eine ganze Reihe von Projekten und Maßnahmen ein, die wir zu gerne mit den 11,5 Mio. Euro gebaut oder sonstwie realisiert gesehen hätten…..

 

Wichtige Verträge vor dem Abschluß

Der z. Z. offengelegte Bebauungsplan ist für uns nicht der Stein des Anstoßes, zumindest nicht in erster Linie. Dieser Plan legt lediglich fest, welche Nutzung in welcher Intensität (Fläche, Höhe etc.) wo stattfindet. Also: wo liegt die Halle genau, wo die Parkplätze und wie sieht es mit der verkehrlichen und ökologischen Verträglichkeit aus. Ob sich das Projekt allerdings am Ende als gut oder schlecht, ganz schlecht oder gar verheerend für die Stadt und ihre Finanzen auswirkt, wird sich viel mehr in den noch zur Abstimmung anstehenden Verträgen zeigen. Im Kleingedruckten und in den vielen wichtigen Details dieser Verträge wird sich letztendlich zeigen, ob die Halle eher ein Geschenk an einen großen Bau- und Planungskonzern und die dahinter stehenden Banken war und ist oder ob auch die Stadt und ihre verantwortlichen Politiker etwas „Lohnendes“ für die Stadt und ihre Bürgerinnen und Bürger herausgeholt haben. Wir jedenfalls werden die weitere Entwicklung aufmerksam im Auge behalten.

 

Ein breites linkes Bündnis zieht nach den Kommunalwahlen im März 2006 in die Kasseler Stadtverordnetenversammlung ein

Als im März 2006 die neu gegründete Kasseler Linke ASG mit beachtlichen 6,8 % und 5 Sitzen in die Kasseler Stadtverordnetenversammlung einzog, war die Freude unter den Kasseler Linken – den alten, den jungen, den radikalen und den eher angepaßten, den wilden und den ökologischen, den organisierten und den nicht organisierten – groß. Groß war auch die Erleichterung bei allen Beteiligten, denn der Versuch, das schon eine Legislaturperiode erfolgreich wirkende Bündnis von PDS und Kasseler Linken um WASG, SAV und viele andere Gruppierungen zu erweitern, war recht kompliziert und drohte zwischendurch fast zu scheitern. Der Wille jedoch, den etablierten Parteien eine linke Opposition entgegen zu setzen, vereinte viele derjenigen in Kassel, die der Auffassung sind, daß es sehr wohl Alternativen zur neoliberalen Politik der Rathausfraktionen gibt. Das Bündnis zu erweitern stellt vor allem den Versuch dar, die Interessen der Arbeits- und Wohnungslosen, der Armen und Benachteiligten, der Schwachen und all jenen, denen die neoliberale Politik keine Chancen mehr offeriert, im Kasseler Parlament wirksamer zu vertreten. Das erweiterte Bündnis ist aber auch Ausdruck des Willens, ökologiefeindlichen Großprojekten, Fehlentwicklungen in der Stadtplanung und einseitiger Orientierung auf das Auto eine Stimme der Vernunft entgegen zu setzen.

Das Programm (sehr lesenswert übrigens!!) kommt zustande, der Wahlkampf wird engagiert, solidarisch und ideenreich geführt. Das gute Ergebnis belohnt die Bemühungen der WahlkämpferInnen und Kassel hat für weitere 5 Jahre eine Opposition, an der SPDCDUGRÜNEFDP in allen wichtigen sozialen und ökologischen Fragen nicht vorbeikommen werden….

Das größere Bündnis erfordert besondere Organisationsformen

Die Besonderheit des Bündnisses bringt aber auch besondere Probleme mit sich: Mehrere eigenständige Parteien wie Linkspartei, DKP, SAV, WASG und DIDIF, politische Gruppen wie Attac und viele politisch Engagierte ganz ohne Partei- und Gruppenzugehörigkeit benötigen ein bißchen mehr an Organisation und Struktur als ein klassische Partei. Es gibt deshalb, neben regelmäßigen öffentlichen Fraktionssitzungen, noch sogenannte Bündnisplenums-Sitzungen, die von einer Koordinationsgruppe, die das ganze politische Spektrum widerspiegelt, vorbereitet und geleitet werden. Diese Plenums-Sitzungen sind der Versuch, das breite politische Bündnisspektrum der Linken in Kassel in die Arbeit der Fraktion einzubeziehen, vor allem aber den Kontakt zu den vielen außerparlamentarischen Initiativen sicherzustellen und Impulse für außerparlamentarische Aktionen zu initiieren. Dieses Strukturmodell entspricht, ergänzt durch verschiedene Arbeitsgruppen (Zeitung/Soziales etc.), zumindest theoretisch der „Philosophie“ der Linken, daß Parlamentarismus ohne außerparlamentarischem Kampf nichts ist bzw. nicht ausreicht. Nur beides zusammen, gut koordiniert, macht politisch Sinn.

Wie weit das Modell der (neuen) Kasseler Linken trägt, werden die nächsten Jahre zeigen. Die bisherige Arbeit mit diesem Modell aus Fraktion, öffentlichen Fraktionssitzungen, Bündnisplenum und als verbindendem Element der Koordinationsgruppe mit verschiedenen Arbeitsgruppen scheint sich zu bewähren. Und die neue Zeitung, sie wird Linkszeitung heißen und ab März diesen Jahres einige Male im Jahr vom Bündnis herausgebracht, ist genau das Medium, um weitere Erfahrungen mit diesem Modell zu publizieren, zu diskutieren und vernünftig auszuwerten. Wir werden sehen.